Der neue VW Beetle begeisterte EMOTION-Redakteurin Roxana Wellbrock nicht nur durch sein Aussehen. Sein überzeugenster innerer Wert: seine Zielsicherheit. Der Wagen entpuppte sich als zuverlässiger Touristenführer.
Der erste Eindruck
Eins ist sofort klar: Der neue Beetle will cooler Kumpel sein und sein Ach-ist-der-süß-Charme abschütteln. Flach ist er geworden, die niedlichen Rundungen mussten sportlich-dynamische Formen weichen, die ihn erwachsener wirken lassen. Und auch, ja, ein bisschen männlicher. Statt Knutschkugel nun also Draufgänger, das macht ihn mir gleich auf den ersten Blick sympathischer als das Vorgängermodell - für meinen Geschmack war das ein wenig zu feminin geraten. Das einzige, was mir schon immer gefallen hat, sind die freundlichen, runden Scheinwerfer. Die sind zum Glück geblieben und strahlen mich an, als ich mich dem Wagen nähere.
Auf Tuchfühlung
Als ich einsteige, entdecke ich gleich die vielen Details, die an den klassischen Käfer erinnern, ohne nostalgisch oder gar altbacken zu wirken. Auf der Beifahrerseite gibt es ein kleines, in die Frontblende integriertes Fach, das "Käferfach". Nur Kleinigkeiten wie eine Banane passen rein, die darf allerdings auch nicht zu sehr gekrümmt sein. Also eher etwas zum Anschauen als zum Benutzen, aber es gibt noch ein richtiges Handschuhfach darunter.
Die drei zusätzlichen Instrumente in der Mitte der in Karbon-Optik gehaltenen Frontblende erinnern ebenfalls an alte Zeiten: Ladedruck, Stoppuhr und Öltemperatur werden hier angezeigt. Viel relevanter für mich ist aber die Anordnung der anderen Anzeigen, Regler und Knöpfe im Cockpit. Alles wurde so angebracht, dass man den Wagen intuitiv bedienen kann. Besonders gut durchdacht ist das Navi mit Touchscreen: dank der Sonderziel-Funktion finden wir sogar die Nikolaikirche und das Schloss Charlottenburg auf Anhieb - ganz ohne die Adresse zu kennen. Einfach "Nikolaikirche" eingegeben und schon wird die richtige Route angezeigt. Der Beetle entpuppt sich so sogar als zuverlässiger Touristenführer, dem ich schon nach wenigen Stunden blind vertraue. Ein wichtiger Pluspunkt, ist doch mein Orientierungssinn nicht besonders ausgeprägt. Wirklich praktisch: Die Navigation wird auch im Display angezeigt, das unterhalb des Tachos integriert ist. So habe ich ohne hektisches Hin- und Hergucken alles im Blick.
Der iPod-Anschluss im Handschuhfach ist schnell entdeckt. Für das richtige Berlin-Feeling lasse ich Bands wie Element of Crime aus allen acht Boxen dröhnen. Der Sound ist richtig gut. Zielsicher und entspannt navigiere ich durch die Berliner Innenstadt. Die nette, aber recht resolute Frauenstimme sagt mir sehr bestimmt, wo ich langfahren muss. Widerrede zwecklos. Aber wozu auch, sie hat ja immer recht. Und so führt uns unser Weg zunächst zu Curry 36, dem legendären Hauptstadt-Imbiss. Noch eine letzte Stärkung, bevor es auf die Stadtautobahn geht.
Das Rendezvous in Bildern
"Die Hupe klingt eher nach Sopran als nach Tenor"
Gas geben
Schon beim ersten Anfahren merke ich: da geht was. Als ich dann zum ersten Mal das Gaspedal richtig durchdrücke, röhrt der Motor tief. Der Beetle schießt beherzt nach vorn, zieht, und ich fühle mich wie in einem kleinen Sportwagen. Bis nach 500 Metern die nächste rote Ampel unser kleines Geschwindigkeits-Intermezzo abrupt abbricht. Höchste Zeit, ihn mal richtig auszufahren, denke ich und fahre weiter Richtung AVUS. Der Wagen gehorcht sofort, ob ich nun Gas gebe oder bremse. Nur die Lenkung könnte etwas direkter sein. Leider ist ziemlich viel Verkehr und ich komme nicht dazu, die 200 PS voll auszutesten.
Also zurück in die Berliner Innenstadt, oder das, was man als Nicht-Berliner darunter versteht: rauf auf die Friedrichstraße. Eine rote Ampel nach der anderen, aber egal, ich vertreibe mir jedes Mal die Wartezeit, indem ich in den vielen Schaufenstern den knallroten Beetle im Profil anschaue. Er sieht echt ziemlich lässig aus und ich finde, wir geben schon ein nettes Paar ab. Enttäuschung bloß, als ich ein paar Meter weiter die Hupe ausprobiere: die klingt eher nach Sopran als nach Tenor. Viel Eindruck kann ich damit nicht schinden.
Als wir "Unter den Linden" entlang cruisen, bekommen mein Beifahrer und ich den Nachteil des sportlichen Fahrwerks zu spüren. Wir werden auf den vielen Bodenwellen richtig durchgerüttelt. Keine Erhebung, die der neue Beetle nicht mitnimmt. Große Mitfahrer könnten sich dabei auf der Rückbank leicht den Kopf stoßen: der Fond ist recht niedrig geraten. Für Erwachsene dürfte es ohnehin auf längeren Touren hinten eng werden. Dafür ist der Kofferraum größer geworden: Er fasst nun 310 statt 209 Liter.
Unser besonderer Moment
Ich biege vor dem Brandenburger Tor auf die geschichtsträchtige und eigentlich viel befahrene "Straße des 17. Juni" ein und bin wirklich erstaunt: vor uns, neben uns, hinter uns kein anderes Auto, kein Fußgänger. Wir haben die breite Straße ganz für uns allein. Ich beschleunige, die größer werdende Siegessäule immer fest im Blick. Ein beeindruckendes Bild, das Ehrfurcht in mir aufkommen lässt.
Warum wir gut zusammenpassen
Der neue Beetle ist erwachsener als sein Vorgänger. Gleichzeitig ist er verspielt genug, um mir zu gefallen: das Käferfach, die Soundanlage, der Speed, das alles macht einfach Spaß. Auch von außen sieht der Beetle gut aus. Ich kann mir vorstellen, dass er irgendwann in meiner zukünftigen Garage parkt. Dann aber wahrscheinlich in der Farbe "Denim Blue" und ein paar PS schwächer. Schließlich bin ich meistens in überfüllten Großstädten unterwegs.
Technische Daten vom VW Beetle 2.0 TSI
Durchschnittsverbrauch: 7,7 l, CO2-Ausstoß: 179 g/km, PS: 200, Beschleunigung (0-100 km/h): 7,5 s, Höchstgeschwindigkeit: 223 km/h, Basispreis: 27.100 Euro. Mehr Infos unter www.volkswagen.de
Lesen Sie auch in jeder EMOTION-Ausgabe die Kolumne von Jutta Kleinschmidt über "Fahrgefühle".