Videos, die das Verhalten von Männern und Frauen parodieren, findet man gerade überall in den sozialen Medien. Der Witz zielt dabei meistens auf den unfähigen Mann. Unsere Autorin fragt sich: Ist das lustig oder traurig?
Die Frau, die an alles denkt und der Mann, der sich um gar nichts kümmert und noch nicht mal merkt, dass es etwas zu tun gibt – das ist derzeit ein beliebter Plot in Social Media-Videos. Gerade Mütter posten gerne Content, dessen Plot ungefähr so lautet: Eine Frau geht die Treppe im Wohnhaus hoch und hebt alles an Spielzeug, Kleidung etc. auf, was dort herumliegt um es mit nach oben zu nehmen, versehen mit dem Titel "Wie ich die Treppe hochgehe". Danach sieht man unter "Wie mein Mann die Treppe hochgeht", wie der Typ einfach über die Sachen drübersteigt und alles liegen lässt.
Lies auch: Strategische Inkompetenz – Die Ausrede "Du kannst das viel besser" zieht ab jetzt nicht mehr
Ein bisschen witzig ist das schon, nicht umsonst sind solche Videos oft mit #comedy oder #lustig getagged. Aber irgendwie ist es auch ein bisschen traurig, denn am Ende des Tages sind es einfach uralte Gender-Stereotypen, die uns da präsentiert werden. Es hat ein bisschen was von Mario Barth, vom dumpfen "haha, kennste, so sind sie halt, die Frauen" – nur dass sich in diesem Fall eigentlich über die Männer lustig gemacht wird. Die Frage, die sich mir dabei stellt, ist aber: Geht der Witz auf?
Care-Arbeit und Mental Load sind ungleich verteilt
Dass Männer weniger Care-Arbeit übernehmen als Frauen, ist allgemein bekannt. Sie tragen auch weniger Mental Load, also die geistige Organisationsarbeit, die in einer Familie so anfällt. Wo Frauen ein To-Do sehen, sehen Männer oft nur irgendwelche Dinge (wenn überhaupt), keine Handlungsanweisungen. Dafür gibt es sogar ein eigenes Wort: Affordanz. Was in diesen Videos als witzig gezeigt wird, bildet also die Lebensrealität von extrem vielen Paaren ab: Sie kümmert sich um alles und alle, packt vor dem Ausflug für die ganze Familie Snacks, Windeln, Wechselsachen ein und er trägt höchstens ein paar Taschen.
In den klischeehaften Parodien können sich wahrscheinlich sehr viele Frauen (denen werden solche Inhalte vermutlich deutlich mehr angezeigt als Männern) wiederfinden. Und dann entlockt es vielen beim Anschauen vermutlich ein Schmunzeln: Haha, das könnte mein Mann sein. Lustig ist es ja meistens dann, wenn etwas Wahres dran ist.
Stereotypen werden nicht hinterfragt
Um darüber zu sprechen, dass was falsch läuft, muss man es zunächst benennen, insofern könnten Videos über stereotype Geschlechterrollen durchaus zu Aufklärungszwecken beitragen und das kann meinetwegen auch gerne lustig gemacht sein. Was mich an diesen Videos stört, die mir ohne Ende eingespielt werden, ist, dass in den allermeisten davon zwar ein offensichtliches Problem dargelegt wird, es aber gar nicht als Problem deklariert wird, sondern als witziger Fakt. Die kritische Ebene fehlt komplett, die Stereotypen werden einfach reproduziert und dadurch einmal mehr gefestigt.
Ich möchte manchmal ins Handy brüllen: "jetzt schmeiß den Typen endlich raus und schneid dir vorher von ihm eine große Scheibe "I don’t give a fuck" ab". Natürlich ist das alles inszeniert, das ist mir klar, doch es geht ja um Rollenverteilungen, die ganz viele aus ihrem Umfeld kennen und an deren Abschaffung alle interessiert sein sollten, denen Gleichberechtigung am Herzen liegt.
The joke's on you
Es ist interessant, dass vor allem Frauen so einen Content produzieren, obwohl der vermeintliche Witz an der Sache auf sie selbst zurückfällt. Sie sind diejenigen, an denen alles letztlich hängen bleibt, das ändert sich nicht dadurch, dass man sich darüber lustig macht. Sie sind diejenien, die abends erschöpft ins Bett fallen und zu nichts anderem mehr in der Lage sind, als sich zur Aufheiterung Videos über unnütze Ehemänner und sich aufopfernde Frauen anzuschauen. So lustig ist das eigentlich gar nicht.
Mehr Themen: