Jeder von uns hatte schon mal welchen: Liebeskummer! Wie man am besten damit umgeht, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen wirken und was dabei mit unserem Körper passiert - Beziehungsexpertin Juliette Boisson weiß es.
emotion.de: Ich gehe davon aus: Liebeskummer kann jeden treffen?
Juliette Boisson: Auf jeden Fall. Liebeskummer kann jeden treffen. Ich erlaube mir jetzt auch eine sehr gewagte These: Wer nie Liebeskummer oder Trennungsschmerz empfunden hat, der hat sich auch nicht auf die Liebesbeziehung eingelassen. Wie Menschen mit diesem Kummer umgehen oder auch umgehen können, steht wiederum auf einem anderen Blatt.
Auch, wenn es jeden treffen kann: Gibt Sie eine besonders betroffene Altersgruppe?
Ich denke, die meisten Menschen würden sagen, dass der erste Liebeskummer der schlimmste war. Deshalb weil es eben der erste ist. Ein bis dahin noch unbekanntes Leiden, von dem man noch gar keine Ahnung hat, wie es ausgehen wird. Nach dem ersten großen Liebeskummer haben wir normalerweise auch die Erfahrung gemacht, dass das Leiden irgendwann ein Ende hat, was uns natürlich bei allen weiteren Trennungen hilft. Betroffen ist jede Altersgruppe, nur gehen wir in verschiedenen Lebensabschnitten eben oft anders mit dem Liebeskummer um.
Leiden Männer anders als Frauen?
Tendenziell neigen Männer eher dazu, den Kummer in sich hinein zu fressen. Frauen hingegen liegt mehr daran, Geschehendes zu verarbeiten. Sie sind oft flexibler und können sich leichter an neue Situationen anpassen. So finden Frauen auch leichter einen Umgang mit ihrem Kummer.
Was macht dieser Herzschmerz mit uns und unserem Körper?
Trennung bedeutet auch immer Orientierungslosigkeit. Sie macht uns traurig und niedergeschlagen. Die gute Nachricht: Wenn wir traurig sind, neigen wir dazu, uns ein wenig zurückzuziehen, einen Gang runter zu schalten und in uns zu gehen. Dieses In-Uns-Gehen ist sehr hilfreich, wieder eine neue Balance zu finden. Liebeskummer kann aber auch zu psychischen oder psychosomatischen Problemen führen: Appetitlosigkeit, Schlaflosigkeit,Gewichtszunahme. Im Extremfall sogar zu Depressionen, Liebeswahn oder Suizidgedanken.
Wie gehe ich, vorausgesetzt ich habe die Beziehung nicht selbst beendet, mit der Zurückweisung um?
Meine Erfahrung ist, dass diejenigen, die die Trennung akzeptieren können, sich auch mit der weiteren Verarbeitung wesentlich leichter tun. Also ist Akzeptanz ein erster Schritt in die richtige Richtung, um mit einer Zurückweisung fertig zu werden.
Warum haben manche Menschen länger an einer Trennung zu knabbern als andere?
Dazu gibt es sicherlich viele Erklärungen. Eine Variante wäre zum Beispiel, wenn wir unseren Selbstwert zu sehr über unseren Partner definieren, dann bricht bei einer Trennung natürlich ein großer Teil weg. Der Partner ist ja auf einmal nicht mehr da, um den Selbstwert zu füttern. Wir müssen erst einmal wieder lernen unseren Selbstwert in uns selbst zu sehen und zu stärken.
Menschen die zu sich selbst wenig Nähe haben und den Partner dafür verantwortlich machen, die eigenen Bedürfnisse zu stillen, sind davon besonders betroffen. Wer den Wert der eigenen Person weitestgehend vom Partner unabhängig machen kann, der kann eine Trennung auch leichter verdauen.
Wann würden Sie zu professioneller Unterstützung raten?
Wenn man das Gefühl hat, sich in einem Hamsterrad zu bewegen, die Grübeleien nicht aufhören und die Lebensqualität dauerhaft eingeschränkt ist. Wenn der Kummer nach dem ersten Schock, überhand nimmt. Höchste Eisenbahn wird es, wenn es zu psychischen oder anhaltenden körperlichen Symptomen kommt.
Und zum Schluss vielleicht drei akute Tipps, die Herzschmerz lindern können?
Den Kontakt zum Ex abbrechen. Das ist wichtig. Sie streuen sich ja auch kein Salz in die Wunden. Viel hilfreicher ist es, wenn sich ein wenig Schorf bilden kann.
Tun Sie Dinge die Ihnen und Ihrem Gemüt guttun: Treffen Sie Freunde, planen Sie den nächsten Urlaub, nehmen Sie ein neues Hobby auf.
Und: Achten Sie auf das richtige Gleichgewicht zwischen Aktivität und Ablenkung einerseits, aber nehmen Sie sich andererseits auch Zeit, das Vergangene zu verarbeiten und zu reflektieren.
Juliette Boisson arbeitet als Heilpraktiker für Psychotherapie, als Coach und Beraterin. Ihre Schwerpunkte liegen in der Paartherapie und Beratung, dem Liebeskummer und Single Coaching und allen Themen die Beziehungen bewegen. Ihre Münchner Praxis befindet sich am Gärtnerplatz. Mehr Informationen zu ihr finden Sie im Netz unter www.praxis-fuer-beziehungsthemen
Wir freuen uns, dass Beziehungs-Expertin Juliette Boisson ab sofort auch für unseren EMOTION Blog schreibt. Ihr Thema: Alles, was uns zwischenmenschlich bewegt. Hier geht es zu ihrem ersten Blogbeitrag.