Um den Kopf freizubekommen, wieder kreativer zu arbeiten und mehr für die Familie da zu sein, trennte sich die Basler Zuckerbäckerin Wencke Schmid von einem Teil ihres Geschäftes. Daraufhin fielen alle Dinge wie von selbst an ihren richtigen Platz.
EMOTION: Wann haben Sie sich das letzte Mal gefreut wie ein Kind?
Wencke Schmid: Vorgestern, als ich beim Essen mit Freunden meine neuen Petit Fours zum Dessert reichte und alle davon begeistert waren. Wenn mir jemand ein Kompliment macht für meine Arbeit, dann bin ich richtig glücklich.
Mittlerweile gelten diese Komplimente auch den Gebrüdern Beschle, an die Sie vor drei Jahren die Lizenz Ihrer Petit Fours vergeben haben. Ihre Aufgabe beschränkt sich seither auf die Entwicklung neuer Prototypen. Warum haben Sie sich als erfolgreiche Geschäftsfrau zu diesem Schritt entschlossen?
An meinem zehnjährigen Firmenjubiläum zog ich eine Bilanz. Mir war klar geworden, dass ich wieder wie zu Anfangszeiten einfach nach meinen Ideen Torten und Backwaren herstellen wollte. Aber dafür braucht man Zeit und die hatte ich irgendwann nicht mehr, weil ich mit der Produktion meiner Petit Fours komplett ausgelastet war. Vom Pensum her, aber irgendwie auch emotional. Durch den Schulterschluss mit Beschle habe ich nun wieder Raum dafür - und vor allem auch für meine Familie.
Ist Ihre Familie zu kurz gekommen?
Ja. Und genau darum wollte ich den Kopf wieder freibekommen, insbesondere für meine zwölfjährige Tochter Lille, die mich heute ganz anders braucht als zu Anfangszeiten. Nicht mehr rund um die Uhr, dafür auf einer gefühlsmässig intensiveren Ebene.
Dann war Ihre Standortbestimmung vor vier Jahren ein Aha-Moment? Einer, der Sie dazu bewogen hat, Ihr berufliches Leben neu zu organisieren, um mehr Energie für kreative Projekte und auch für die Familie zu haben?
Es war sogar ein doppelter Aha-Moment, weil sich damit auch die Kinderfrage endgültig entschieden hat.
Wie meinen Sie das?
Ein gemeinsames Kind mit meinem heutigen Mann war ganz lange ein Thema für uns - und letztlich auch der Grund, warum ich mich über mehrere Jahre vor allem auf die Produktion der Petit Fours konzentrierte. Denn als Unternehmerin mit Angestellten wäre es relativ einfach gewesen, eine Babypause zu machen und später mit einem geregelten Teilzeitpensum wieder einzusteigen. Aber als ich dann alles hinterfragte, dachte ich mir plötzlich: "Du hast ja bereits eine Tochter, warum kümmerst du dich nicht einfach noch mehr um sie, statt ein zweites Kind zu bekommen?"
Ist Ihnen dieser Abschied von einem lange gehegten Lebensplan schwergefallen?
Nein, im Gegenteil. In der neuen Situation fand ich meinen inneren Frieden und bin heute glücklicher denn je. Die Entlastung durch die Zusammenarbeit ist ganz klar eine Erleichterung, nicht nur zeitlich, sondern vor allem auch innerlich. Und obwohl ich heute nicht weniger arbeite, habe ich mehr Zeit für die Familie, für meine Tochter Lille, was wir alle ganz bewusst geniessen.
Den Mut loszulassen, damit die Dinge von selbst an ihren richtigen Platz fallen - kannten Sie das schon vorher?
Ich kannte eher das Gegenteil davon! Als ich 18 war, wollte ich für ein halbes Jahr nach Amerika gehen, bin dann aber zu Hause geblieben, weil ich Angst hatte, nach meiner Rückkehr keinen Job mehr zu bekommen. Das war natürlich kompletter Blödsinn, und rückwirkend finde ich es schade, dass meine Mutter mir damals nicht mehr Mut zugesprochen hat. Wirklich einen Vorwurf machen kann ich ihr allerdings nicht, da ich schon immer ziemlich starrsinnig und entsprechend beratungsresistent war.
Welche Werte möchten Sie als Mutter Ihrer Tochter weitergeben?
Sie soll immer den Mut haben, auf ihre Gefühle zu hören.