Was tun, wenn man sich in der Familie über Lebensentwürfe nicht einig ist? Versuchen zu akzeptieren, wie die anderen sind, rät Berit Brockhausen.
Birgit, 48: Mein Vater und mein Bruder akzeptieren nicht, dass ich kein klassisches Familienleben lebe wie sie. Seit dem Tod meiner Mutter biete ich ihnen Paroli, jetzt herrscht Funkstille. Wie kann ich meine Familie behalten, ohne mich zu verstellen?
Berit Brockhausen: Es erfordert immer eine Menge Mut und Selbstbewusstsein, nicht einfach den familiär vorgezeichneten Weg zu gehen. Und noch schwieriger ist es, das auch dann durchzuhalten, wenn Vater und Bruder Ihnen nun mit völliger Ablehnung begegnen.
Es klingt so, als hätten Sie sich bis zum Tod Ihrer Mutter meist zurückgehalten, und als ob Sie zunehmend das Gefühl haben, sich selbst zu verraten und es deshalb jetzt leid sind, sich anzupassen. Kein Wunder, dass es kracht.
Zu Recht befürchten Sie, den Kontakt zu Ihrer Herkunftsfamilie zu verlieren. Wenn Sie so verschieden sind, dann gelingen Begegnungen miteinander nur, wenn sich alle Beteiligten darüber einig sind, dass sie sich nicht einig sind – und dennoch freundlich miteinander umgehen wollen.
Kämpfen Sie nicht länger um die Anerkennung Ihres Vaters und Ihres Bruders. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und tun Sie einfach das, was Sie sich von den anderen wünschen. Akzeptieren Sie, wie Vater und Bruder sind. Dafür müssen Sie sich nicht verstellen. Zeigen Sie ihnen nur, dass Sie die Verbindung nicht abreißen lassen wollen, auch wenn Sie deren Einstellungen nicht teilen. Es gibt leider keine Garantie, dass Ihre Familie sich darauf einlässt. Aber die Chance steigt, wenn Sie nicht mehr kämpfen.
Berit Brockhausen ist eine der führenden Psychologinnen Deutschlands, Expertin für Beziehungen und Buchautorin. Egal ob Sie Fragen zu Liebe, Familie, Freunden oder Nachbarn haben – hier bekommen Sie eine Antwort. Lesen Sie hier das Interview zu ihrem Buch "Hoheitsgebiete".