02.01.2020
Sabine Rodenbäck
Du kannst dir keine Namen merken? Damit es nicht zu unangenehmen Situationen kommt, gibt Hirnforscher Dr. Boris Nikolai Konrad Tipps, wie wir unser Gedächtnis trainieren können.
Namen merken: So trainieren wir unser Gedächtnis
Wie hieß noch mal die Kollegin aus der Perso? Und die neue Freundin des Nachbarn? Wir hören beim Vorstellen vielleicht kurz nicht so genau hin und schon haben wir den Namen unseres Gegenübers wieder vergessen. Wir haben Hirnforscher und Gedächtnistrainer Dr. Boris Nikolai Konrad gefragt, wie wir uns Namen besser merken können. Konrad hat den Weltrekord im Namen merken aufgestellt und kann sich 201 Namen in 15 Minuten merken.
Im Interview: Hirnforscher und Gedächtnistrainer Dr. Boris Nikolai Konrad
Warum können wir uns Namen so schlecht merken?
Wenn wir nüchtern betrachten, was beim Namen merken geleistet wird, ist es so:
Wir assoziieren ein komplett beliebiges Wort, oft sogar eigentlich nur einen Klang, wenn wir diesen Namen noch nie gehört haben, mit einem visuellen Eindruck, dem Aussehen der Person. Um zu lernen, dass der Baum eben "Baum" heißt, haben wir im Kleinkindalter viele Wiederholungen benötigt, das Wort immer wieder gehört
und es dann irgendwann behalten.
Wenn wir im Alltag neuen Menschen vorgestellt werden, wollen wir jedoch, dass wir gleich beim ersten Treffen deren Namen behalten. In der Tat eine sehr schwierige Aufgabe!
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Zumal die Namen heutzutage nichts mehr bedeuten. Früher wurde der Bäcker eben "Bäcker" genannt. Heute ist Herr Bäcker jemand, der irgendwann mal einen Vorfahren mit diesem Beruf hatte, aber selbst mit größter Wahrscheinlichkeit nichts damit zu tun hat.
Als Neurowissenschaftler kann ich es auch so betrachten: Beim Namen merken, ist eigentlich eine 1:1 Assoziation Name-Mensch nötig. Wir lernen aber immer im Kontext, in Schemata. Daher ist auch hier gut zu verstehen, dass es schwer ist sich Namen zu merken.
Ist das ein generelles Problem oder ein Phänomen unserer schnelllebigen Zeit?
Das ist ein generelles Problem, dass diese Aufgabe schwierig ist. Was sich aber nochmal geändert hat in unserer Zeit ist der Umfang dieser Aufgabe. Der moderne Mensch existiert seit ca. 200.000 Jahren, aber in dem allergrößten Teil dieser Zeit haben Menschen selten jemanden von außerhalb ihrer wenige Dutzend Menschen umfassenden Gruppe getroffen. Und die wurden, wie gesagt, noch mit ihrem Beruf angesprochen und hatten maximal einen Vornamen, den man sich merken musste.
Noch vor wenigen Jahren oder Jahrzehnten haben die meisten Menschen bei einem oder zwei Arbeitgebern gearbeitet, da kam ab und zu mal ein neuer Kollege, sonst waren es die Namen der Kunden, die man sich merken sollte.
Heute arbeiten immer mehr Firmen agil. Im Zweifel arbeite ich jeden Monat in einem anderen Team, mit anderen Menschen zusammen, die auch häufiger als früher international dazu kommen und daher Namen tragen, die ich noch nie gehört habe.
Welche Tricks gibt es, sich Namen besser einzuprägen?
Das Namen merken lässt sich erheblich trainieren und mit den richtigen Techniken, können wir uns alle Namen merken, die wir behalten wollen. Darauf basierte auch mein Weltrekord. Ich habe einen fünfstufigen Prozess, den ich in meinen Kursen vermittle, aber das ginge hier etwas zu weit. Die drei wichtigsten Tipps für den Einstieg:
- Sprechen Sie den Namen sofort selbst aus. "Hallo Frau Müller", "Danke Herr Kowalski". So stellen wir sicher, dass wir ihn richtig verstanden haben. Dadurch, dass der Name dann im Kurzzeitgedächtnis angekommen ist, können wir auch im weiteren mehr mit dem Namen machen, um ihn auch ins Langzeitgedächtnis zu bekommen.
- Ein Bild für den Namen suchen: Wichtig ist, das Bild muss den Namen nicht komplett verpacken, sondern uns nur daran erinnern. Wenn ich frage, an welchen ehemaligen Bundespräsidenten denkst du, wenn du "Weizensack" liest? Sicher kommst du schnell auf "von Weizsäcker". Unser Gedächtnis für Bilder ist viel besser als das für Namen, und das kann man so ausnutzen.
- Ziel ist schließlich, die Person in ihrer eigenen Vorstellung etwas tun lassen – und zwar etwas zum Namensbild passendes. Stellen wir uns dazu den ganzen Menschen samt Mimik und Verhalten vor. Dadurch sind Name, Person und Bild fest miteinander verbunden. Herrn Bäcker sehe ich Brot backen, Frau Kowalski hat einen Koffer dabei und zeigt mir, dass darin ein Wal und ein paar Skier ist.
Ich bin neu im Job und mit 50 Namen gleichzeitig konfrontiert - wie merke ich mir am besten alle Namen?
Die Aufgabe am besten teilen und Hilfsmittel nutzen. Es gibt sicher ein Telefonbuch in Outlook, eine Kollegenliste der Abteilung und wahrscheinlich sammelst du zu Beginn Stapel von Visitenkarten ein. Wenn du einem Team vorgestellt wirst, achte dabei darauf, jeden Namen wirklich auszusprechen (Tipp 1).
Namen merken: Wiederholung hilft!
Und dann wiederholst du die Namen nach jedem Treffen! Auf dem Weg zum nächsten Raum einmal kurz sich selbst fragen: "Wen habe ich da gerade kennen gelernt? Wie hießen die Personen?" bringt schon sehr viel fürs erste.
Wenn du dann wieder im Büro bist, schau dir die Liste an: Wer war in dem Team? Welches Bild kannst du dir jetzt für den Namen ausdenken und vorstellen? Wenn du das zeitnah tust, werden dir die meisten Gesichter noch einfallen.
Im Optimalfall bereitest du Termine vor. Morgen ist dein erstes Arbeitsgruppen Meeting, bei dem dir noch 15 Kollegen aus den anderen beiden Teams vorgestellt werden? Schau vorher auf die Liste und überlege dir die Bilder bereits. Und wiederhole wiederum danach noch einmal die neuen Namen.
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