Durch künstliche Befruchtung kommt es zu vielen Schwangerschaften. Doch welche Methoden gibt es eigentlich und sind sie erlaubt? Ein Überblick.
Künstliche Befruchtung - IVF, Eizellspende, Insemination & Co.
Durch künstliche Befruchtung kommen jedes Jahr hunderttausende Babys auf die Welt - zur Freude ihrer Eltern, die genau das auf natürlichem Wege nicht geworden wären. Die wachsenden Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin sorgen allerdings für Unsicherheit: Was geht und bei wem? Und wenn es geht, darf man es auch tun? Ein Überblick.
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In-vitro-Fertilisation (IVF) und Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI)
Die In-vitro-Fertilisation ist seit 30 Jahren ein in Deutschland gängiges Verfahren. Dabei werden Eireifung und Eisprung durch Hormone stimuliert und die Eizellen unter Narkose abgesaugt (Punktion). Dann verschmilzt die Eizelle mit der Samenzelle des Mannes in einer Petrischale. Zwei bis drei Tage später wird der Embryo – oft sind es auch zwei, selten drei – durch einen Katheter in die Gebärmutter eingebracht. Dieses Verfahren nutzen vor allem Frauen mit verschlossenen Eileitern. Bei Männern, deren Spermien zu unbeweglich sind, um in eine Eizelle einzudringen, hilft seit Anfang der 90er-Jahre die ICSI-Methode. Bei dieser Technik wird ein Samenfaden in die Eizelle injiziert. Sind im Ejakulat keine Spermien enthalten, können Ärzte diese unter Betäubung direkt aus dem Nebenhoden oder dem Hodengewebe gewinnen. ICSI ist mittlerweile das häufiger angewendete Verfahren: 2014 wurden laut IVF-Register auf diese Weise 44 427 Behandlungszyklen durchgeführt, 11 112 Kinder wurden danach geboren. Die IVF wurde 13 675-mal angewendet, 3519 Kinder kamen daraufhin zur Welt. „Im Schnitt werden 50 Prozent der Frauen nach drei bis vier Versuchen schwanger“, sagt der Gynäkologe Professor Frank Nawroth. Die Erfolgsquote hänge vor allem mit der Qualität der Eizellen zusammen. Die sinke allerdings schon ab Mitte 20.
Samenspende
Die Samenspende ist seit Jahrzehnten etabliert und in Deutschland legal. Schätzungen zufolge sind bislangweit mehr als 100 000 Kinder in Deutschland auf diese Weise gezeugt worden. Die Bundesärztekammer gestattet allerdings Medizinern die Insemination nur bei verheirateten Paaren oder Frauen, die in fester, heterosexueller Partnerschaft leben. Deshalb bestellen lesbische Frauen Spendersamen oft im Ausland oder lassen sich gleich dort behandeln. In liberaleren Nachbarländern wie Dänemark gehören Deutsche zu den wichtigsten Kunden der Samenbanken, und diese profitieren davon, dass Männer – anders als etwa in Deutschland, Österreich, Schweden oder Norwegen – anonym spenden können. So müssen die biologischen Väter keine Unterhaltsklagen, erbrechtliche Konsequenzen oder Kontaktversuche seitens der Kinder fürchten. Nicht wenige Spenderkinder, wie sie sich selbst nennen, durchleben allerdings eine tiefe persönliche Krise, wenn sie keine Chance haben, ihren biologischen Vater kennenzulernen. Schwerer verlaufen solche Krisen, wenn Kinder erst spät oder sogar durch Zufall erfahren, dass sie per Samenspende gezeugt wurden. Psychologen raten, die Kinder auf jeden Fall über ihre Herkunft aufzuklären, etwa im Alter von vier bis sechs Jahren. In Deutschland hat jedes per Samenspende gezeugte Kind das Recht auf Kenntnis seiner Herkunft. Seit 2007 müssen deutsche Ärzte deshalb die Unterlagen des Spenders mindestens 30 Jahre lang aufbewahren – was allerdings nicht bedeutet, dass der Kontaktversuch auch klappt. Weitere Infos bei dem Verein Spenderkinder.
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Eizellspende
Ärzte, die in Deutschland bei einer Eizellspende helfen oder eine entsprechende Klinik im Ausland nennen, machen sich strafbar. Doch eine Klinik über das Internet zu finden ist nicht schwer, und viele deutsche Kinderwunschzentren vermitteln inoffiziell. Eine Behandlung im Ausland kostet zwischen 5000 und 8000 Euro. Viele ausländische Kliniken haben sogar deutschsprachiges Personal und deutsche Internetseiten. „Vor 15 Jahren spielte das Thema bei uns noch keine Rolle. Aber seit Kurzem steigt das Interesse stark an“, sagt Dr. Almut Dorn, Psychotherapeutin und Vorstand im Beratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland. Viele Paare unterschätzten allerdings die Ambivalenzen, die eine Eizellspende mit sich bringen könne: Wie bei der Samenspende ist eine unsichtbare dritte Person in die Familie involviert – Paare müssten sich vorher gut überlegen, wie sie damit umgehen, etwa wenn ihnen das Kind überhaupt nicht ähnlich sähe. „Im Vorweg überwiegt der Wunsch nach einem Baby oft so sehr, dass solche Fragen ausgeblendet werden“, sagt Almut Dorn. „Doch dann kommen manchen Zweifel, das Richtige getan zu haben. Das kann bis zur Entscheidung gehen, die Schwangerschaft abzubrechen.“ Doch das, betont sie, seien Einzelfälle. „Die meisten Eltern bauen eine normale und gute Beziehung zu ihren Kindern auf.“ Eine vorherige Beratung, wie sie vor einer Adoption Standard ist, hält sie trotzdem für sinnvoll. Wie bei der Samenspende sei es wichtig, den Nachwuchs frühzeitig aufzuklären. Über die Spenderin können die Kinder später allerdings oft nichts erfahren. Denn die Eizellspende ist häufig anonym, etwa in Tschechien, Spanien, Griechenland oder der Ukraine.
