"Vegan ist ungesund" heißt der YouTube-Kanal, auf dem Gordon Prox und Aljosha Muttardi mit viel Humor über den Veganismus aufklären und über 100.000 Zuschauer zu einer nachhaltigen Lebensweise inspirieren.
Sich auf eine vegane Ernährung umzustellen, ist schon längst nichts Neues mehr. Mittlerweile haben Bio-Produkte die Supermärkte erobert und pflanzliche Cafés sprießen aus jeder Ecke. Das Bewusstsein für die erschreckenden Zustände der Massentierhaltung wächst mit jeder neuen Doku. Was wie ein Megatrend wirkt, drückt sich in Zahlen jedoch nur mit 1,1% der Gesamtbevölkerung aus: In Deutschland ernähren sich rund 950.000 Menschen nach eigenen Angaben vegan (Statista, 2019).
Lies auch: Veganuary 2022 – Was die vegane Ernährung im Januar wirklich bringt (und 5 Tipps zum Start)
Warum wir noch nicht alle vegan leben? Die beiden Freunde Gordon und Aljosha wollten es wissen. Was ist mit all den anderen Skeptikern? Bei YouTube gaben sie "vegan ist…" ein und erhielten vom Such-Algorithmus an erster Stelle "vegan ist ungesund", an zweiter Stelle "vegan istanbul". Unsere Autorin Laura Melzer, hat mit Aljosha (rechts im Bild) über Humor, gute Freunde und Bewusstsein gesprochen. Alles, was man für ein "Go vegan – Survival Kit" braucht.
EMOTION SLOW: Aljosha, was unterscheidet euch von anderen veganen Influencern?
Aljosha: Ich glaube der Unterschied ist, dass wir uns selber nicht allzu ernst nehmen. Das Thema an sich ist sehr stigmatisiert und traurig, dennoch super wichtig und aktuell. Durch den ironischen Titel und die Selbstironie haben wir einen Nerv getroffen. Die Leute haben nicht das Gefühl, dass wir Ihnen einen Vorwurf machen. Damit etwas funktioniert, muss man sich immer vor Augen führen: Sei heute der Veganer, den du damals gerne getroffen hättest!
Warum nehmen euch die Leute trotzdem ernst?
Weil wir bei dem Thema ernst bleiben! Humor und Ironie muss immer gut platziert sein. Wir würden uns niemals über das System oder das Schlachten von Tieren lustig machen. Aber über Gordon kann man schon sehr gut lachen…ich meine, guckt ihn euch an... ;-)
Euer erstes Video "500 Tage vegan – eine Abrechnung!" war ein voller Erfolg. Wie kam es dazu?
Gordon kam damals im Rahmen meines Aljosha Weges auf mich zu und meinte "Lass uns mal vor die Kamera, ich bin eh dafür gemacht und dich kriegen wir auch noch hin... was soll passieren?" Der Rest ist Geschichte! Keiner von uns hat Erfahrung vor oder hinter der Kamera, keiner hat jemals was mit YouTube oder Social Media zu tun gehabt. Wir dachten uns: Einfach mal machen.
Der Aljosha-Weg?
Der "Aljosha-Weg" ist eine Phase in meinem Leben gewesen, in der ich in ein tiefes Loch der Depression und Trauer gefallen bin. Wenn man sich zum ersten Mal mit der Thematik auseinandersetzt hat man oft das Gefühl, dass einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Ich war der einzige Veganer in meinem Umfeld war und bin meist auf Unverständnis bzw. Widerstand gestoßen. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit hat bei mir dazu geführt, dass ich mich mehr und mehr isoliert habe, sehr aggressiv an meine Umwelt gegangen bin und dadurch zusätzlich für Distanz gesorgt habe. Ein Teufelskreis! Später habe ich gemerkt, dass weder den Tieren noch mir geholfen ist, wenn es mir dauerhaft schlecht geht. Im Flugzeug kommt ja auch immer die Durchsage "Im Falle eines Druckverlustes knallen Sie sich die Sauerstoffmaske zuerst auf, bevor Sie anderen helfen" ...denn niemandem ist geholfen, wenn es dir nicht gut geht!
Slow oder fast: Was glaubt ihr, wie eine Umstellung am Besten gelingt?
