Vom Job in der Versicherungsbranche zur Gründerin eines Modelabels: Anna-Lena Bundt ist diesen Weg gegangen. 2019 gründete die Hamburgerin Bellasor. Im Interview erzählt sie, wie so ein Branchenwechsel klappen kann.
Mit Bellasor beschreibt Anna-Lena, wie schön (ital. bella), stark (strong), überwältigend (overwhelming) und widerstandsfähig (resilient) die Frauen von heute sind. Als sie 2019 ihr Modelabel gründete, steckte sie noch im Wirtschaftsstudium. Bellasor produziert ausschließlich in Ländern der EU wie Italien, Portugal und auch Deutschland. Der Fokus liegt auf natürlichen Materialien wie Baumwolle, Leinen, Kaschmir oder auch Seide.
Du bist gelernte Kauffrau für Versicherung und Finanzen und hast Wirtschaft studiert. Wieso jetzt Mode?
Anna-Lena Bundt: Ich konnte mich schon früh für wirtschaftliche Themen wie Finanzen, Versicherungen und Unternehmen begeistern. Mit den Jahren habe ich gemerkt, dass mich auch die Mode sehr interessiert. Ich bin durch Modehäuser geschlendert und habe mir Designs, Schnitte und Stoffe angesehen. Anschließend habe ich eigene Designs gezeichnet – meine Zeichnungen sind eher rudimentär, aber ich verstehe sie. Und ich bin in Stofffabriken gefahren, um Stoffe für die Designs zu finden.
Was hat dich zur Gründung deines eigenen Modelabels bewogen?
Mir fehlte das Outfit, das zu meinem Alltag passte. Ich hatte nur mein Fachabitur und entschloss mich, neben meinem Vollzeitjob im Versicherungsbereich noch einmal zur Schule zu gehen und mein allgemeines Abitur zu machen. Von Montag bis Freitag bin ich erst in die Firma gefahren und nach Feierabend in die Schule. Zeit zum Umziehen blieb eher nicht. Das Outfit, das ich am Morgen gewählt habe, trug ich den gesamten Tag. Ich fühlte mich häufig dem Anlass nicht angemessen angezogen. Das Kleid war zu kurz oder die Farben der jeweiligen Designs passten nicht perfekt zusammen. Außerdem störte mich, dass viele Teile in Ländern gefertigt wurden, bei denen ich nicht sicher sein konnte, dass die Arbeitsbedingungen stimmten. Ich habe erst mein Kaufverhalten und dann die gesamte Fashion Industrie in Frage gestellt.
Meine Outfits können den gesamten Tag über für jeden Anlass getragen werden. Das war mir wichtig.
Anna-Lena BundtTweet
Ich fragte mich, ob es auch einen anderen, bewussteren Weg geben könnte, Mode zu produzieren. Außerdem wollte ich Outfits kreieren, die den gesamten Tag über getragen werden können: Morgens – nachmittags – abends – und trotz unterschiedlicher Anlässe immer passend angezogen und ein tolles Tragegefühl. Das war mein Ziel.
Für die Gründung eines Unternehmens fehlte es mir aber noch an Basiswissen. Um gute Entscheidungen treffen zu können, braucht es meiner Meinung nach eine gute Grundlage an Wissen und Erfahrung, um dann verschiedene Punkte abwägen zu können. Dann steht am Ende ein Entschluss, der mich ruhig schlafen lässt. Mit dem Studium habe ich mir diese nötige Grundlage verschafft, sodass ich mich bereit gefühlt habe, mein Unternehmen zu gründen.
Was war die größte Hürde auf deinem Weg als Gründerin?
Ich begegne jeden Tag neuen Herausforderungen und Hürden. Eine sehr große Herausforderung ist es zu wachsen und zu entscheiden, auf welcher Wachstumsstufe es Sinn macht, Mitarbeiter:innen einzustellen. Aktuell sind wir zu dritt.
Wie ist dir die Finanzierung gelungen?
Für Bellasor gibt es keine externe Finanzierung. Ich habe das Unternehmen neben meiner beruflichen Tätigkeit als Kauffrau für Versicherungen und Finanzen gegründet und steckte noch im Studium. Die Firma ist also Eigenkapital finanziert.
Welche Unterstützung war am wichtigsten für dich?
Ich habe sehr vom Austausch mit den Dozenten in der Universität profitiert. Zwischenzeitlich konnte ich mir ein kleines Netzwerk aus Gründer:innen, Unternehmer:innen und Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen aufbauen. Wir helfen und unterstützen uns gegenseitig. Ich denke, wenn man etwas gibt und andere Menschen an den eigenen Erfahrungen teilhaben lässt oder mit einem Rat zur Seite steht, dann wird man auch etwas zurückbekommen.
Aktuell funktionieren die Lieferketten global nicht reibungslos. Bist du auch betroffen?
Wir sind auf jeden Fall davon betroffen. Zum einen natürlich, weil wir Stoffe extern einkaufen, die lange Lieferzeiten haben oder plötzlich kurzfristig nicht mehr lieferbar sind. Somit verschiebt sich der Zeitpunkt des Produktionsstarts. Seit einigen Monaten stauen sich auch die Aufträge in den Produktionsstätten, weil andere Fashion Brands Kapazitäten für sich beanspruchen.
Ich habe schon sehr früh versucht, mehr als eine Produktionsstätte für die Herstellung meiner Designs zu haben. Trotz aller Vorkehrungen gibt es aber auch bei uns einige kleine Verzögerungen.
Was treibt dich an?
Die Freude am Leben und der Austausch mit interessanten Menschen. Morgens aufzustehen und Neues lernen zu dürfen. Herausforderungen zu haben, über Grenzen zu gehen und Lösungen für die unterschiedlichen Themenbereiche zu finden. Kreativ sein zu können und ein Produkt zu kreieren, das andere Frauen glücklich macht.
Was ist dein nächstes Ziel?
Ich möchte weiterhin mit Bellasor wachsen und mein Netzwerk vergrößern. Durch Veranstaltungen und über meinen Blog Women for Women, auf dem ich großartige und interessante Frauen interviewe, möchte ich den Austausch untereinander fördern.


Anna-Lena Bundt brachte ihre Mode kürzlich mit zur Vernissage ins Mandarin Oriental in München. Die Gäste hatten die Gelegenheit, die Ausstellung "Sommerseligkeit" des finnischen Künstlers Petri Niemelä zu sehen und die neuesten Kreationen von Bellasor kennenzulernen.
Die Ausstellung wurde von der Kunsthistorikerin und Geschäftsführerin von Kunstkonnex Artconsulting, Dr. Sonja Lechner, kuratiert. Die Schau ist bei freiem Eintritt noch bis Mitte Oktober täglich in der Lobby zu sehen.
Frauen unterstützen Frauen - dieser Gedanke ist Sonja Lechner besonders wichtig. Auch deshalb hat sie Anna-Lena Bundt und der Mode von Bellasor gern Raum auf der Vernissage gegeben.