Alkoholfreie Drinks werden immer gefragter, Drink-Pioniere immer kreativer. Nichttrinker finden mittlerweile viele Alternativen für Getränke ohne Alkohol.
Alkoholfreie Drinks: warum alternative Getränke boomen
Was, wenn wir aus welchen Gründen auch immer im Restaurant mal keinen Alkohol trinken möchten? Gäbe es eine ernst zu nehmende Alternative? Wasser, mit oder ohne Kohlensäure. Saftvariationen. Fahrerbier. Wenig berauschend! Alles mit zu viel Säure und zu viel Süße.
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Wer gesund lebt, verzichtet lieber auf Alkohol
Jeder Deutsche trinkt statistisch im Schnitt 133 Liter Alkohol pro Jahr – im Ländervergleich eher hoch, doch die Tendenz ist rückläufig. Bei vielen passt Alkohol nicht mehr zum Lebensstil: Weil sie meditieren und Yoga üben, weil sie keinen Rausch mehr ausschlafen wollen oder weil ihnen das zweite Glas Wein auf den Magen schlägt. Außerhalb der Mindfulness-Szene ist Alkohol aber noch gesellschaftlich verankert. SLOW-Autorin Susanne Kaloff schreibt über ihre Alkoholabstinenz in ihrem Buch "Nüchtern betrachtet war’s betrunken nicht so berauschend", dass sie als Nichtmittrinkerin nicht nur wenig Alternativen fand, sondern auch, dass sie nicht mehr auf alle Partys eingeladen wurde. In US-Großstädten gibt es längst unter den Schlagworten "Booze-free", "Sober" und "Sober Curious" Partys sowie alkoholfreie Klubs. Es geht dabei nicht nur darum, für immer nichts mehr zu trinken, weil man ein Problem damit hat, sondern eher zu testen: Wie fühlt es sich mal ohne an? Und welche kreativen Alternativen gibt es?
Bei vielen passt Alkohol nicht mehr zum Lebensstil: Weil sie meditieren und Yoga üben, weil sie keinen Rausch mehr ausschlafen wollen oder weil ihnen das zweite Glas Wein auf den Magen schlägt.
Christine Dohler, AutorinTweet
Mehr als Wasser und Saft: alkoholfreie Alternativen
Zum Glück erfinden Drink-Pioniere gerade solche Getränke, die ein Essen mit genau abgestimmten Aromen aufwerten, die in hübschen Gläsern bunt wie ein Cocktail serviert werden und auf Instagram eine genauso gute Figur machen wie Smoothie-Bowls. Also, Radicchiowasser und Mandel-Zitronenöl oder Zwiebelbier. Beides steht auf der Karte des Berliner Restaurants Horváth. Koch Sebastian Frank hat aus der alkoholfreien Getränkebegleitung ein Herzensprojekt gemacht, nachdem seine schwangere Frau vergebens nach Alternativen suchte. „Wir haben Getränke auf Gemüsesaftbasis entwickelt, die genau auf das Menü abgestimmt sind und frisch in der Küche zubereitet werden“, erklärt er.
Er macht alles selbst, weil es bisher so gut wie keine entsprechenden Getränke im Handel zu kaufen gibt und alkoholfreier Wein, Bier und Prosecco für ihn nicht zählen, weil es ihm nicht um einen Ersatz des Bekannten geht. Frank arbeitet nach einer eigenen Wissenschaft mit Teeauszügen, hausgemachten Gemüsesäften, hochwertigen Ölen und Reduktionen. "Viele der Getränke sind klar. Süße Obstsäfte wären viel zu mächtig, das ist wie eine zweite Mahlzeit, wenn man ein Glas zu jedem Gang reicht." Etwa 20 Prozent der Gäste nutzen das Angebot, oft in Kombination mit ein paar Gläsern Wein. Die Preise der alkoholfreien Alternativen sind immer gleich zu den Weinen. "Schließlich stellen wir alle Getränke selbst her."
Über den Glasrand: Weg von der "Gesellschaftsdroge Alkohol"
Die Alkoholfrei-Alternativen-Aktivistin Nicole Klauß hat es sich zur Aufgabe gemacht, dass das Restaurant Horváth kein Einzelfall bleibt. Sie berät Gastronomen, wie sie auch ohne Alkohol ihre Gäste glücklich machen und dennoch genauso viel Geld einnehmen. Wenn sie die Karten in den meisten Lokalen sieht, schenkt sie den Wirten verbal ein: "Saftschorlen und Wasser sind Kindergetränke!" Sie will der "Gesellschaftsdroge Alkohol" etwas entgegensetzen und füllte ein ganzes Buch ("Die neue Trinkkultur") mit neuen Ideen. Dabei geht es ihr nicht darum, Alkohol zu verteufeln.
Sie setzt sich nur dafür ein, über den Glasrand zu schauen. Man nehme zum Curry ein Wasser, in dem drei bis vier Stunden lang Koriander zog. Zum Käse passe perfekt warmer Walnussblättertee, dann schmilzt er besser im Mund. Was für den breiten Wandel fehle, sei die Akzeptanz: "Ein Wassersommelier wird von Biertrinkern belächelt." Zu sehr gehöre der Alkohol zum Kulturgut. "Je weiter man in den Norden kommt, desto leichter wird es. In Italien oder Spanien werde ich als Beraterin nur abgewimmelt", sagt sie. "Aber wenn ein Koch einen Stern hält, sollte er sich Gedanken machen, dass seine nicht trinkenden Gäste nicht auf dem Trockenen sitzen." Darauf ein Salbei-Lavendel-Wasser.
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