Sommerzeit ist Lesezeit! Hier kommen unsere Top 12 Neuerscheinungen – zum Schmökern im Urlaub, auf dem Balkon oder im Park.
Die Neuerscheinungen des Sommers
Sommer, Sonne, Sonnenschein – und ein gutes Buch in der Hand! Das sind die tollsten und spannendsten Neuerscheinungen: Ob entlarvende Satire, Chronik von Gefühlen oder große und kleine Dramen. In diese zwölf Geschichten könnt ihr diesen Sommer abtauchen.
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Der bisher beste Roman des Jahres
Weil: gnadenlos gut erzählt! Und zwar so gut, dass er gleich auf der Longlist des Booker Prize und dem Nachttisch von Barack Obama landete. Autorin C Pam Zhang (schreibt sonst für "Harper's Bazaar") ist als Vierjährige mit ihren Eltern aus China in die USA eingewandert, jetzt, mit gerade mal 30, hat sie in ihrem ersten Roman dem amerikanischsten aller amerikanischen Mythen neues Leben eingehaucht: der Geschichte vom Wilden Westen, vom Traum vom Gold und von der Freiheit, sich neu zu erfinden.
Zwei unvergessliche Held:innen: Lucy und Sam sind Kinder, als Ba, ihr Vater, stirbt und sie auf sich allein gestellt sind. Ihre erste Aufgabe: Ba den chinesischen Riten gemäß bestatten. Zweite Aufgabe: überleben.
Was uns noch daran gefällt: Zhang gibt auch all denen ihre Geschichte, die in den Erzählungen vom Westen sonst nur als Statisten vorkommen. Und übrigens: Das aktuelle Thema "Identität", Herkunft, Aussehen, Gender spielt hier ebenfalls eine große Rolle.
C Pam Zhang: "Wie viel von diesen Hügeln ist Gold", S. Fischer, 22 €, ab 28.7. im Handel
So lustig!
Okay, bei diesem Buch sind die Meinungen geteilt. Manche sagen, "nicht sehr originell", aber manche kommen aus dem Kichern über die entlarvenden Beobachtungen gar nicht heraus. Dazu gehören wir. Bestseller-Autorin Johanna Adorján war vor gar nicht so langer Zeit selbst eine Figur der wilden jungen Kultur-Bohème – wie jetzt in "Ciao" ihre Xandi Lochner. Die junge Feministin ist bei allen wichtigen Debatten vorn dabei und setzt Hans Benedek, Big Shot im Kulturjournalismus, ziemlich unter Druck. Die rasante Mediensatire dreht sich um Männer, die ihren Bedeutungsverlust noch nicht ahnen, um die drängenden Fragen der jungen Generation und die Herausforderungen langer Liebe. Ein Buch mit hellsichtigem Witz und sanfter Wehmut.
Johanna Adorján: "Ciao", KiWi, 20 €
Elegant und tough
Was wir an Zeruya Shalev so spannend finden: Keine zeichnet die Lebenswelt von Frauen im modernen Israel so wie sie. Sie ist eine grandiose Chronistin von Gefühlen und der Geschichte ihres Landes, und oft genug hängen beide eng zusammen. So auch bei Rachel, einer ehemaligen Untergrundkämpferin, inzwischen über 90, und Atara, die ihre Tochter sein könnte – doch tatsächlich ist Atara die Tochter des Mannes, der Rachel ohne Erklärung in jungen Jahren verlassen hat. Was will Atara jetzt von ihr? Elegant und tough – und natürlich schon auf der "Spiegel"-Bestseller-Liste.
Zeruya Shalev: "Schicksal", Berlin Verlag, 24 €
Großes Buch aus einer kleinen Welt
Eine raue Insel im Atlantik, eine kleine Nachbarschaft. Es passiert gar nicht viel, aber: Die Figuren in Malachy Tallacks Debütroman leben! Alle mit ihren kleinen und größeren Dramen. Eine abgeschlossene Welt, in der nicht alles einfach ist. Die uns aber dennoch mit dem gesamten Universum versöhnt hat. Großartig!
Malachy Tallack: "Das Tal in der Mitte der Welt", Luchterhand, 20 €
Wir lieben Frida Kahlo
Aber gibt es nicht schon genug Bücher über sie? Nein, dieses fehlte wirklich noch. Zum ersten Mal haben wir kapiert, was Kahlo an Diego Rivera so unwiderstehlich gefunden hat. Claire Berests rauschhafter Roman macht außerdem sehr klar, wieso die mexikanische Malerin das Zeug zur feministischen Ikone hat. Ein Buch wie ein Sommerflirt, der was ganz Großes verspricht.
Claire Berest: "Das Leben ist ein Fest", Insel, 22 €
Spannender als ein Krimi
1995, ein Familienurlaub in einem Karibik-Resort. Alison, 18, genießt die Blicke, die sie auf sich zieht, und auch ihre kleine Schwester Claire bewundert sie. Dann bricht die Katastrophe in das Idyll hinein, denn Alison wird tot aufgefunden. Und das wird von nun an nicht nur das Leben von Claire und ihren Eltern bestimmen. Als Claire, inzwischen erwachsen, in New York in ein Taxi steigt, erkennt sie in dem Fahrer einen der Männer, der unter Verdacht stand, ihre Schwester ermordet zu haben und sieht die Chance, herauszufinden, was wirklich passiert ist... Schaitkins Debüt-Roman ist kein Krimi, sondern eine vielschichtige Gesellschaftsstudie, in der es neben Trauer und Schuld auch um die Privilegien geht, die unsere Welt prägen. Richtig spannend!
