Ständig schreien wir "Hier", sobald es etwas zu tun gibt. Überhaupt machen wir von allem viel zu viel: Sei es Überstunden oder uns sorgen. Wie kommt man zur inneren Gelassenheit, wie lässt man los und lebt sein Leben lässig und frei?
Aus dem Munde der Salondame und Autorin Rahel Varnhagen von Ense muss dieser Satz wundervoll sorglos geklungen haben. Er schmeckt nach unbedarfter Freiheit und fast schon kindlicher Leichtigkeit. Aber die Urheberin lebte auch in der Romantik – vor 200 Jahren. Nichts tun, das ist inzwischen höchstens eine romantische Fantasie.
Man stelle sich vor, man würde auf einer Party jemanden treffen, der auf die Frage "Und was machen Sie?" diese poetische Antwort gibt. Wahrscheinlich würde man zunächst lachen und dann nachhaken: "Jetzt mal wirklich – was machen Sie?"
Der Mensch von heute tut nicht nichts. Er ist immer aktiv. Er tut eher alles als nichts. Und das finden ja auch eigentlich alle ganz toll. So viele Möglichkeiten zu haben, Familie, Job und Selbstverwirklichung noch vor der Mittagspause unter einen Hut zu bekommen – das ist eine großartige Errungenschaft.
Und gleichzeitig schleicht sich der Druck ein, diese Möglichkeiten auch alle ausnutzen zu müssen. Auf einem Gebiet alles zu geben reicht nicht mehr. Die Angst, nicht genug zu tun, für das perfekte, glückliche Leben, ist allgegenwärtig. Die Stimme in unserem Kopf auch. Das muss doch irgendwie gehen! Die anderen schaffen das doch auch! Und die, die es nicht schaffen, oder sich dem verweigern, werden direkt kategorisiert: Faulpelz, Drückeberger, Versager. Mindestens mustern wir sie irritiert, die, die im Regen des Lebens stehen und sich dabei am besten auch noch wohl fühlen – wo wir uns so abrackern!
Insgeheim sind wir eigentlich nur neidisch, weil wir auch gerne mal Nein sagen würden. Aber es nicht können, weil der Druck zu groß ist, der vor allem dadurch entsteht, dass wir uns permanent an denen messen, die den Takt der Gesellschaft vorgeben.
Fast nie fragen wir uns dabei, ob das überhaupt der richtige Weg ist. Was bei anderen gut aussieht, muss doch nicht für mich das Beste sein. "Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit" schrieb der dänische Philosoph Sören Kierkegaard. Wir können nicht alles auf einmal schaffen. Das eigene Lebensglück ist kein Projekt, das man planen und mit genügend harter Arbeit erreichen kann – auch wenn es bei anderen so aussehen mag. Wer weiß, wie glücklich die scheinbar perfekte Nachbarin wirklich ist?
Ob Frau Varnhagen glücklich war, wissen wir auch nicht. Dennoch würde ich sie zu gerne fragen, wie das geht, dieses "Leben auf sich regnen lassen". Ob sie es selbst überhaupt wusste? Es klingt zumindest irgendwie gut.
Wer schon mal mit dem Regen anfangen möchte
Wenn schon vergleichen, dann auch richtig!