Ob im Berufs- oder Privatleben: Wer auf perfekte Ergebnisse hofft, wird laufend enttäuscht. Mit weniger Erwartungen lebst du entspannter und nicht einmal schlechter. Hier zehn Praxis-Tipps gegen unnötigen Perfektionismus.
Was ist schon perfekt?
Wieso gelingt im Leben fast nichts perfekt? Du rackerst dich im Job ab, aber dann rutscht dir doch wieder ein Fehler durch oder ein Projekt geht komplett schief. Du bemühst dich in deiner Beziehung und Familie, alles richtig zu machen. Aber es findet sich garantiert jemand, der trotzdem etwas zu meckern hat. Du fängst endlich wieder mit ein bisschen Fitness an und musst nach einiger Zeit feststellen, dass du sogar zugenommen hast.
Nobody's perfect – reicht aber trotzdem!
Ständig wird unser Perfektionismus enttäuscht, nichts läuft wie erwartet. "Ich habe einen ganz einfachen Geschmack", kannst du zwar Oscar Wilde zitieren. "Ich bin immer mit dem Besten zufrieden." Nur wie lange, wenn das Beste nie eintritt? Noch mehr anstrengen, das hat du schon gemerkt, bringt dich nicht viel weiter. Der Ausweg heißt: Weniger Perfektion erwarten, pragmatischer herangehen. Diese zehn Praxis-Tipps helfen dabei.
Wer so richtig scheitern will, nimmt sich am besten vor, alles perfekt zu machen. Dann wird im Job nichts je fertig, kein Partner ist gut genug, und sogar der schönste Urlaub stresst noch.
Attila Albert, Coach und BuchautorTweet
10 Tipps gegen überzogene Erwartungen
Attila Albert hat für uns zehn Praxis-Tipps aufgelistet, die dir dabei helfen, dich vom Perfektionismus zu verabschieden und endlich entspannter zu leben. Sein neues Buch "Perfektionismus ist ein Arschloch" enthält Strategien für sieben Perfektionist:innen-Typen.
Tipp 1: Erwarte gar nicht, alles perfekt zu schaffen
Es ist unmöglich, jede Aufgabe perfekt zu erledigen. Entscheide deshalb immer, wo das überhaupt notwendig ist. Für kurzlebige Standardaufgaben im Berufs- und Privatleben genügt fast immer ein solides, durchschnittlich gutes Ergebnis, auch wenn du es theoretisch immer noch verbessern könntest. Durch den Verzicht darauf verschaffst du dir Zeit und Energie, um langfristig bedeutsame Aufgaben tatsächlich möglichst perfekt zu erledigen.
Tipp 2: Entscheide dich für Minimal-Kriterien
Lege dir für jede Aufgabe konkrete Kriterien fest, ab wann das Ergebnis gut genug wäre, wenn auch nicht perfekt. Meist bedeutet das: Du hast etwas in der Hand, mit dem man im Normalfall ordentlich arbeiten kann (z. B. eine vollständige und korrekte Präsentation, auch wenn es bessere Bilder gäbe und du nur zweimal gegengelesen hast). Hast du später unerwartet Zeit, kannst du immer noch eine aktualisierte, verbesserte Version anbieten.
Tipp 3: Streiche regelmäßig Projekte
Bei den meisten Arbeitgeber:innen hat es sich eingeschlichen, an die Mitarbeiter immer neue Aufgaben zu verteilen, die "nebenbei" erledigt werden sollen. Kurzzeitig geht das. Auf Dauer summieren sich die Projekte und Aufgaben, die dich überlasten. Auch privat nimmst du dir vielleicht ständig nur mehr vor. Überlege deshalb auch regelmäßig, welche Projekte du ersatzlos streichen könntest – im Job eventuell im Rahmen eines Team-Workshops.
Tipp 4: Prioritäten statt To-do-Listen
Klassische Aufgabenlisten ("To-do-Listen") stressen schnell zusätzlich, weil du niemals alles davon erledigen kannst. Besser ist es, sie als Prioritätenlisten anzulegen: Was oben steht, ist wichtig. Diese Aufgaben sind entscheidend, auf diese konzentrierst du dich. Je weiter unten, desto unwichtiger. Was dort steht, kannst du gelassen angehen. Das meiste davon wird nie erledigt werden, verliert von selbst seine Bedeutung oder bleibt nur eine Idee.
