Jeder, der sich mit Veränderung und Eigenmotivation beschäftigt hat, kennt die Situation: Mein Ziel habe ich wohl formuliert und auf Umweltverträglichkeit getestet und der Wille, das Ziel zu erreichen, ist da.
Und trotzdem klappt es nicht, die Rückfälle häufen sich und die guten Vorsätze werden schnell wieder ad acta gelegt. Was damit meist einhergeht, sind die Kommentare der Heerscharen der Inneren Kritiker "Nicht mal das schaffst Du".
Wir leben in einer Zeit, in der Wille und Zielsetzung an erster Stelle stehen. Wir sind stolz auf unseren schnellen, wachen Verstand, auf unsere permanente Aufmerksamkeit und Verfügbarkeit und auf unsere planerischen Fähigkeiten. Und trotzdem passieren uns diese kleinen Unpässlichkeiten. Wir wollen und planen – manchmal sogar mit externer Unterstützung – und trotzdem klappt es nicht.
Und nun stellen Sie sich vor, Sie wollen einen Marathon laufen. Sie haben genug Training, sind topfit und haben ausreichend interne und externe Motivation. Allerdings haben Sie vergessen, Ihren Kohlenhydratspeicher aufzufüllen. Und im Rausch des Laufens haben Sie nicht genügend getrunken und auch die Bananen am Wegesrand einfach liegenlassen. Was passiert bei Kilometer 31,75? Genau – trotz Willen, Vorbereitung und Motivation sagt Ihr Körper "No" und holt Sie von den Beinen. Sprichwörtlich.
So ähnlich ist es mit Ihren Zielen und Ihrem Willen. Wenn Sie Ihren Körper, besser gesagt Ihr Nervensystem (limbisches System), nicht mit an Bord haben, kommt es zu den bekannten Rückfällen. Das hören wir Verstandesmenschen und Zielfanatiker nicht gerne. Ist aber so - und meistens schneller, als unser Hirn denken kann. Ist auch so. Reine Biologie. Und nun?
Ein Ausweg aus diesem Dilemma ist, das Gewohnte (Zielfindung, Wille) beizubehalten und das eigene limbische System mit einzuladen. Also wenn der Kopf "Ja" gesagt hat, sollten wir den Körper dazuholen und uns fragen: ist er auch stabil oder wackelt da was, schnürt es mir den Brustkorb zusammen und lässt mich flach atmen? Das klingt einfach? Die schlechte Nachricht ist die, dass viele von uns erst wieder lernen müssen, einen Zugang zu ihrem eigenen Körper zu bekommen: Vor lauter Hirngeplapper wird das flaue Gefühl im Magen bei der Zielformulierung X gerne überhört.
Ein Mittel dafür ist Achtsamkeit gepaart mit ein bisschen Fuß auf der Bremse. Unser Aktions-Tempo müssen wir verlangsamen, um überhaupt unserer Wahrnehmung eine Chance zu geben und Achtsamkeit brauchen wir, um wieder besser in Kontakt zu kommen, mit dem eigenen Spürsinn oder mit dem Bauchhirn, wie manche Autoren das beschreiben.
Eine kleine, erste Anleitung:
- Nehmen Sie sich immer öfter ein bisschen Zeit. Gönnen Sie sich mehrmals täglich 30 Sekunden Zeit, um sich die Frage zu stellen „Wie geht es mir denn gerade“. So was nennt sich Body Scan, d.h. erkunden Sie Ihren Körper, wie es ihm gerade geht
- Handeln Sie bei wichtigen Entscheidungen nicht sofort, sondern zählen Sie bewusst innerlich bis 30 und verbinden Sie die Wartezeit mit einem Body Scan
- Konzentrieren Sie sich in solchen Situationen parallel bewusst auf Ihre Füße. Spüren Sie diese auf dem Boden und wackeln Sie mit Ihren Zehen und beobachten Sie, was sich verändert, wenn sich etwas verändert.
- Beobachten Sie Ihre Gedanken, ohne sie gleich zu bewerten oder ins Tun zu verfallen, nur beobachten, nach dem Motto "Oh, da kommt mir gerade XY in den Sinn".
EMOTION-Coach Volker Hepp arbeitet gerne mit Somatic Coaching. Er ist Spezialist für die Fälle, in denen Planung, Wille und Kognition nicht zum gewollten Ergebnis führen.
Hier geht's zu seiner Homepage: www.volkerhepp.com