Eigentlich träumte Patrizia Fontana von einem eigenen Restaurant. Doch das Leben spielte ein anderes Lied. Sie heiratete einen Musiker und eröffnete einen Laden in Zürich, in dem sie ihre köstlichen handgemachten Ravioli verkauft.
Es ist ein verstecktes Quartierlädeli im Zürcher Kreis 6. Allein der Ort weckt nostalgische Gefühle. Erst recht warm ums Herz wird einem beim Eintreten - wenn eine feine Glocke zu klingeln beginnt. Ein Stück Italien zeigt sich hier von der schönsten Seite: Frisches Gemüse, duftendes Brot, Käse, Wurst, Wein, hübsche Dosen und Gläser mit Sughi, Pesto und anderen Herrlichkeiten gibt es hier. Und natürlich Pasta, so viel das Herz begehrt. Ein Kleinod, geschaffen von Patrizia Fontana, deren herzliche, zupackende Art sofort spürbar ist. "Ciao bella, komme sofort", ruft sie aus dem Hinterzimmer, wenn sie die Stimme einer Stammkundin erkennt, während sie noch dabei ist, die begehrtesten Ravioli der Stadt herzustellen. Täglich frisch und eigenhändig zubereitet, wie vor 24 Jahren, als sie begann.
Einen Traum aufgeben um einen anderen zu leben
1981 ist die in Aarau aufgewachsene Tochter italienischer Emigranten nach Zürich gekommen. Gleich am vierten Tag lernte sie hier Boris Blank, ihren zukünftigen Mann, kennen. Sie wusste nicht, dass er bereits der erfolgreiche Musiker und Soundtüftler war, der kurz darauf mit Dieter Meier im Duo Yello weltberühmt werden sollte. "Mir gefiel seine Art von Humor sofort, und auch seine Treue und Verbindlichkeit, die in der damaligen Zeit selten waren", sagt sie. Nicht zuletzt für ihn gab Patrizia Fontana ihren Traum vom eigenen Restaurant auf. Es hätte dafür einen Partner
gebraucht, der Boris als Musiker nicht sein konnte. Dem trauert sie aber nicht nach. Was das Leben ihr geschenkt hat, ist ihr mehr wert: Tochter Olivia, die spät kam, und einen Lebenspartner, der ihr und für den sie eine Stütze ist.
Früher galt Olivenöl als exotisch
Seit den Anfängen hat sich manches verändert. In Patrizia Fontanas Laden, ihrem Leben und nicht zuletzt im Lebensstil der Schweizer, der sich zunehmend mediterranisiert hat. Olivenöl, das heute in den meisten Haushalten in verschiedenen Sorten vorhanden ist, war damals noch erklärungsbedürftig. Das tat die kluge Geschäftsfrau mit Handels-Diplom geduldig: "Um der Kundschaft Olivenöl schmackhaft zu machen, empfahl ich ihnen in einem ersten Schritt die Mischung mit Butter." Mittlerweile haben die Zürcher kulinarisch dazugelernt. Was Patrizia Fontana aber bis heute speziell macht, ist ihre Pasta: "Ich begann mit wenigen, klassischen Sorten wie Fleisch, Salsiccia, Spinat-Ricotta, Spargel, Auberginen", sagt sie. Später kamen laufend neue Kreationen hinzu, aus saisonalen Zutaten wie Wildschwein oder Erbsen.
Detailarbeit und geschmackliche Perfektion
Doch die köstlichste Füllung der Welt wäre nichts ohne die richtige Hülle. Daran hat die Perfektionistin lange getüftelt und bis heute überwacht sie die Herstellung ihres Pastateigs aufmerksam. Hochwertige Zutaten wie Hartweizendunst aus einer Schweizer Landmühle, Bio-Eier und Himalajasalz sind das eine, das andere ist die Luftfeuchtigkeit, die ständig gemessen und je nachdem mit der Zugabe von mehr oder weniger Wasser ausbalanciert wird. Hinzu kommt die exakte Technik: Eine Maschine rührt den Teig, auf einer zweiten wird der Teig so dünn gezogen und zu Ravioli geformt, dass er die Füllung zart umhüllt und nach vier Minuten Garzeit al dente ist. Der Rest ist nach wie vor Handarbeit. Patrizia Fontanas berühmte Trüffel-Ravioli müssen sogar vollständig von Hand gefertigt werden. Ihr Teig ist unregelmässig, weil die wertvollen weissen Piemont-Trüffel nicht vermust, sondern nur grob zerkleinert werden. Das ist eine Menge Arbeit: "Für ein Kilo Trüffel-Ravioli mache ich 180 bis 200 Stück", sagt sie.
"Das gemeinsame Abendessen ist mir wichtig"
Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen war für Patrizia Fontana selbstverständlich. Nebst ein paar Tagen in der Krippe, die dem Einzelkind gut taten, wuchs Olivia mit der Pasta im Laden auf. Sie weiss daher, was ihre Mutter den ganzen Tag tut, und schätzt es auch, wenn die Familie zusammen am Tisch sitzt. "Das gemeinsame Abendessen ist mir wichtig", sagt Patrizia Fontana. Selbst wenn es spät werden sollte und die Zeit nicht reicht, ein Menü zu kochen. "Falls Boris nicht bereits gekocht hat, gibt's einfach Salat und Ravioli aus dem Geschäft. Die essen wir alle immer gern."