Heute wird Oprah Winfrey 65 Jahre alt. Wir gratulieren und erinnern nochmal an die unglaubliche Geschichte der TV-Legende. Ihr Leben und ihre Karriere zeigen, dass sie schon immer dafür kämpfte, Unrecht offenzulegen.
Happy Birthday, Oprah Winfrey – Talkshow-Ikone und Frauenrechtlerin
Oprah Winfrey ist nicht nur eine der mächtigsten Frauen der USA – sie stellt sich mutig dem Kampf gegen Sexismus und Rassismus. Und das mit aller Kraft. In ihrer TV-Karriere hat sie jedes noch so intime Detail ihres Seelenlebens ausgepackt und damit schon lange vor der #metoo-Debatte andere dazu ermutigt, ihre Scham zu überwinden und die Stimme zu erheben. Oprah, du bist unsere Heldin!
Der Moment, in dem Oprah Winfrey beschloss, sich nie mehr zu verstellen, war überraschend banal. Sie war knapp über 20, hatte ihren ersten Job als Nachrichtensprecherin und bemühte sich angestrengt, jemand zu sein, der sie nicht war: Sie benutzte nicht ihre Stimme, nicht ihre Körpersprache; stattdessen imitierte sie die Haltung und überartikulierte Sprechweise einer Moderatorin, die sie damals beeindruckend fand. Als sie eines Tages das Wort Kanada vorlesen musste, sagte sie nicht "Cäneda", wie jeder normale Amerikaner, sondern "Ce-naaah-daa". Noch vor laufender Kamera stutzte sie, fragte: "Hab' ich das gerade wirklich gesagt?", fing laut an zu lachen – und beschloss, nie mehr ihr wahres Selbst zu verleugnen.
"Das war mein erster aufrichtiger TV-Moment", sagt Oprah Winfrey heute, mit 65, "danach hat sich alles dann ganz gut für mich entwickelt." Das ist eine zauberhafte Untertreibung für eine Frau, die 1954 als uneheliches Kind zweier überforderter Teenager im damals noch rassengetrennten Mississippi geboren wurde und die es mit eben jener ungefilterten Ehrlichkeit zu einem Medien-Imperium und einem Milliardenvermögen gebracht hat. Vor allem aber zu einem Level der Verehrung, der zumindest in den USA ans Göttinnenhafte grenzt. "Was sagt Oprah?", wispert es vom Wohnzimmer bis zur Wall Street, Menschen, Meinungen und Märkte neigen sich ihr zu wie Eisenspäne, die sich am magnetischen Pol ausrichten.
Habt keine Angst, die Wahrheit zu erzählen, ihr seid nicht allein. Befreit euch von der Scham.
Oprah WinfreyTweet
Fragt man Oprah, wieso das so ist, sagt sie: "Die Leute können sich selbst in mir sehen." Natürlich nicht auf den oberflächlichen Blick – wer ist schon eine schwarze, einflussreiche Multimilliardärin? Darunter aber liegt ein Relief der emotionalen Offenheit, das Oprah sorgfältig in sich freigemeißelt hat. Mit der nach ihr benannten Nachmittags-Talkshow, die 25 Jahre lang Rekordquoten einfuhr, wurde sie zur Vorreiterin des "Tell it all". Freimütig und ungeschönt sprach sie über all die Dinge, die sie bewegten und belasteten: über ihre Kindheit in Armut. Über ihre Schwangerschaft mit 14 und die Fehlgeburt im 5. Monat. Und darüber, dass sie mit neun Jahren von einem Verwandten vergewaltigt worden war. Gerade dieses Geständnis habe sie endgültig befreit, sagt sie, von der Angst, den Schuldgefühlen, vor allem aber von der Scham. Und weil sie ihre Talkshow als Gruppentherapie betrieb (wie das "Time Magazine" einmal schrieb), vermittelte sie diese Erkenntnis auch ihren vorwiegend weiblichen Zuschauern: "Habt keine Angst, die Wahrheit zu erzählen, ihr seid nicht allein. Befreit euch von der Scham."
Wie keiner anderen Entertainerin nimmt man Oprah Winfrey ab, dass diese Lebensbeichten nicht aus Quotenkalkül entsprungen sind, sondern aus einem tiefen Bedürfnis, die eigene Geschichte zu teilen, um sich selbst und anderen zu helfen. Nur so ist auch zu erklären, dass ihre Gäste sich ebenfalls so gut aufgehoben fühlen, dass sie ihr Innerstes vor laufender Kamera vorzeigen; darunter Prominente wie Whitney Houston oder Michael Jackson, die Oprah tiefste Seelennöte offenbarten. "Meine Gäste öffnen sich, weil ich mich öffne", sagt sie. "Und weil ich vom Mitgefühl komme und von dem Willen zu verstehen und verstanden zu werden."
Es habe sich jedenfalls als gute Entscheidung erwiesen, immer der Wahrheit nachzuspüren und Intimität zuzulassen. "Ich habe ein fantastisches Leben, weil mein inneres Leben völlig intakt ist."