Manchmal scheint es wie verhext und das Leben wirft uns immer wieder dieselben Probleme vor die Füße. Warum ist das so – und wie können wir den Kreis durchbrechen?
Immer wieder die gleichen Probleme
"Das Leben ist kein Wunschkonzert" ist eigentlich blöder Erwachsenen-Spruch, den ich als Kind gehasst habe, aber der mir heute ironischerweise immer noch in den Kopf schleicht, wenn etwas nicht nach meinen Vorstellungen klappt. Wenn mir das Leben etwas zu servieren scheint, das mir so gar nicht passt – manchmal sogar immer wieder aufs Neue. Kennt ihr das noch von früher, wenn eine CD einen Sprung hatte und man sich dieselbe Stelle im Lied immer und immer wieder anhören musste? Ja, so ungefähr meine ich das. Wenn ich mich so in meinem Umfeld umblicke, scheint auch das Leben vieler anderer manchmal einen solchen Sprung zu haben. Ich denke da an eine Bekannte, die sich immer noch von einem unglücklichen Job in den nächsten stürzt oder an die Freundin, die immer die falschen Männer datet. Sind das einfach immer nur unglückliche Zufälle oder wie kann es sein, dass wir immer wieder auf dieselben Probleme stoßen?
Denn eigentlich könnte man ja annehmen: Wer einen blöden Fehler macht, lernt daraus und macht ihn im besten Fall nie wieder. Wer einmal in einer toxischen Beziehung war, sollte die Warnsignale doch eigentlich kennen und nicht wieder in dieselbe Falle tappen. Aber trotzdem passiert es Menschen immer wieder, dass sie sich in denselben Situationen wiederfinden, die sie schon einmal durchlebt haben. Sind sie dann selbst daran Schuld und wissen es einfach nicht besser? Albert Einstein hat einmal gesagt, die Definition von Wahnsinn sei, das Gleiche immer und immer wieder zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten. Das klingt ein bisschen ernüchternd, aber ergibt Sinn. Ein bisschen komplexer ist die Sache dann aber doch.
Wir verdrängen Probleme
Beziehungen sind das klassische Beispiel für sich immer wiederholende Probleme: Beginnen wir eine neue Partnerschaft, sind wir meist davon überzeugt: "Dieses Mal wird alles besser". Auf die rosarote Anfangsphase folgt dann aber schnell Ernüchterung: Es tauchen doch wieder dieselben Konflikte, dieselben Streitthemen, dieselben Zweifel auf wie in der vorherigen Beziehung. Eine Studie der Psychologen Matthew D. Johnson von der University of Alberta und Franz Neyer von der Friedrich-Schiller-Universität hat genau dieses Beziehungsphänomen bestätigt.
Johnson und Neyer haben sich die Frage gestellt: "Unterscheidet sich eine neue Beziehung von der vorherigen?". Ihre Antwort auf diese Frage war ziemlich eindeutig. "Meistens nein", schlussfolgerten die Wissenschaftler aus den Ergebnissen ihrer Langzeiterhebung mit insgesamt 500 deutschen Proband:innen. Wir tendieren also dazu, unsere verinnerlichten Gewohnheiten und Dynamiken aus vergangenen Beziehungen mit in unsere neuen Partnerschaften zu nehmen, sodass früher oder später wieder dieselben Probleme auftauchen. Um solche Wiederholungen zu verhindern, erfordert es einiges an Arbeit: Wir müssen uns genug Zeit geben, die alte Beziehung aufzuarbeiten und uns aufrichtig zu fragen: Was genau lief da eigentlich schief? Wie habe ich persönlich zu den Problemen beigetragen? Was kann ich beim nächsten Mal besser machen?
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Meistens stellen wir uns solche Fragen gar nicht, weil wir die Fehler nicht bei uns, sondern beim Ex-Partner oder der Ex-Partnerin sehen wollen. Dann verdrängen wir die Probleme aber und schieben sie im Prinzip nur auf, bis sie in der neuen Partnerschaft früher oder später wieder auftauchen: "Neue Liebe beginnt mit grenzenlosem Potenzial – bis uns die Realität zurück auf den Boden der Tatsachen holt", schreiben die beiden Studienautoren. Inwiefern sich diese Erkenntnisse auch auf andere Lebenssituationen wie etwa Jobs und Freundschaften übertragen lässt, hat die Studie nicht untersucht. Grundsätzlich ist es aber vermutlich immer sinnvoll, sich kritisch mit dem Kern eine Problems auseinanderzusetzen und nicht einfach nur darauf zu hoffen, dass es beim nächsten Mal "halt besser" wird – häufig wird es das nämlich eben nicht. Wir können noch so oft vor dem Problem flüchten und den Job, den Partner/die Partnerin oder den Wohnort wechseln und trotzdem immer wieder mit denselben Problemen konfrontiert werden – die eigentliche Ursache wird uns immer wieder einholen.
