In unserem aktuellen Dossier schreiben neun prominente Männer, was sie über Frauen denken. Über unser Aussehen, unsere Zweifel, wie wir Beziehungen führen oder Kinder erziehen. Drei Mitarbeiterinnen der EMOTION stellen sich deshalb diese Woche die Frage: Wie wichtig ist es eigentlich, was Männer über uns denken?
„Was Männer über Frauen denken“ lautet der Titel des neuen Emotion-Dossiers. Warum interessiert uns Frauen das überhaupt? Wir wollen uns doch heute gerne als emanzipierte, selbstbewusste Individuen sehen, die sich nicht für irgendwelche Männer verbiegen und erst recht nicht sich von ihnen abhängig machen wollen. Richten wir uns denn nicht sowieso schon viel zu sehr danach, was Männer von uns erwarten? Wieso müssen wir sie fragen, was sie von uns halten?
Keine Denkerin hat so detailliert und reflektiert auf den Punkt gebracht, wie die Bedeutung des Frauseins durch den männlichen Blick definiert wird wie die französische Intellektuelle Simone de Beauvoir. Schon der Titel ihres bekanntesten Werkes „das andere Geschlecht“ drückt aus, wie Frauen seit jeher die Rolle des passiven, folgenden Geschlechts aufgedrückt wurde, das hinter dem tonangebenden, ersten Geschlecht des Mannes zurücksteht. „Der Platz der Frau in der Gesellschaft ist immer der, den der Mann ihr zuweist“ schreibt Beauvoir in ihrem Buch, das heute als bahnbrechender Klassiker der feministischen Literatur gilt.
Schonungslos deckt sie darin die Dominanz der Männer in allen Lebensbereichen auf, die bis in das Selbstbild der Frau hineinreicht und sie auf die Rolle der fürsorglichen Hausfrau und Mutter festlegt.
Für die damalige Zeit – 1949 – war das Buch revolutionär und hinterließ bleibenden Eindruck in der Gesellschaft. Seither ist einiges passiert. Frauen leben heute ein viel selbstbestimmteres Leben als noch vor 50 Jahren. Und dennoch sitzen einige von uns immer noch Klischees über Weiblichkeitsideale auf. „Es ist nicht leicht, die Frau zu emanzipieren, denn der Wunsch, den Männern zu gefallen, steckt in vielen Frauen drin“ beobachtete schon Simone de Beauvoir während ihres emanzipatorischen Feldzuges. Daran hat sich bis heute gar nicht so viel geändert.
Machen wir Frauen uns den ganzen Druck selbst? Vielleicht nicht den ganzen aber doch einiges davon. Anders als die ersten Feministinnen müssen wir weder für unser Wahlrecht noch für eine Arbeitserlaubnis kämpfen. So vieles wurde auf dem Weg der Gleichberechtigung schon erreicht und doch fragen wir uns immer noch, ob die neue Frisur wohl auch dem kritischen, männlichen Blick standhält.
Dabei vergessen wir aber, dass die Gleichberechtigung ein gesellschaftlicher Prozess ist, der nicht nur die Frauen, sondern genauso die Männer verändert. Der Mann von heute ist nicht mehr der Mann von 1950. Wenn wir schon nicht ablegen können, dass wir außer uns selbst auch den Männern gefallen wollen, könnten wir sie wenigstens als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe ernst nehmen. Schließlich wollen wir selbst auch von ihnen so gesehen werden. Dazu gehört auch, Vorurteile und Klischees über Männlich- und Weiblichkeit immer wieder zu hinterfragen. Und wie man an den Antworten der befragten Männer im aktuellen Emotion-Dossier sieht, kann man dem Mann von heute ruhig mehr zutrauen. Beauvoir und ihre Mitstreiterinnen haben den ersten Impuls gesetzt – es liegt an beiden Geschlechtern, die Gleichberechtigung in unserer Gesellschaft und unseren Köpfen weiter voran zu bringen.