Nachdem es einmal weg war, hat sich unser Kolumnist das oft gefragt. Heute ist ihm zumindest eines klar: Gibt’s nicht ohne Vertrauen. Ziemlich gemein, denn das war auch weg. Aber jetzt funkelt ein Silberstreif am Horizont. Wir drücken die Daumen
Man könnte es verloren nennen. Jedenfalls weiß ich nicht, wo ich bin, und ich bin ein Mann, also kann ich auch nicht nachfragen. Ich habe eine Wegbeschreibung, aber die deckt sich irgendwie nicht mit den Realitäten hier, und ich habe eine Karten-App auf meinem Handy, die mir aber nur bedingt hilft, weil ich ein bestimmtes Haus suche, von
dem ich leider die Nummer nicht weiß, sondern nur, wo es stehen soll in diesem Gewirr aus Gassen und Passagen mit Hinterhöfen, aber da steht es nicht. Ich muss irgendetwas in der Beschreibung falsch verstanden haben oder falsch aufgeschrieben oder sie war tatsächlich falsch, und das Internet hat so eine Art, immer dann, wenn es ernst wird, keine Verantwortung zu übernehmen. Ich habe große Probleme damit, mich auf Menschen verlassen zu müssen, insofern ist es ein Segen für mich, dass ich durch diesen kleinen Computer in meiner Tasche mit der Welt verbunden bin. Nur leider ist es nicht die richtige Welt.
Es stehen ein paar Dinge an für den Rest dieses Jahres, und das größte und wichtigste und schwierigste wird sein, mich einzulassen darauf, dass ich nicht alles alleine kann. Ich muss nach dem Weg fragen, jedenfalls manchmal, ob ich das mag oder nicht. Jemand Kluges hat mir einmal gesagt, man muss im Leben drei Dinge wissen – „die drei Säulen“, hat er es genannt –, nämlich wo man lebt, wen man liebt, und wie man seinen Lebensunterhalt fristet, und es müssen zu jeder Zeit zwei davon stehen, während man mit der dritten spielt. Wenn zwei wackeln, wird es zu anstrengend, wenn alle drei sich nicht rühren, zu langweilig. Ich glaube das, aber wenn man es sich ansieht, haben alle drei Säulen immer mit Menschen zu tun, und was er nicht dazu gesagt hat: Andere Menschen bergen immer die Gefahr, zu enttäuschen. Eine Säule steht immer nur so fest, wie man vertrauen kann.
Die Lösung ist am Ende einfach: Das Haus steht doch da, wo es beschrieben wurde, nur der Eingang ist um die Ecke in einer anderen Straße, und ein Haus ohne Eingang und Fenster an dieser Seite ist erst mal nur eine Wand, deshalb hat es mich verwirrt. Mir leuchtet auch nicht ein, warum man die Lage seines Hauses so beschreibt, dass Besucher in den Hinterhof gehen, aber gut. Vorne ist ein Eingang mit einer Klingel und einem Namen, und ich werde erwartet, und das ist großartig: Ein Ort, an dem die Idee von einem schon ist, bevor man ankommt.
Vielleicht sollte ich es so sehen: In diesem Herbst wird die Frau, die ich liebe, mit mir zusammenziehen. Ich werde einen neuen Job anfangen. Und es wird einfach alles anders werden, als es in den letzten Jahren war. Ich weiß nicht wie, es sind nur Erwartungen und ein paar Ängste und Sorgen, aber vor allem Freude auf diesen Ort in der Zukunft.
Ich bin ein bisschen verloren, und ich werde mich auf an-dere verlassen müssen, aber ich werde die nötigen Tü-
ren schon irgendwie finden, glaube ich. Oder irgendetwas anderes. Denn so ist es in der realen Welt.