In der Berufswelt sind Veränderungen nichts Ungewöhnliches: Die Firma, in der Sie arbeiten, wird verkauft. Oder Sie sind mit Ihrem Job nicht mehr zufrieden. Wie Sie sich erfolgreich neu orientieren
Unternehmen fusionieren, komplette Abteilungen werden ins Ausland verlegt oder nach einer Umstrukturierung aufgelöst. Ein anderes Schreckensszenario: Der Vorgesetzte und Förderer verlässt die Firma, der neue Vorstand setzt andere Prioritäten und die Leitungsposition, auf die man Jahre hingearbeitet hat, gibt es plötzlich nicht mehr. Im Berufsleben gilt: Nichts ist so konstant wie der Wandel! Wir müssen uns immer wieder auf veränderte Konstellationen einstellen. Und tun daher gut daran, uns in erster Linie auf uns selbst und unsere persönlichen Netzwerke zu verlassen.
Anders gesagt: Es geht darum, unser Leben, unsere Karriere und unsere Fähigkeiten als Potenziale zu begreifen, für deren Weiterentwicklung wir selbst die Verantwortung tragen. Der Zukunftsforscher Christian Lutz hat dafür den Begriff des "Lebensunternehmers" geprägt: So nennt er Menschen, die ihr eigenes Leben in die Hand nehmen, als würden sie ein Unternehmen führen. Die ein Gespür dafür entwickeln, ihr Umfeld auch mitgestalten zu können, und sich nicht als Opfer der Umstände sehen. Nur mit dieser Haltung sind wir in der Lage, Veränderungen als Chancen statt als Krisen zu begreifen. Für kein Szenario gibt es die eine richtige Lösung. Aber es gibt Leitfragen, sogenannte Self-Coaching-Tools (etwa hier Lebensrad und Lebenslinie) und Denkanstöße, die helfen, sich seine Kompetenzen klarzumachen und eine persönliche Veränderungsstrategie zu entwickeln. Denn: Jeder von uns sollte sein eigener Lebensunternehmer werden!
Mit meiner Firma geht's bergab
Das Unternehmen, in dem ich arbeite, ist seit einiger Zeit wirtschaftlich nicht mehr wirklich erfolgreich. Die meisten Kollegen sehen das nicht so dramatisch, aber ich habe etwas mehr "Insiderwissen" als die anderen und glaube, dass zumindest Teilbereiche geschlossen oder verkauft werden. Ich mag meine Arbeit und mein Team, fühle mich der Firma verbunden und werde respektiert. Mein Chef hat einmal angedeutet, dass er mich auf jeden Fall "irgendwie halten" würde. Soll ich mich darauf verlassen?
Ehrlich gesagt: Wer will schon "irgendwie" gehalten werden? Ganz offensichtlich machen Sie einen sehr guten Job. Aus dieser Position der Stärke heraus sollten Sie die Initiative ergreifen! Zum Szenario der Krise gehört, dass das Betriebsklima immer schlechter wird. Wenn es also mit der Firma bergab geht, wird die Gerüchteküche brodeln, Angst, Unsicherheit bis hin zu Mobbing werden sich breitmachen. Das verschlechtert bei vielen Menschen Stimmung und Selbstwertgefühl.
Zunehmend wird man auch selbst pessimistisch. Betrachten Sie die Situation daher als Chance, wieder einmal Ihren Marktwert zu testen und Vorstellungsgespräche zu führen. Die Entscheidung, ob Sie bleiben oder gehen, ist erst dann gefragt, wenn Sie das Vertragsangebot eines neuen Arbeitgebers vorliegen haben. Keinesfalls müssen Sie Ihrer Firma bis zur letzten Stunde treu bleiben. Im Gegenteil! Es ist wichtig, dass Sie selbst für Ihre berufliche Zukunft Sorge tragen.
Seit Jahren bin ich Stellvertreterin...
Mein Chef geht nächstes Jahr in Pension, ich habe fest damit gerechnet, seine Nachfolgerin zu werden. Jetzt erfahre ich, dass der Geschäftsführer eine neue Kollegin eingestellt hat, die die Teamleitung übernehmen soll. Ich kenne sie, sie ist wesentlich jünger als ich und ich hätte ein Problem, "unter ihr" zu arbeiten.
Ihre Enttäuschung ist verständlich und es klingt, als ob Sie in eine typisch weibliche Karrierefalle getappt seien, die da heißt: Passives Warten auf Entdecktwerden. Wenn ich nur fleißig und perfekt meine Aufgabe erfülle, wird man mich befördern. Um Karriere zu machen, muss man seine Leistungen und sein Können jedoch im Unternehmen "vermarkten". Ich empfehle Ihnen, in zwei Schritten vorzugehen: Machen Sie sich Ihre Fähigkeiten bewusst und erstellen Sie eine Liste Ihrer Kompetenzen. Analysieren Sie mithilfe einer "Lebenslinie" (siehe unten). Ihre berufliche Laufbahn, beschreiben Sie Ihre Erfolge und arbeiten Sie heraus, welche persönlichen Stärken Sie jeweils eingesetzt haben.
So gewappnet bitten Sie um ein Gespräch mit dem Geschäftsführer und informieren ihn - vielleicht zum ersten Mal? - über Ihre Entwicklungswünsche. Sie sollten möglichst sachlich fragen, warum man Ihnen die Teamleitung nicht angeboten hat. Verteidigen Sie sich nicht gleich: Das Gespräch könnte Ihnen wichtige Informationen liefern, woran Sie noch arbeiten müssen, um reif für eine Führungsaufgabe zu sein. Optimal wäre es, wenn Sie mit dem Geschäftsführer einen Entwicklungsplan aufstellen und konkrete Perspektiven herausarbeiten könnten.
