Eine Spurensuche nach der eigenen Mutter, außerdem geschichtlich äußerst wertvoll: "Sie kam aus Mariupol" von Natascha Wodin.
Aufmerksam wurde ich auf das Buch, weil es im März mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde. Es hat mich wirklich begeistert, ich muss jedoch vorwarnen, eine leichte Unterhaltung ist das Buch nicht. Dafür ist es Zeugnis eines Schicksals, das für Millionen andere Menschen steht, die bisher zu wenig Beachtung in der Aufarbeitung der Geschehnisse des 20. Jahrhunderts fanden: Zwangsarbeiter im zweiten Weltkrieg.
Natascha Wodin beschreibt die Suche nach ihrer Mutter, die im Krieg zur Zwangsarbeit aus der Ukraine nach Deutschland verschleppt wurde und von der sie nicht viel mehr weiß, als der Titel uns sagt: dass sie aus Mariupol kam. Ihre Recherche allerdings ist wider Erwarten erfolgreich und so tastet sich Natascha Wodin mit jedem weiteren aufgespürten Verwandten immer näher an ihre Mutter heran und das andauernde Leid in ihrem Leben erst unter Stalin, dann unter Hitler. Das Buch drückt zum einen durch die Suche sehr gut die Sehnsucht nach der eigenen Mutter und den eigenen Wurzeln aus und ist zum anderen ein interessanter geschichtlicher Einblick in ein Kapitel der Kriegs- und Nachkriegsjahre, über das ich bisher wenig wusste.
Und wenn Natascha Wodin die Sonnenaufgänge über dem Schaalsee in Mecklenburg, ihrem Zufluchtsort zum Schreiben, beschreibt, dann tut sie dies in solch schön anmutender Sprache, dass man fast das Leid, das ihre Mutter ertragen musste, vergessen möchte. Unbedingt lesen!
Wer jetzt Lust bekommen hat: Hier finden Sie eine Leseprobe aus dem Buch.