Wir haben Angst vor Neuem
Menschen sind Gewohnheitstiere und finden häufig Trost in dem, was sie schon kennen. Alles, was in der eigenen Komfortzone liegt, fühlt sich zunächst gut und bequem an. Und deswegen orientieren wir uns auch in neuen Lebenssituationen häufig an dem, was uns bereits vertraut ist: wir suchen uns Partner:innen, die unseren vorherigen ähneln, wir suchen uns Jobs, in denen wir das tun können, was wir bereits können, wir suchen uns Freund:innen, die uns selbst ein bisschen ähnlich sind. Alles was, unbekannt und neu ist, macht uns erst einmal Angst, dabei wissen wir insgeheim vielleicht sogar, dass wir uns unser Glück auf der anderen Seite der Angst finden würden. Vielleicht sehnen wir uns insgeheim nach einem ganz anderen Job, trauen uns aber nicht, die richtigen Schritte in die Richtung zu unternehmen, weil uns dafür erst einmal unseren Ängste stellen müssten. Wir resignieren also, drehen uns weiter im Kreis und stoßen dadurch in unserem jetzigen Job immer wieder auf dieselben Unzufriedenheiten. Es kann sich also mehr als lohnen, das eigene Schneckenhaus zu verlassen und seine Ängste zu überwinden, um alte Probleme hinter sich zu lassen. Lesetipp: Angst bekämpfen – Stell dich deiner Furcht!
Wir leben zu passiv
Viele Menschen leben heutzutage fremdgesteuert, reagieren und funktionieren im Alltag nur noch und lassen das Leben einfach so um sich herum "passieren". Auch das mag sehr bequem sein, denn wir überlassen dabei anderen die Entscheidungen und müssen das Ruder nicht selbst in die Hand nehmen, lassen uns einfach treiben. Dann ist es aber auch leicht, die Schuld für die eigenen Probleme von sich zu weisen und auf das Leben oder auf andere Menschen zu schieben. Vielleicht ruhen wir uns manchmal zu sehr auf diesem Gedanken, dass wir selbst nicht für die eigenen Probleme verantwortlich sind, aus und sprechen uns die eigene Handlungsmacht ab.
In der Psychologie ist in diesem Kontext meist von einer "Opferrolle" die Rede, die viele Menschen gerne einnehmen – sich selbst als Opfer der eigenen Umstände zu sehen ist in der Regel viel einfacher, als die Verantwortung dafür bei sich selbst zu sehen. Wer sich zum Beispiel mit Sätzen wie "Wieso passiert das immer mir?" über wiederkehrende Probleme wie toxische Beziehungen oder Freundschaften beklagt, stellt sich selbst vielleicht nicht die Frage: Inwiefern lasse ich es zu, immer wieder in toxischen Beziehungen zu landen? Worin liegt dabei mein Anteil? Seine eigene Selbstwirksamkeit zu erkennen, kann ein wichtiger Schritt dabei sein, wiederkehrende Probleme rechtzeitig zu erkennen und dagegenzusteuern.
Wir denken vor allem in Problemen
Einer Studie des American Science Institutes zufolge haben wir durchschnittlich 65.000 Gedanken pro Tag und ungefähr 80% dieser Gedanken hatten wir bereits am Vortag. Wir kreisen in unseren Köpfen also unbewusst immer wieder um dieselben Themen. Und sind wir mal ehrlich: Die meisten Menschen hängen sich eher immer wieder an denselben Vorwürfen und Problemen auf, anstatt sich über mögliche Lösungen Gedanken zu machen. Wir haben uns auf bestimmte Gedankenmuster festgefahren, denen es gar nicht so leicht ist, zu entkommen.
Das Problem daran ist, dass unsere Gedanken meist auch direkten Einfluss auf unsere Realität haben, weil wir sie so unbewusst verinnerlicht haben, dass wir unser ganzes Handeln danach ausrichten. Um bei einem Beziehungsbeispiel zu bleiben: Wer in Partnerschaften immer wieder denkt: "Mein:e Partner:in liebt mich gar nicht" wird in Wahrheit wahrscheinlich auch gar nicht zulassen, von ihm/ihr geliebt zu werden und wird dadurch im schlimmsten Fall auch noch verlassen – vermutlich auch in darauffolgenden Beziehungen. Was hilft? Problematische Gedankenmuster erkennen und hinterfragen, bevor sie sich bewahrheiten. Dabei können die vier Fragen der "The Work"-Methode von Autorin Byron Katie helfen: 1. Ist das wahr? 2. Kannst du mit absoluter Sicherheit wissen, dass das wahr ist? 3. Wie reagierst du (was passiert in dir), wenn du diesen Gedanken glaubst? 4. Wer wärst du ohne den Gedanken? Dabei stellt man häufig fest, dass sich unser Kopf manche Probleme einfach nur ausdenkt.
Fazit: So können wir den Teufelskreis durchbrechen
Dass bestimmte Probleme in unserem Leben immer wieder auftauchen, kann zu einem Großteil daran liegen, dass wir selbst immer wieder in denselben Gedanken, Verhaltensmustern und Routinen feststecken. Und diese wiederum hindern uns daran, aus unserem Teufelskreis der Probleme auszubrechen. Es hilft also, seine inneren Einstellungen und Gedanken auf den Prüfstand zu stellen und sich aufrichtig zu fragen:
- Inwiefern lasse ich es zu, dass sich Dinge immer wieder wiederholen?
- Wo kann ich selbst Verantwortung für meine Probleme übernehmen?
- Welche Ängste sorgen vielleicht dafür, dass immer wieder dieselben Szenarien eintreten?
Es geht aber auch nicht darum, die Schuld für jedes Problem im Leben bei sich zu sehen. Natürlich gibt's auch Dinge im Leben, die einfach äußeren Umständen geschuldet sind und die nicht in unserer Macht stehen. Vom Wunschkonzert dürfen wir aber trotzdem träumen.
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