Das hängt ganz von der Person und dem auslösenden Trigger ab. Es gibt Menschen, die schauen sich Dominion oder Earthlings an und entscheiden sich auf der Stelle vegan zu leben. Andere, so wie auch wir, brauchen da etwas länger. Im Schnitt glaube ich aber, dass Menschen eher träge sind und unsere Gewohnheiten so tief verankert, dass es für die meisten über einen längeren Zeitraum einfacher ist. Auch wenn wir uns manchmal natürlich wünschen, dass es schneller geht.
Was braucht man, um vegan zu werden?
Gute Freunde sind unglaublich wichtig. Ein stabiles Umfeld, unseren Kanal, Mandelmus, den Willen etwas verändern zu wollen und Brokkoli! Jeder kann es schaffen, die größte Hürde ist in unseren Köpfen!
Woher kommt diese Hürde in unseren Köpfen?
Weil es uns so leicht gemacht wird, das System und was dahinter steckt auszublenden! Wir alle lieben Tiere und würden Ihnen niemals freiwillig Leid zufügen, wenn wir es nicht müssten. Konsumieren aber trotzdem völlig unbedacht unfassbar viele tierische Produkte. Es gibt große Unterschiede zwischen "Ich weiß, dass Massentierhaltung schrecklich ist" und "Ich habe die Bilder gesehen, sie verinnerlicht und will das System nicht mehr unterstützen". Man kann sehr gut verdrängen, wenn man Informationen nicht zulässt!
Daher kommen vermutlich auch die Vorurteile. Welches hört ihr am Häufigsten?
"Vegan könnte ich nicht" hat so ziemlich jeder von uns irgendwann mal in seinem Leben gesagt. Eigentlich sollte es heißen "aktuell kann ich es mir nicht vorstellen, habe keine Lust oder möchte es nicht"! Wenn man aber mal sein Gegenüber fragt: Würdest du sagen, dass dir Geschmack wichtiger ist als das Leben eines Tieres, sagen die Meisten "nein" und merken dann, dass Sie nicht im Einklang mit ihren eigenen moralischen Vorstellungen leben (wie es bei uns allen mal war).
"Aber wir haben doch schon immer Fleisch gegessen" ist insofern kein Argument, als dass wir auch schon immer gemordet, vergewaltigt und unterdrückt haben. Nur weil etwas Teil unserer Kultur oder Geschichte ist, macht es das noch lange nicht moralisch vertretbar, erst recht in Anbetracht der Tatsache, dass wir im Jahr 2019 einfach keine tierischen Produkte mehr essen müssen. Wenn es keine Notwendigkeit ist, macht es das automatisch zu einer Wahl, die wir treffen können.
Und wenn alle Menschen vegan leben würden, wie sähe die Welt dann aus?
Interessanterweise gibt es eine sehr aktuelle Studie aus Oxford dazu. Es ist erschreckend wie gut es dem Planeten tun würde! Nahezu alles würde besser werden. Die Luftqualität steigt, wir haben deutlich mehr Fläche zur Verfügung, mehr Essen und die Meere würden sich erholen!
Wo seht ihr euch in dieser Zukunftsvision?
Wir haben noch viele Formate und Ideen in Planung. Wir würden gerne mehr Kooperationen mit anderen YouTubern machen und unser Traum wäre es, wenn das TV Bock auf zwei vegane Vollidioten hätte. Wir würden ein so wichtiges Thema gerne in den Mainstream bringen, haben aber auch noch viel zu lernen und sind weit von perfekt entfernt (Gordon würde hier nicht zustimmen). Es ist immer eine Frage, wo der eigene Egoismus einem noch zu sehr im Weg steht. Bei uns standen die Themen Umwelt & Minimalismus lange nicht auf unserer Prioritätenliste, das ändert sich aber mehr und mehr! Ohne konstruktive Kritik können wir nicht lernen. Ich denke, wir alle befinden uns in einem Prozess.
Eure Message in 2 Sätzen?
Unsere Devise bleibt: Jede Veränderung in die richtige Richtung ist eine gute Veränderung. Step by step schaffen wir das und gemeinsam sind wir stark!
Jeden Donnerstag erscheint eine neue Folge von "Vegan ist ungesund" auf YouTube und auf Facebook.