Dinge im Leben ändern? Kann er. Und alle, die unseren Kolumnisten kennen, wissen, es war nicht immer freiwillig, denn manchmal will das Leben was anderes als wir. Oft genug liegt es aber auch an unserem inneren Weiterweiterweiter ... nur wohin?
Es ist ein kleines Häuschen am Hang, und wenn man es ganz genau nimmt, nicht einmal das, es ist so ein amerikanischer Container, den sie Mobile Home nennen, obwohl er weder mobil ist noch ein Zuhause. Aber dieser hier steht in einem Olivenhain auf einer griechischen Insel mit endlosem Blick über das Meer. Ich träume von diesem Haus, seitdem ich es zum ersten Mal gesehen habe. Das muss gewesen sein, noch bevor ich in die Schule gekommen bin, und von diesem Moment an ist es in meinem Kopf die Vorstellung davon, angekommen zu sein. Seitdem sind vier Jahrzehnte vergangen, in denen ich viel Zeit verbracht habe, vieles zu werden, und sehr wenig Zeit damit, etwas zu sein. Ich habe dieses Haus nie betreten.
Es steht da, wie jedes Jahr, an der kleinen, irgendwann notdürftig geteerten Straße zwischen zwei Dörfern. Es hat sich kaum verändert. Das Gelb der Wände ist in der Sonne verblasst, und irgendwann hat der Besitzer eine Terrasse vor das Haus gebaut. Anders als früher parkt heute manchmal ein zweites Auto unter den Bäumen an der Straße, was mich glauben lässt, wer auch immer hier wohnt, bekommt inzwischen Besuch von erwachsenen Kindern. Die Dinge verändern sich langsam, und täten sie es nicht, wäre trotzdem alles schon immer gut.
Es ist meine Vorstellung von Glück: die warme Sonne und der weite Blick von oben über das Meer. In der Mittagshitze zirpen die Grillen so laut, dass man seine eigenen Gedanken nicht versteht, und der warme Wind auf der Haut fühlt sich an wie die sanfte Berührung einer Hand. Ich steige nicht aus dem Auto, ich lasse nur die Fenster ganz herunter, um zu hören und zu riechen und vielleicht das Salz in der Luft zu schmecken. Ich halte immer nur kurz an auf dem Weg zurück vom Strand, ich habe nichts verloren hier in dem fremden Hain. Mein Ziel ist ganz woanders, und immer wenn ich denke, ich erreiche es, bewegt es sich plötzlich weiter, und ich laufe weiter hinterher. Wenn ich auf dieses winzige, stolze Haus sehe, das hier allein über dem Meer thront, dann fällt mir auf, dass ich bei fast allem schon seit Jahrzehnten weiß, wie es sein müsste: was gut ist und was nicht, was die Wahrheit ist und wofür es sich zu leben lohnt. Und seitdem ist alles nur komplizierter geworden.
Die Wahrheit ist, dass ich seit Jahrzehnten mich und an- dere damit terrorisiere, mich um die Dinge zu kümmern, die besser sein könnten. Alles geht immer noch besser, und für alle gilt immer der Satz: Du musst dein Leben ändern! Und morgen noch mal!
Ich öffne die Autotür einen Spalt weit und setze einen Fuß nach draußen, um sehr sorgfältig meine Zigarette auf dem heißen Teer auszutreten, wegen der Feuergefahr im Sommer. Und ich denke an den Funken, den ich jedes Mal mitnehme, wenn ich den Umweg mache über den Hügel, um das Haus zu sehen, in dem alles gut ist, den einzigen Ort der Welt, wo alles bleiben soll, wie es immer schon war. Damit ich irgendwann dazukommen kann.