Der Retusche-Künstler Erik Johansson stellt Alltagsszenen völlig auf den Kopf und lässt das Bekannte seltsam fremd erscheinen. Warum es sich lohnt bei seinen Bildern zweimal hinzuschauen.
Ein Mann liegt im Bett, der andere tapeziert oder schippert im Kanu auf einem See entlang: Alles ganz normal. Wären da nicht Elemente, die unsere Sehgewohnheiten durchkreuzen: Die Bettdecke löst sich in einer Schneelandschaft auf, tapezieren tut der Mann nicht die Wand, sondern seine Umgebung und der See entpuppt sich als ein spiegelglattes Scherbenmeer. Bilder wie aus einem Traum. Kein Wunder, dass Erik Johansson, Jahrgang 1985, die Surrealisten Salvador Dalí und René Magritte zu seinen Vorbildern zählt. Doch statt seine Ideen mit Farbe auf Leinwand zu bannen, fotografiert er Landschaftsszenen und bearbeitet sie anschließend am Computer.
Für seine Bilderwelten benutzt der Schwede eine Kombination aus traditioneller Fotografie und digitaler Manipulation. Was nach ein bisschen Fotoshop hier und ein paar besonderen Fotografietricks da aussieht, ist in Wirklichkeit ein langwieriger Prozess. Am Anfang eines jeden Bildes steht eine gezeichnete Skizze. Überzeugt das Motiv den Künstler, sucht er als nächstes nach geeigneten Aufnahmeorten. Laut Johansson der wichtigste Schritt, da der Ort sich entscheidend auf die Stimmung eines Bildes auswirkt. Sobald die einzelnen Motive aufgenommen sind, werden sie im letzten Schritt in Photoshop zusammengefügt und bearbeitet. Bis zu einer fertigen Komposition vergehen ein paar Wochen, manchmal auch Monate. Wie das Ganze im Schnelldurchlauf aussieht, zeigt euch dieses Making-Of Video:
So lange er denken kann, liebe er es zu zeichnen, sagt Johansson. Als er mit 15 seine erste Digitalkamera geschenkt bekam, eröffnete sich eine ganz neue Welt für ihn. Doch anders als beim Zeichnen, steht hinter dem Fotografieren kein kreativer Entstehungsprozess. "Der nächste logische Schritt war es also mit den Bildern am Computer herumzuspielen und etwas zu kreieren, das ich mit der Kamera nicht einfangen konnte", so Johansson.
Während seines Informatikstudiums bekam er erste Anfragen von lokalen Werbeagenturen – und beschloss, sich auf die Fotografie zu konzentrieren. Mittlerweile hat er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht: Einerseits als freischaffender Künstler, andererseits nimmt er Auftragsarbeiten von Größen wie Google, Microsoft und Adobe entgegen.
Die schönsten seiner 50 Werke hat der Schwede nun in einem Bildband veröffentlicht. Wir sind jedenfalls restlos begeistert und haben sogar einen Ausflugstipp fürs Wochenende: Das Fischdörfchen von Erik Johansson. Zugegeben, existieren tut es nicht wirklich, aber träumen darf man ja wohl noch.
Der Bildband "Imagine" ist auch auf Englisch erhältlich und ist im Buchverlag Max Ström erschienen.