Embryonenspende
Bislang gibt es in Deutschland noch kein Gerichtsurteil darüber, ob es erlaubt ist, kinderlosen Paaren „übrig gebliebene“ Embryonen zu spenden, weil die eigene Familienplanung abgeschlossen ist oder die Behandlung abgebrochen wurde. Die sogenannte Embryonenspende wird seit 2013 in Bayern praktiziert. Dort sind 20 Kinderwunschzentren in einem Netzwerk zusammengeschlossen. Sie vermitteln zwischen kinderlosen Paaren und Eltern, die ihre befruchteten Eizellen abgeben wollen. 17 Kinder seien bisher in Deutschland nach einer Embryonenspende geboren worden, sagt Dr. Ulrich Noss, Vorstandsvorsitzender des Netzwerks Embryonenspende. Und solange das Vorgehen nicht kommerziell sei, sei es auch legal. Ein Kontakt zwischen den Elternpaaren würde nicht hergestellt, damit nicht doch eine Bezahlung stattfinde. Gleichwohl habe das Kind später die Möglichkeit, die Ausweiskopien der biologischen Eltern einzusehen, und man rate den Empfänger-Eltern, das Kind frühzeitig über seine Herkunft aufzuklären. Das Vorgehen des Netzwerks ist dennoch umstritten. Zudem, so der Hamburger Gynäkologe Professor Frank Nawroth, hätten die meisten Paare ohnehin schon emotional genug Probleme damit, einen der Partner per Samen- oder Eizellspende auszutauschen. In Ländern wie Spanien, Tschechien, Belgien oder Finnland, ist die Embryonenspende erlaubt.
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Leihmutterschaft
Die Leihmutterschaft ist wie die Eizellspende in Deutschland verboten und wird besonders emotional diskutiert. Der Kulturwissenschaftler Andreas Bernard (siehe Interview rechts) weist jedoch darauf hin, dass sie schon in der Bibel beschrieben werde und bis Ende der 80er-Jahre auch in Deutschland praktiziert wurde: 1988 habe es 24 Agenturen für Paare und Leihmütter gegeben. Beendet wurde die Vermittlung Ende 1989 durch ein novelliertes Adoptionsvermittlungsgesetz, das auch durch den Fall um „Baby M“ in den USA beeinflusst wurde. Damals weigerte sich die Leihmutter Mary Beth Whitehead, das Baby nach der Geburt den Auftragseltern zu überlassen und wurde nach Monaten gezwungen, es abzugeben.
Die Rechtsgrundlage für die Wunscheltern ist oft unsicher. Einige Länder wie Belgien oder die Niederlande verbieten die Leihmutterschaft nicht, die Frau, die das Baby austrägt, kann aber laut der Hamburger Anwältin Britta Schönborn auch nicht gezwungen werden, es abzugeben. Und selbst wenn das Land, in dem das Baby geboren wurde, die Leihmutterschaft explizit erlaubt, kann es Probleme geben: Nach deutschem Recht ist die Austragende die Mutter. Ist diese verheiratet, gilt ihr Ehemann als Vater. Eine ausländische gerichtliche Entscheidung, durch die die Wunscheltern als rechtliche Eltern festgestellt werden, wird in Deutschland anerkannt, wenn zumindest ein Wunschelternteil genetisch mit dem Kind verwandt und die Leihmutterschaft freiwillig ist sowie ein rechtsstaatliches Verfahren im Ausland durchgeführt wurde. "Leihmutterschaftsentscheidungen aus den USA sind in der Regel unproblematisch", sagt Britta Schönborn. Bislang gebe es aber noch keine Rechtssicherheit für Paare, bei denen kein Elternteil genetisch mit dem Kind verwandt sei (Infos: Auswärtiges Amt).
Zur Frage, wie ein Baby die Trennung verkraftet, auch wenn sie gleich nach der Geburt vollzogen wird, gibt es nur wenige Untersuchungen. Erste Ergebnisse einer Langzeitstudie veröffentlichte die Universität Cambridge 2011. Sie stellte eine normale psychologische Entwicklung bei Kindern fest, die von Leihmüttern ausgetragen wurden, außerdem eine gute Bindung in den Familien.