Urlaub machen, um zu arbeiten? Ja, das geht, und es gibt auch schon ein neues Wort dafür: WORKATION. Unsere zwei Autorinnen haben es ausprobiert.
Mit Pausen kennen sie sich aus. Die sind dafür da, sich zu erfrischen, zu entspannen und die eigenen Ressourcen zu stärken, heißt es auf der Webseite von Pausenkicker, einem Team aus drei Frauen, die ihre Talente bündeln, um anderen genau solche Pausen zu ermöglichen – mit einem Programm aus Office-Yoga, Stimm- und Gedächtnistraining. Bleibt die Frage: Wie viel Freizeit tut der Kreativität denn tatsächlich gut? Um das herauszufinden, wagten Lena Wittneben und Katrin Wulff ein Experiment: Workation – ein Mix aus "Work" und "Vacation". Ihr Ziel: Sardinien. Im Gepäck: das Konzept ihres ersten Buches, in dem es das ganzheitliche Training der Pausenkicker endlich auch zum Nachschlagen geben soll.
Während die beiden ihre Koffer packten, setzte sich die Dritte im Bunde, Sina Morcinek, lieber zuhause an den Schreibtisch. Sie ist gerade Mama geworden und kümmerte sich um die Layoutgestaltung des Buches. Ein letztes Meeting, ein letztes Briefing, dann ging es für Lena und Katrin los Richtung Süden. Sie hatten zwei Zimmer auf einem Agriturismo-Hof im Landesinneren gebucht. Der Plan: halbtags in Klausur gehen, um zu schreiben, nachmittags die Ferien genießen, um am nächsten Tag noch kreativer zu sein. Ob das geklappt hat? "Nicht immer", gestehen die beiden.
Abflug: Das Workation-Experiment kann beginnen
Katrin: "Na, das fängt ja gut an. Eigentlich wollte ich, bevor ich losfahre, mein anderes Großprojekt (aka CD-Produktion) abgeschlossen haben. Stattdessen tippe ich nun kurz vor Abflug hektisch E-Mails, fluche über nicht erreichbare Geschäftspartner und sehe mich gezwungen, gaaaaanz tief durchzuatmen, um nicht laut zu schreien. So toll es ist, gleich zwei Berufungen zu haben, der Spagat zwischen Musik und Coaching macht mir manchmal zu schaffen. Ich hetze durch meine Tage und habe trotzdem Gewissensbisse, weil es sich anfühlt, als würde ich weder dem einen noch dem anderen 100 Prozent gerecht. Zum Glück bin ich jetzt dann mal weg. Mal sehen, welche Erkenntnisse unser Workation-Experiment bringt."
Beste Freundinnen unterwegs
Katrin: "Seit fünf Jahren sind Lena und ich unzertrennlich. Nun sitzen wir bald gemeinsam in der sardischen Wildnis, um ein Buch zu schreiben und den ersten Urlaub miteinander zu verbringen. Ich schwanke zwischen Freude und einer gehörigen Portion Respekt. Grooven wir uns auch hier in schlafwandlerisch produktiv-konstruktiv-humorvoller Manier ein? Nun, aller Anfang ist schwer. Während wir uns sonst wunderbar ergänzen, haben wir in puncto Orientierungsfähigkeit beide ein katastrophales Defizit. Und so kurven wir mit unserem Mietflitzer stundenlang die Serpentinen entlang, um spät abends völlig unterzuckert in unserer Pension Li Paduleddi ganz in der Nähe des Städtchens Olbia anzukommen."
Neue Rituale auf Sardinien
Lena: "Statt meines allmorgendlichen Besuchs im Fitnessstudio starte ich den Tag hier in Slowmotion. In Seelenruhe spaziere ich auf den menschenleeren Straßen nahe unserer Berganhöhe. Ich spüre, wie gut mir die Stille, die wenigen Menschen und die 360 Grad Natur tun. Ich bin dankbar, in Katrin eine Freundin und Geschäftspartnerin zu haben, die mit ganz ähnlichen Vorlieben ihren Tag beginnt. Zu wissen und zu spüren, dass man sich vor und für die andere nicht verbiegen muss – außer vielleicht bei einer kleinen Dehnübung –, ist ein großes Geschenk.“
Dolce Vita
Lena: "Sonne haben wir en masse – das ist wunderschön. Aber ihre Strahlen verführen mich auch. Mein frommer Plan, jeden Tag ein Kapitel zu vollenden, ist bereits am zweiten Tag ad acta gelegt. Meine Konzentration läuft gen zero, und ich lasse mich dankbar ablenken – vom Duft des frischen Basilikums auf der Terrasse und den schnellen Geckos auf dem Steinboden. Ich lausche dem Gästegesabbel und den Schreien der Esel. Der Cursor auf meinem Laptop blinkt, das Kapitel will angefangen werden. Bei wackeligem WLAN recherchiere ich lieber Infos über den mondänen Küstenort Porto Cervo, wo im Sommer angeblich die A-Promis auflaufen. Und wenn ich morgen einfach das Doppelte tippe?"
Sich belohnen
Katrin: "Ach, wie schön diese Einfachheit ist. Und wie sehr ich den Tagesablauf hier liebe. Die Ruhe und Abgeschiedenheit unseres Hofes gefallen mir verdammt gut. Das hat so gar nichts mit der großstädtischen Reizüberflutung zuhause zu tun, und statt Nachrichten auf meinem Handy zu beantworten, pflanze ich mich auf die Bergspitze direkt vor der Tür und genieße mein Yoga-Workout und eine kleine Stimm-Meditation. Dann sage ich noch schnell unseren Nachbarn, den lieb gewonnenen Eseln, Hallo, bevor ein gemütliches Frühstück auf der Terrasse wartet. Nach diesem Start in den Tag fällt es mir überhaupt nicht schwer, fünf Stunden am Stück zu arbeiten. Die Einfälle purzeln unregelmäßig, aber zuverlässig aus meinem Hirn. Juhuuu! Jetzt aber los, die schönen Strände warten auf uns. Außerdem erzählt Lena von dem Örtchen Porto Cervo. Das hört sich gut an!“
Alles ist eins
Lena: "Wo hört denn nun die Freizeit auf und fängt die Arbeit an? Eine Frage, die ich mir sonst nie stelle. Denn mein Motto lautet: Arbeitszeit ist Lebenszeit. Für mich fühlt sich mein Beruf so an wie für andere ihr Hobby, weil ich darin größtenteils selbstbestimmt meine Leidenschaften ausleben kann. Aber hier auf Sardinien ist die Grenze klarer zu spüren. Meinen inneren Antreibern haben die Tage gutgetan – auch wegen der italienischen Vokabeln, die sie gelernt haben: Domani è un altro giorno. Übersetzt: Morgen ist auch noch ein Tag. Mit dieser Gelassenheit im Gepäck sage ich unserer Workation-Insel Adieu."
Locker lassen
Katrin: "Es geht zurück nach Hamburg. Und nein, wir haben unser Soll nicht erfüllt. Aber egal, dafür war das Experiment Workation irre inspirierend. Den Rest erledigen wir einfach im Homeoffice. Mir gefällt meine neue Gelassenheit. Vielleicht entspannt die ja auch meinen beruflichen Spagat."
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