Häufig wählen wir unseren Partner auch deshalb, weil er uns an unseren Vater erinnert. Welche Lehren lassen sich aus dieser Erkenntnis ziehen?
Wenn wir davon ausgehen, dass ca. 80 Prozent von uns ihren Liebes-Partner nach dem Ähnlichkeitsprinzip zum gegengeschlechtlichen Elternteil aussuchen, dann können wir – basierend auf dieser Untersuchung und Hypothese – auch davon ausgehen, dass wir auf unseren Partner immer zweigeteilt reagieren: Auf ihn als Mensch/Mann und gleichzeitig auf die Dinge, die uns durch ihn an unseren Vater erinnern: Im Positiven wie im Negativen.
Und – falls Sie jetzt wegen des Ähnlichkeitsprinzips erschrocken sind. Damit sind keine Äußerlichkeiten gemeint, sondern Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften. Und – die Auflösung warum das oft so ist, ist ganz einfach: In den meisten Fällen hatten Sie zu den Eltern ein starkes Vertrauensverhältnis. Und genau um dieses Vertrauensverhältnis geht es: Ähnlichkeit gleich Vertrauen. Wir projizieren gemachte Erfahrungen auf den Partner. Und das kann ein Vorteil sein, wenn es gut läuft. Und – wenn es nicht so gut läuft, eher negativen Einfluss auf Ihre Beziehung haben.
Und natürlich haben Sie auch viel von Ihren Eltern gelernt, was Beziehung und Bindung bedeutet: Wie gingen Ihre Eltern miteinander um, was haben Sie von Ihrem Vater gelernt, wie Männer mit Frauen umgehen und was von Ihrer Mutter, wie Frauen mit Männern umgehen. Und wie haben beide über das eigene und das fremde Geschlecht jeweils geredet? Letzteres fällt oft bei Scheidungs-/Trennungskindern ins Gewicht, weil die Erwachsenen hier aufgrund der gemachten Erfahrung eher negative als positive Dinge zuschreiben.
Auseinanderhalten ist wichtig!
Sie sehen – es gibt genügend Verwechslungsgefahr in einer Beziehung. Und deshalb ist das Auseinanderhalten von verschiedenen Ebenen immens wichtig: Was gehört in meine Kindheit, in meine bisher gemachten generellen und speziellen Erfahrungen und was hat konkret mit der jetzigen Beziehung zu tun. Hier vielleicht ein paar Impulsfragen, deren niedergeschriebene Antworten Sie auf jeden Fall weiterbringen:
- Was genau rufen gewisse Dinge bei meinem Partner in mir hervor?
- In welche Zeit gehören die – Gegenwart oder Vergangenheit?
- Wie schaue ich auf meinen Partner, wenn mir diese Ähnlichkeit bewusst ist? Was verändert sich dann, wenn sich etwas verändert?
- Wie autonom kann ich in einer Partnerschaft sein?
- Wie viel Zugehörigkeit brauche ich in einer Partnerschaft?
Achtsamkeit - ein gutes Mittel für das Auseinanderhalten
Ein erstes gutes Mittel dafür ist Achtsamkeit gepaart mit einem etwas agileren Fuß auf der Bremse als bisher. Wir müssen unser Aktions-Tempo etwas verlangsamen, um unserer Beziehungs-Wahrnehmung überhaupt eine Chance zu geben und Achtsamkeit brauchen wir, um besser in Kontakt zu kommen, mit dem eigenen Spürsinn oder mit dem Bauchhirn, wie manche Autoren das beschreiben.
Eine kleine, erste Anleitung:
- Nehmen Sie sich immer öfter ein bisschen Zeit: Und zwar immer dann, wenn Sie sich bei bestimmten Gedanken und Handlungen in Bezug auf Ihren Partner ertappen. Gönnen Sie sich mehrmals Zeit, um sich die Frage zu stellen "Wie geht es mir denn gerade bei dem was ich tue und denke". Erkunden Sie Ihren Körper, ertasten Sie sozusagen von innen, wie es ihm gerade geht. Das nennt sich Body Scan.
- Es geht nicht darum, einen Beobachtungs-Weltrekord aufzustellen! Sondern dann, wenn es Ihnen einfällt. Und vielleicht immer öfters. Auch die Eigen-Beobachtung ist wie ein Muskel, der trainiert werden will.
- Beobachten Sie Ihre Gedanken, ohne diese gleich zu bewerten oder ins Tun zu verfallen, nur beobachten, nach dem Motto "Oh, da kommt mir dabei gerade XY in den Sinn".
- Beobachten Sie sich gerade in stressigen Momenten in Ihrer Partnerschaft: Wie kündigen sie sich denn genau wo und wie an? Wo bemerken Sie das zuerst? Wie bemerken Sie es? Hat es genau da seinen Anfang, oder haben Sie etwas überhört?
EMOTION-Coach Volker Hepp arbeitet gerne mit Somatic Coaching. Er veranstaltet neben seinen Coachings auch themenbezogene Tagesworkshops und kann gerade auch in Beziehungen mit einer Potenzialanalyse weiterhelfen. Mehr Infos dazu auf seiner Webseite.