Waren wir nicht schon mal auf einem annähernd akzeptablen Weg, die Abschaffung von Diskriminierung, gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt durchzusetzen? EMOTION.digital Chefredakteurin Sabine zieht eine persönliche Bilanz zum Frauentag.
Welche Bedeutung der Weltfrauentag für jede:n Einzelne:n von uns hat, ist ja sehr individuell. An einigen zieht er vorüber wie ein ganz normaler Dienstag, andere werden am 8. März in ihren Feeds von Gleichberechtigungsquotes überflutet, liken und freuen sich über die Rose im Supermarkt, und wieder andere sehen den Tag als Markstein in der Weiterentwicklung der Gleichberechtigung und gehen auf die Straße. Ich habe den Weltfrauentag lange als theoretisches Konstrukt empfunden. Das änderte sich vor ein paar Jahren. Was genau diese Bewusstseinserweiterung mit sich brachte, kann ich im Nachhinein nicht mehr genau nachvollziehen. Vielleicht war es die Tatsache, dass ich vor 11 Jahren Mutter wurde und von da an mit erschwerten Arbeitsbedingungen lebte. Oder war es die Welle des Female Empowerments, die dank Social Media noch gewaltiger ins Rollen geriet? Oder die Allgegenwärtigkeit des Weltfrauentags in allen Lebensbereichen (hey, gönnt euch die Wellnessauszeit oder shoppt zum Weltfrauentag mit 10 Prozent Rabatt)?
Definitiv gab die Pandemie meiner Wertschätzung des Weltfrauentags einen weiteren kräftigen Push. Denn plötzlich machten wir Rückschritte auf Gebieten, die wir uns schon längst erkämpft hatten. Wir Mütter übernahmen meist hauptverantwortlich das Homeschooling (natürlich parallel zu unseren Jobs und ich schwöre, daher stammen 90 Prozent meiner grauen Haare), waren vor lauter Überforderung willens, alles hinzuschmeißen, und hatten keine Wahl als ohne jeglichen offiziellen Support aka Unterstützung seitens der Politik alles durchzuziehen. Unser Recht auf ein Eigenleben war plötzlich unerreichbarer Luxus. Der Weltfrauentag sollte dieses Jahr ein Schlussstrich und Startschuss zugleich sein. Er soll uns nicht nur zurück katapultieren in die Welt von 2019, nein, BITTE weit darüber hinaus. Denn das, was wir über die zunehmende Digitalisierung erreicht haben – nämlich einen Fortschritt in Sachen New Work – sollten wir jetzt für uns nutzen! Gibt es noch einen Grund, eine Frau nicht für einen Job auszuwählen, wenn wir alle flexibel arbeiten können?
Das Motto für den Weltfrauentag 2022 ist "Break the Bias" – "Stoppt die Voreingenommenheit". Stereotype und Vorurteile gegenüber Frauen und Mädchen sollen somit überwunden werden. So also auch die Vorurteile, die es uns Frauen so schwer machen in der Arbeitswelt. Ist man um die 30, wabert in den Köpfen ein "Will bestimmt bald ein Kind". Mütter sind ohnehin eine unberechenbare Größe, da "das Kind dauernd krank ist". Sind die Kinder dann "aus dem Gröbsten raus", ist man ohnehin schon "zu alt" um noch die große Karriere zu machen. Für mich ist der Weltfrauentag auch ein Tag, der die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in den Fokus nehmen muss. Denn da lauern unendlich viele Stereotype, die uns die Gleichberechtigung schwer machen. Warum manifestieren wir nicht in den Köpfen aller ein "Krass, was Frauen in der Pandemie geleistet haben, die sind ja prädestiniert dafür, Unternehmen zu leiten, Länder zu regieren und den Weltfrieden zu sichern"?!?
Denn genauso ist es nun mal.
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