Lee Crutchley glaubt nicht daran, dass Ratgeber glücklich machen können. Sein Mitmach-Kritzelbuch für Erwachsene hat deshalb nur den Anspruch, weniger traurig zu machen. Wir haben es ausprobiert.
Er ist nicht der Erste mit der Idee, ein Kritzelbuch zu veröffentlichen. Nicht mehr nur in der Kinderecke des Buchladens stapeln sich derzeit Mitmach-, Mal- oder Tagebücher à la "Mach dieses Buch fertig". Doch etwas an diesem Buch hier ist anders. Ich glaube, es ist der Anspruch, der schon auf dem Titel oder spätestens im Vorwort zum Ausdruck kommt. Das Buch will offenbar weder Kreativität wecken, noch entspannen, noch unterhalten. Die Frage ist: Was will es dann?
Wenn es aus der klassischen Ratgeberecke stammen würde, würde es vermutlich "Dieses Buch macht glücklich" heißen. Tut es aber nicht. Es kommt bescheiden daher und will bloß "weniger traurig" machen. Ein Ziel, das genau betrachtet doch viel realistischer klingt.
Das liegt daran, dass sein Autor Selbsthilfebücher, die versprechen glücklich zu machen oder gar das Leben zu ändern, für Unsinn hält. Aber im Kleinen zu erkennen, zu erinnern und in Wort oder Bild festzuhalten, was glücklicher macht – das funktioniert, behauptet er. Schließlich macht er es selbst so, wenn er sich mal wieder in der Abwärtsspirale befindet.
Was das Buch bietet
Kleine Aufgaben, die traurigen und weniger traurigen Menschen helfen sollen, sich mit sich selbst besser zu fühlen. Der Autor regt zum Ausprobieren an und gibt explizit keine Garantie, dass seine Übungen bei jedem zum Erfolg führen. Das muss und soll der Mitmach-Leser individuell von Aufgabe zu Aufgabe für sich selbst entdecken.
Was das Buch lesenswert macht
Jede Seite, jede neue Aufgabe ist eine Überraschung, stellt eine neue Herausforderung dar. Die meisten Übungen machen – einmal darauf eingelassen – Spaß. Manche sind absichtlich unangenehm oder nicht so leicht zu erledigen, führen aber letztlich doch zu einem besseren Gefühl. Immer wieder musste ich lachen – über die Aufgaben selbst, bestimmte Formulierungen oder auch meine stümperhafte (künstlerische) Umsetzung. Das allein macht doch schon etwas weniger traurig: Ziel erreicht!
Wer das Buch lesen sollte
Menschen, die oft traurig sind, in einer Depression zu versinken drohen oder aber auch nur ein klein wenig glücklicher werden wollen. Auch jeder, der sich selbst etwas besser kennenlernen, sich auf kreative Weise entdecken und etwas mehr das eigene Denken, Fühlen und Handeln reflektieren möchte, wird mit diesem Mitmachbuch viel Spaß haben.
Über Lee Crutchley
Er war traurig, depressiv und hoffnungslos. Und er hat intensiv über seine Traurigkeit nachgedacht und einen Grund für sie gefunden: den verbitterten Wunsch, glücklich zu sein. Er gab diesen Anspruch auf und versuchte stattdessen, einfach ein bisschen weniger unglücklich zu sein. Es funktionierte. Mit kleinen Übungen, die sein Unglück etwas verringern sollten, wurde er tatsächlich ein glücklicherer Mensch und schaffte es, sich aus seiner Depression zu befreien.
Lee Crutchley ist anders als die meisten seiner Ratgeber schreibenden Autorenkollegen. Er ist kein (selbsternannter) Experte, weder Mediziner noch Psychologe, sondern einzig und allein ein junger kreativer und phantasievoller Illustrator, der eben manchmal sehr traurig ist. Gerade das macht ihn und sein Buch, das aus eigener Erfahrung schöpft, so besonders.