Soll ich nach der Elternzeit wieder vollzeit arbeiten?
Während der Elternzeit habe ich den Kontakt zur Firma nie abreißen lassen, stundenweise in Projekten mitgearbeitet und regelmäßig an Schulungen und Fortbildungen teilgenommen. Ich wollte nach der Familienpause eigentlich halbtags in meinen alten Beruf zurückkehren. Jetzt bietet mir mein Chef zum Einstieg eine hochinteressante neue Aufgabe an. Ich würde die Herausforderung sehr gern annehmen. Das wäre dann allerdings nur Vollzeit zu machen.
Während der Familienpause haben Sie den Wiedereinstieg optimal vorbereitet: Sie haben Kontakt gehalten, sich weitergebildet, sind "dran geblieben". Dieses Engagement und Interesse für den Beruf zahlt sich nun aus, man bietet Ihnen zum Einstieg eine ausgesprochen reizvolle Position an. Gratulation! Der Gedanke an eine Vollzeitstelle scheint Ihnen ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Versuchen Sie, die Vorteile zu sehen, denn Teilzeitjobs sind für Frauen nachweislich mit enormem Stress verbunden: Sie sind meist weniger anspruchsvoll und schlechter bezahlt, es bleibt kaum Zeit für Kommunikation und Netzwerken in eigener Sache.
Und weil Frau ja "nur" Teilzeit arbeitet, übernimmt sie ganz selbstverständlich weiterhin die gesamte Familienarbeit. Wenn Sie Vollzeit arbeiten, gilt es Delegationspotenziale im Privatbereich auszuschöpfen. Planen Sie gemeinsam mit Ihrem Partner: Was mache ich, was übernimmst du, was können und wollen wir delegieren? Es lassen sich wirklich viele Aufgaben abgeben: Putzen, Waschen und Bügeln, ja sogar Einkaufen. Sie sind auch keine Rabenmutter, wenn Sie Ihr Kind nicht jeden Tag persönlich von der Tagesstätte abholen! Sicher kennen Sie in diesem Zusammenhang den Begriff "Quality Time": Es geht nicht (ausschließlich) darum, wie viel Zeit die Familie zusammen verbringt, sondern ob die gemeinsame Zeit positiv und befriedigend für alle gestaltet wird.
Selfcoaching-Tools
Zeichnen Sie Ihre Lebenslinie!
So funktioniert's:
Malen Sie sich ein Diagramm mit je einer Achse nach oben und einer nach rechts. Unterteilen Sie die senkrechte Linie in drei Abschnitte: unten steht ein Minus, in der Mitte eine 0, oben ein Plus. Diese Achse gibt Ihren Erfolg und Ihre Zufriedenheit an. Die horizontale Linie ist nach Ihren Berufsjahren unterteilt, etwa 1990, 1995, 2000, 2005.
Tragen Sie nun spontan subjektiv erlebte Höhen und Tiefen in Ihrer beruflichen wie privaten Entwicklung als Linie ein. Beginnen Sie mit einer Veränderung, die Sie selbst initiiert haben bzw. mit einer Weichenstellung, die von Bedeutung war (zum Beispiel die Entscheidung für eine bestimmte Ausbildung oder der Auszug aus dem Elternhaus). Benennen Sie zum Schluss Gipfel und Täler.
So profitieren Sie davon:
Analysieren Sie die Gipfel: Welche eigenen Talente und Fähigkeiten kamen zum Zug? Welche Personen/Situationen waren hilfreich? Gab es Mentoren oder Bündnispartner? Analysieren Sie die Täler: Wie haben Sie es geschafft, das Tief zu überwinden? Wer oder was hat Ihnen geholfen?
Füllen Sie Ihr Lebensrad!
So funktioniert's:
Malen Sie einen großen Kreis auf ein Blatt Papier und unterteilen Sie ihn in vier gleichgroße Tortenstücke.
Der Bereich Familie und soziale Kontakte umfasst zum einen Aspekte wie Paarbeziehung, Kinder und Eltern, zum anderen aber auch Freunde und weitere soziale Kontakte. Unter den Bereich Beruf und Karriere fallen Fachaufgaben, Führungsrolle, Management etc.
Mit Gesundheit und Lebensführung sind neben Fitness, Entspannung und Ernährung auch persönliche Zeitstruktur sowie finanzielle und Wohnsituation gemeint.
Zur persönlichen Entwicklung gehören soziales Engagement, Kultur, Bildung, Talente und Hobbys.
Ihre Aufgabe lautet nun: Stellen Sie sich zu jedem einzelnen Bereich folgende Fragen:
Was GIBT mir Kraft, Zufriedenheit, Lebensfreude? Notieren Sie nun die konkreten Aspekte im entsprechenden Feld mit einem grünen Stift.
Was KOSTET mich Kraft, Zufriedenheit, Lebensfreude? Notieren Sie nun die konkreten Aspekte im entsprechenden Feld mit einem roten Stift.
So profitieren Sie davon:
Versuchen Sie, aus Ihren Punkten Schlüsse zu ziehen: Wie steht es um Ihre Lust-Frust-Bilanz? Fassen Sie die Kraftspender und Energieräuber in einer Tabelle mit den Kategorien "Lust" bzw. "Frust" zusammen.Wenn Sie sich abschließend Ihre unterschiedlichen Lebensbereiche sowie die "Lust & Frust"-Aspekte noch mal vor Augen führen: Zu welchem Ergebnis kommen Sie? Wo liegt langfristig Ihr größter Handlungsbedarf? Und: Welche Probleme wollen Sie als erstes angehen?