Sabine Bergk beschreibt eine einzige Theaterszene. Die gnadenlose Tirade einer ewig zu kurz gekommenen Souffleuse verleiht dem Theaterirrsinn und seinen Akteuren eine Stimme.
Ausgewählt vom Netzwerk BücherFrauen, diesmal von Silke Pachal, freie Lektorin und Übersetzerin aus Berlin. www.pachal-lektorat.de
Sabine Bergk: Gilsbrod
Skurril und bizarr wird in Gilsbrod mit großer Sogkraft eine einzige Theaterszene beschrieben, in der alle Lebensfäden der Ich-Erzählerin zusammenlaufen. In einer gnadenlosen Tirade verleiht die ewig zu kurz gekommene Souffleuse dem Theaterirrsinn und seinen Akteuren eine Stimme. In eine dunkle Ecke der Bühne verbannt, sitzt sie und kann ihr Stichwort nicht geben, als Frau Gildbrod, die kapriziöse und strapaziöse Operndiva des kleinstädtischen Theaterhauses, in großer Not im höchsten Dauerton feststeckt.
Hervorgerufen durch den Anblick der Gilsbrod schwirren vor dem geistigen Auge der Souffleuse abstruse Bilder. Sie drohen, ihr ein anhaltendes Gelächter zu entlocken. Im Bewusstsein, dass ihr Versagen ihre Kündigung zur Folge haben wird, ziehen bruchstückhafte Erinnerungen und Stationen ihres Lebens an ihr vorbei. Einzelne Sätze und Ereignisse werden in Thomas-Bernhard-Manier gebetsmühlenartig wiederholt. Jede Buchseite bietet oftmals nur eine neue Information. Unerwiderte Liebe, Kindheitserinnerungen, die goldene Muschel ihrer Mutter, die als Souffleuse auch ihr Vorbild war, sind die Bestandteile, die sich an diesem Abend zum Mandala ihres Lebens zusammensetzen. Als am Ende der furiosen Erzählung der Knoten platzt, sehen wir es auseinanderfallen.
Silke Pachal ist freie Lektorin und Übersetzerin mit Verlagserfahrung. Sie ist Mitglied im Netzwerk der Bücherfrauen (www.buecherfrauen.de).
Diese Buch-Tipps entstanden in Kooperation mit den BücherFrauen. Mehr über die "Women in Publishing"