Alexis Schaitkin: "Saint X", Ullstein, 24 €
Wo ist Mrs. Makellos?
Andrea Bartz ist in Brooklyn Co-Autorin des erfolgreichen Blogs "Stuff Hipsters Hate". Aber wir wetten, ihren Thriller werden selbst die lieben: Eleanor, schillernde Gründerin eines exklusiv weiblichen Co-Working-Spaces, verschwindet spurlos. All die Frauen, die sie bewundert haben, können doch nichts damit zu tun haben. Oder?
Andrea Bartz: "Perfect Woman. Was weißt du wirklich über sie?", Heyne, 10,99 €
Trump & toxische Macht
New Orleans im Hochsommer: Victor Tuchman, so reich wie skrupellos, kommt mit einem Herzinfarkt auf die Intensivstation. Sohn Gary ist der Vater so verhasst, dass er eigentlich nicht hinfahren will, und Tochter Alex fährt nur, weil der Alte ruhiggestellt ist und sie von ihrer Mutter Antworten will, wie das (Familien-)Leben so schieflaufen konnte. Dass Jami Attenberg diesen Roman explizit vor dem Hintergrund der Trump-Ära erzählt, ist kein Zufall, denn es geht um toxische Macht. Super aktuell! Und wie immer: Attenberg ist eine genaue Seziererin der Verhältnisse und Meisterin der Zwischentöne.
Jami Attenberg: "Ist alles deins!", Schöffling & Co., 24 €
Eine wahre Geschichte
Atlanta in den 80ern, eine Serie von Morden erschüttert die Stadt. Die Opfer sind alles Kinder, sie sind alle schwarz.
Tayari Jones erzählt die Geschichte, die auf einer wahren Begebenheit beruht, fiktiv aus der Perspektive von drei Schüler:innen, was die Bedrohung um so eindringlicher macht. Wir konnten nicht mehr aufhören zu lesen...
Tayari Jones: "Das Jahr, in dem wir verschwanden", Arche, im Handel ab 23.7.
Haben wir sehnsüchtig erwartet
Hier kommt endlich nach dem großartigen "Das Nest" von 2016 (wird demnächst verfilmt) das zweite Buch der amerikanischen Ex-Werbetexterin – ist genauso scharfsinnig und amüsant.
Die Story: Flora geht zu dieser Schauspieler-Party in Manhattan nur, weil sie es ihrer Freundin Margot versprochen hat. Aber dann trifft sie da Julian – und bäm! Liebe für die Ewigkeit! Bis Flora ein halbes Leben später etwas entdeckt, was alle Gewissheiten infrage stellt… Erzählt mit großer Menschenkenntnis, cleveren Rückblenden von Träumen und von Lebenslügen – und von Treue, auch der zu sich selbst, die Entscheidungen nicht unbedingt einfacher macht.
Die Autorin: Falls ihr Lust habt, Cynthia D'Aprix Sweeney live zu erleben: Beim Hamburger Literaturfestival "Harbourfront" spricht sie am Sonntag, 12.9., um 18 Uhr aus L.A. mit Laura Karasek. Andrea Sawatzki und Christian Berkel lesen aus dem Buch.
Cynthia D’Aprix Sweeney: "Unter Freunden", Klett-Cotta, 22 €, ab 24.7. im Handel
Psycho-Stalking
In Ruths Leben platzt eine Nachricht. Dass ihr verstorbener Mann Ludwig sie betrogen hat, verstört sich gar nicht so besonders. Das wusste sie längst. Aber woher weiß der Mensch hinter den anonymen Nachrichten so viel über sie? Und obwohl Ruth eine ist, die so schnell nichts unterkriegt, schleicht sich unaufhaltsam die Verunsicherung in ihr Leben. Das beschreibt Doris Knecht so präzise und beklemmend, dass sich der neue Roman der Kennerin menschlicher Abgründe fast wie ein psychologischer Thriller liest.
Doris Knecht: "Die Nachricht", Hanser Berlin, 22 €, ab 26.7. im Handel
Ein Prost auf die Frauen
Okay, "Bierkönigin von Minnesota", das klingt nach geschmückten Festwagen, einer dauerlächelnden jungen Frau, die den Menschen zuwinkt, die durstig die Straße säumen und auf Bier für alle warten. Doch genau so ist es – nicht. Sondern: eine bewegende Geschichte über Familie, Freundschaft, die Definition von Liebe und vor allem über starke Frauen, die ihr Ding durchziehen, egal, welchen Weg andere für sie vorgesehen haben. Da ist die junge Diana, die dann und wann kleine Diebereien begeht. Und da ist ihre Großmutter Edith und Tante Helen und, und, und... Auf sie alle stoßen wir jetzt mal an!
J. Ryan Stradal: "Die Bierkönigin von Minnesota", Diogenes, 14,99 €, ab 28.7. im Handel
Wer hat das alles gelesen?
Unsere Empfehlungen kommen von EMOTION-Literaturchefin Silvia Feist, unterstützt von Annalena Lüder und Marie Schümann. Noch mehr aktuelle Buchvorstellungen, auch von ihr, findet ihr im Literatur-Special "Lesen, schreiben, glücklich sein" in der neuen EMOTION. Und in ihrem sehr klugen und kenntnisreichen Podcast "Feiste Bücher" hat sie zwei unserer Bücher bereits besprochen: Malachy Tallacks "Das Tal in der Mitte der Welt" und "Ciao" von Johanna Adorján. In der nächsten Folge geht es dann um "Wie viel von diesen Hügeln ist Gold" von C Pam Zhang.
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