Tipp 5: Lass ein Drittel deines Kalenders frei
Wer seine Zeit effektiv nutzen will, plant oft die ganze Woche durch. Besser ist es aber, im Kalender tagsüber immer mindestens ein Drittel frei zu lassen. Das verschafft dir Puffer für unvorhersehbare Ereignisse (z. B. kurzfristiger Termin beim Chef, Kind muss zum Arzt, Stau). Wichtig sind vor allem mindestens 30 freie Minuten zwischen Terminen. So sorgt eine Verspätung nicht sofort für die nächste, und du kannst auch mal etwas spontan erledigen.
Tipp 6: Sag unerwünschte Termine ab
In Firmen ist es oft üblich, dass andere dir ungefragt Termine in den Kalender stellen, wenn sie etwas besprechen wollen. Im Privatbereich sind es oft Verwandte oder Freunde, die sich ständig selbst einladen. Versuche gar erst nicht, alle glücklich zu machen und keinem zu widersprechen. Behalte dir vor, unerwünschte Termine zu verschieben oder ganz abzusagen. Vieles erledigt auch bereits ein kurzer spontaner Telefonanruf.
Tipp 7: Entscheide dich für wichtige Kontakte
Wenn du dich von zu vielen privaten Verpflichtungen erdrückt fühlen, gehe gedanklich deine Verwandten und Freunde durch, eventuell auch mithilfe deines Telefonverzeichnisses. Wähle aus, welchen drei bis fünf Personen du die meiste Zeit und Aufmerksamkeit widmen willst, welche drei bis fünf Personen regelmäßig sehen und welche nur gelegentlich oder gar nicht mehr. Plane deine Verabredungen oder Freizeitaktivitäten zukünftig in dieser Rangfolge.
Tipp 8: Lass motivierende Ich-Botschaften wirken
Lässt dich der Perfektionismus oft an dir zweifeln, schreibe dir eine ermutigende, aufbauende Ich-Botschaft auf einen Zettel. Zum Beispiel: "Ich bin viel stärker, als ich oft selbst glaube" oder "Ich muss keine Angst haben, ich kann alles schaffen". Lies sie dir mehrmals täglich durch, vor allem vor stressigen Situationen (z. B. schwieriges Meeting). Das stärkt auf Dauer dein positives Selbstbild, wirkt beruhigend und senkt deinen Stress.
Tipp 9: Übe, spontaner als bisher zu sein
Übe im Alltag, die Dinge ein wenig lockerer und spontaner anzugehen. Deine Freizeit ist bisher perfekt durchgeplant? Halten du dir ab sofort einen Abend frei, an dem du einfach mal schaust, worauf du Lust hast und wie es sich entwickelt. Organisierst du bisher jeden Urlaub vor? Buche einmal nur Anfang und Ende der Reise und fahren ein paar Tage spontan herum. Damit trainierst ohne größeres Risiko deinen Pragmatismus.
Tipp 10: Erwarte mehr von anderen
Gewöhne dir an, anstehende Aufgaben gemeinsam mit denen zu erledigen, die auch davon profitieren. Wenn du zu Hause z. B. bisher immer die Wäsche erledigst, weil sich dein:e Partner:in "damit nicht so auskennt" – lass ihn trotzdem mal machen. Bei Urlauben können auch Kinder etwas beisteuern, etwa beim Kochen oder Aufräumen helfen. Das stärkt euren Zusammenhalt und befreit dich davon, immer allein für alles verantwortlich zu sein.
Mehr zum Thema liest du in Attila Alberts Buch "Perfektionismus ist ein Arschloch" (192 Seiten, 16,99 Euro), erschienen bei Gräfe und Unzer. Darum geht's: "Perfektionismus verunsichert, blockiert und zieht runter. Du bekommst nichts erledigt, ärgerst dich über den kleinsten Fehler und stresst dich völlig unnötig. Doch damit ist jetzt Schluss! Attila Albert zeigt dir höchst humorvoll den Ausweg aus der Perfektionismus-Falle – mit Beispielen und lebensnahen Tipps aus seiner Coaching-Praxis."
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