Früher transportierte man seine Spielsachen in seinem Kinderkoffer. Heute ist dort Platz für andere Dinge, wie etwa ein Soundsystem für den MP3-Player. Die Macher von "Kinderkofferklänge" reden über sich, die Geschäftsidee und ihre Freundschaft.
Als Tilo Portig seiner Mutter bei ihrem Umzug half, stieß er auf einen kleinen Schatz – seinen alten Kinderreisekoffer. Er war grau, groß, sehr abgenutzt und mit Stickern beklebt. In nostalgischen Erinnerungen schwelgend, nahm er ihn mit nach Hause: "Damit muss man doch was machen können." Das dachte sich auch sein Kumpel Christopher Zielske, als er das gute Stück in Tilos Wohnzimmer sah. Kurzerhand bauten sie ein paar alte Boxen ein, fügten ein Kabel und Elektrik hinzu, damit sie ihren MP3-Player oder das Smartphone anschließen konnten und schon hatten sie ein tragbares Soundsystem.
Emotion: Wie seit ihr dann auf die Idee gekommen, eure Marke Kinderkofferklänge zu gründen?
Portig: Wir sind damit öfters in den Park gegangen und saßen dort mit Freunden. Einige Leute haben uns gefragt, ob und wo man diesen Koffer kaufen kann. Irgendwann dachten wir, warum nicht?
Und das war euer erster verkaufter Koffer?
Zielske: Das war unser Prototyp. Der war noch simpel. Wir haben etwa vier Monate getüfftelt, bis der erste Koffer verkaufsreif war.
Portig: Das war im Juli 2012. Wir haben in verschiedenen Läden in Hamburg angefragt, ob sie unsere Kinderkoffer verkaufen würden. Erst waren es nur ein oder zwei. Dann waren wir auf verschiedenen Designmärkten, auf denen wir als Männer eher in der Unterzahl sind, die Designer dort sind zu 80 Prozent Frauen. Und wir waren auf dem Dockville-Festival.
Wie lief eure Promo-Tour?
Zielske: Unsere Koffer kamen gut an. Besonders nach dem Festival hatten wir eine kleine Explosion auf unserer Facebook-Seite. Wir bekamen sogar Anfragen aus dem Ausland.
Woher kamen die Anfragen?
Zielske: Dänemark, Australien, Schweden. Nach Australien hat es noch nicht funktioniert. Der Transport ist schwierig, wegen der Technik und den Kabeln in den Koffern. Ich habe versucht einen im Flugzeug nach Schweden mitzunehmen. Am Zoll wurde ich raus gewunken und in einen speziellen Raum gebracht, um den Koffer untersuchen zu lassen.
Woher bekommt ihr eigentlich euer Material?
Zielske: Flohmärkte, Haushaltsauflösungen und Internet. Die Lautsprecher kommen aus alten HiFi-Anlagen.
Portig: Wir verkleiden die Koffer von innen neu. Entweder mit Seiten aus alten Comic-Heften oder mit Stoffresten, aus der Polsterei bei mir in der Straße. Es ist also alles recycelt. Wir wollen aus was Altem etwas Neues machen. Etwas, das vielleicht noch besser als das vollkommen Neue ist.
Wie lange braucht ihr denn für ein Kunstwerk?
Zielske: Wir brauchen ungefähr vier bis fünf Stunden für eine Produktion. Inzwischen sind es um die 50 Stück, die wir gebaut haben.
Portig: Es kommt auch darauf an, ob wir Comic-Seiten oder Stoff benutzen zum Auskleiden.
Ich habe zu Hause noch einen uralten Kassettenkoffer liegen. Er ist blau mit weißen Wolken. Wenn ich den vorbei bringe, könnt ihr den umbauen?
Zielske/Portig:Klar, bring ihn vorbei.
Aber der ist sehr schmal, wie eine Kassette.
Zielske: Kein Problem, wir haben auch schon andere Kassettenkoffer umgebaut und eine alte Fototasche – sogar eine alte Lederschultasche. Ich würde auch gerne einmal eine Hutschachtel umbauen.
Aus Freunden werden Geschäftspartner
Ihr seit Freunde und jetzt auch Geschäftspartner. Wie verträgt sich das?
Zielske: Eigentlich ganz gut. Am Anfang war es schwieriger, mit der Zeit wurde es aber besser.
Portig: Ich denke da selten drüber nach. Klar, manchmal ist man schon anderer Meinung, aber das sollte man nicht persönlich nehmen. Man muss das trennen, Arbeit und Privat.
Zielske: Dafür hat man unterwegs viel mehr Spaß. Wir machen dann Quatsch, den wir mit anderen Arbeitskollegen nicht gemacht hätte.
Hat die Arbeit eure Freundschaft beeinflusst?
Zielske: Wir haben uns jetzt besser kennen gelernt, eben auch auf der Arbeitsebene.
Portig: Jetzt sehen wir uns schon öfters und meistens reden wir über die Arbeit. Auch am Wochenende, irgendwie landet man immer bei dem Thema.
Könnt ihr euch überhaupt noch sehen?
Portig: Klar, aber wenn man gerade viel zu tun hat und wir fast jeden Tag zusammen sind, dann muss ich Sonntags nicht noch mit ihm brunchen gehen.
Es gibt doch immer einen, der mehr Elan hat. Wer ist es bei euch?
Zielske: Tilo ist eher der Macher. Er sagt immer, lass mal das machen oder dies. Und ich denke eher zweimal nach. Er ist auch viel organisierter. Ich bin mehr das kreative Chaos.
Wie sieht denn eure Aufgabenverteilung aus?
Portig: Wir haben die Arbeit beim Bauen aufgeteilt.
Zielske: Den Rest machen wir gemeinsam. Wer zuerst eine Email liest, beantwortet sie. Bei großen Sachen, wird sich natürlich abgesprochen.
Was habt ihr noch für Träume mit eurem Geschäft?
Zielske: Es wäre natürlich schön, wenn wir davon Leben könnten. Vor allem aber ist es wichtig, dass es Spaß macht.
Portig: Momentan sind wir froh, wenn wir auf null rauskommen. Doch wenn man sieht, dass Interesse besteht, dass den Leuten gefällt was wir machen, ist dies ein Ansporn. Ich find es immer schön, wenn Menschen an unserem Stand vorbeigehen und anfangen zu Grinsen, weil sie sich an ihren Koffer erinnern. Auf diese Weise lernen wir auch unglaublich viel Leute kennen, auch aus dem kreativen Bereich. Und ja, es soll wachsen, aber immer noch Spaß machen.
Tilo Portig (26 J.) studierte Kunstgeschichte und Erziehungswissenschaften in Hamburg. Momentan arbeitet er im Archiv vom Dermatologikum. Während seines Studiums lernte er Christopher Zielske (24 J.) kennen, der heute noch Archäologie und Sport studiert, ebenfalls in Hamburg. Gemeinsam sind sie Kinderkofferklänge. Mehr Infos: www.kinderkofferklänge.de oder facebook/kinderkofferklänge