Eine toughe Branche, aber mit weniger Vorurteilen: In der Mode- und Beautyindustrie kann man mit Lebensläufen jenseits der Norm sehr erfolgreich sein kann. Cécil Wickmann von Rebelle beweist, wie man Business- und Mode-Interesse miteinander verbinden kann.
EMOTION: Wie ist Rebelle, Ihre Online Plattform für Designer Second Hand Fashion entstanden? Cécil Wickmann: Aus einer ganz zufälligen Situation heraus. Ich bin damals von Berlin nach London und dann nach Paris gezogen um meinen Master zu machen. Dafür habe ich meine Wohnung in Berlin leergeräumt und alles bei meinen Eltern im Keller verstaut. Das waren wirklich kistenweise Klamotten. Zwei Jahre später, da habe ich schon in Hamburg gelebt, wollten meine Eltern ihren Keller wieder für sich haben und ich musste dringend ausmisten. Dabei wusste ich nicht so richtig, wohin mit den gut erhaltenen Teilen, die auch noch einiges an Wert hatten. Hätte es damals einen Service gegeben, der alles einfach für mich verkauft hätte, wäre Rebelle wohl nie entstanden.
Was haben Sie vor Rebelle gemacht? Ich habe Betriebswirtschaft studiert – wohl auch ein bisschen aus Mangel an Ideen und mit dem Wissen, dass mir damit verschiedenen Möglichkeiten offenstehen würden und ich die Entscheidung für einen konkreten Karriereweg damit noch ein bisschen aufschieben kann. Ich habe danach aktiv den Schritt in die Modebranche gewagt und für zwei große Agenturen gearbeitet. Dabei habe ich verstanden, wie die Modebranche funktioniert. Es hat sich allein mit den Kollektionszyklen sowohl auf Produktions- als auch auf Vertriebs- und Retailseite für mich immer ein bisschen wie ein Arbeiten im Kreis angefühlt. Es ging ständig alles wieder von vorne los. Während meines Masters in London und Paris wurde dann mein Interesse für Digital-Themen geweckt und ich entschied mich, diesen Weg weiterzuverfolgen. So bin ich in Hamburg gelandet und habe die Internet-Startup-Branche im ersten Schritt eher aus der Finanzierungs-Perspektive kennengelernt. Als ich die Idee für Rebelle hatte, war für mich sofort klar, dass ich das selbst unternehmerisch umsetzen wollte.
Welche Chancen bietet die Lifestylebranche? In unserer Gesellschaft, wo jeder schon alles hat, muss sich die Lifestyle-Branche immer wieder neu erfinden. Dabei entstehen neue Trends in Form von Bewegungen, Services und Produkten. Die erfolgreichen von Ihnen machen das Leben einfacher, komfortabler, sparen uns Zeit oder machen etwas auch einfach nur ästhetischer oder schöner als andere. Natürlich ist es eine Herausforderung, immer wieder etwas Neues auf den Markt zu bringen. Gerade in der aktuellen Zeit sowohl soziokulturell als auch aus Sicht der technischen Möglichkeiten gibt es aber so viele Ansatzpunkte und Chancen wie nie zuvor. Egal ob im Food, Travel, Tech-Gadgets oder Fashion-Bereich oder einfach nur darüber nachzudenken Althergebrachtes neu anzupacken.
Frauen in Führungspositionen haben es nicht immer leicht – gilt das auch für die Modeindustrie? Frauen haben es generell schwerer, überhaupt erst in Führungspositionen zu kommen. Dort einmal angekommen, ist es aber aus meiner Sicht sehr branchenabhängig. War es bisher eine reine Männerdomäne, gibt es evtl. noch viele Ressentiments. In der Modebranche ist das anders: Da gibt es fast genauso viele Frauen wie Männer. Egal ob Coco Chanel, Stella McCartney, Phoebe Philo, Miuccia Prada oder Vivienne Westwood – auf sie und ihresgleichen kommt man sofort, denkt man an die geläufigsten Namen in der Modewelt.
Ich habe zum Beispiel die Erfahrung gemacht, dass es wesentlich glaubwürdiger ist, wenn ich selbst meine Gründergeschichte erzähle als wenn mein Mit-Gründer Max das macht.
Wie gehen Sie mit Niederlagen um? Ich bin grundsätzlich ein Mensch, der immer nach vorne schaut. Trotzdem versuchen wir natürlich, so viel wie möglich aus vergangenen Fehlern zu lernen. Denn nur dann hat ein Fehler letztlich auch etwas Positives. So versuchen wir auch unseren Mitarbeitern eine ausgeprägte Fehlerkultur vorzuleben. Niemandem wird, auch bei größeren Fehlern, der Kopf abgerissen. Wichtig ist uns aber, dass man offen darüber sprechen kann und unser Team denselben Fehler nicht noch einmal macht. Wir würden heute auch vieles anders angehen. Auf dem Weg zur ersten Unternehmensgründung gleich alles richtig zu machen, ist wohl utopisch. Wir haben angefangen, von vielen juristischen Themen, die wir bestimmt anfangs viel zu detailliert bearbeitet haben, bis hin zu Risiken im Markenrecht und vielen kleinen operativen Entscheidungen einfach viele Situationen erlebt, in denen man heute viel trittsicherer agiert und das nur, weil man es schon mal durchlebt hat und viele Dinge dadurch heute anders bewerten kann.