Sie haben ein schlechtes Gewissen, weil Ihre "Tussi" Tochter Sie nervt? Brauchen Sie nicht haben, sagt Berit Brockhausen
Jana, 43: Ich liebe meine Tochter, 14. Und ich habe ein unheimlich schlechtes Gewissen, weil es mich nervt, dass sie immer mehr zu einem Mädchen wird, das ich früher als "Tussi" bezeichnet hätte. Warum fällt es mir so schwer, an mich zu halten?
Berit Brockhausen: Sie werden früher gute Gründe gehabt haben, warum sie Tussen unmöglich fanden – warum sollten Sie so jemand heute mögen? Müssen Sie auch nicht. Das einzige, was Sie jetzt schaffen müssen, ist Ihrer kleinen Tussi ein Gegenüber zu sein. Eins, das deutlich macht, dass ein Fachwissen über angesagte Nagellackschattierungen Sie intellektuell null beeindruckt und dass Sie die Modeberatung mit der Freundin nicht als Entschuldigung dafür akzeptieren, wenn die Spülmaschine nicht ausgeräumt wurde.
Ihre Tochter kann Ihnen diese Tussi-Testphase nicht ersparen. Schminken, Kleidung, Aussehen und Wirkung des eigenen Aussehens auf andere – wie aufregend! Sie dagegen dürfen ihr nicht ersparen, dass es ätzende und langweilige Menschen wie Sie gibt, für die das uninteressant und absolut nicht alles ist.
Kinder können sehr gut unterscheiden, ob Eltern sich aufregen, weil sie eine eigene Persönlichkeit beim Nachwuchs nicht dulden, oder ob sie sich aufregen, weil sie an ihren Kindern interessiert sind. Das Schlimmste sind Eltern, die scheinbar alles erlauben und in Ordnung finden, weil sie in Wirklichkeit zu feige oder zu bequem für einen Konflikt sind. Stehen Sie zu Ihrer Einstellung ohne schlechtes Gewissen. Und freuen Sie sich, wenn Ihre Tochter Ihnen Kontra gibt. Sie lernt und wächst daran. Und solange sie mit Ihnen diskutiert, ist sie auch keine echte Tussi!
Berit Brockhausen ist eine der führenden Psychologinnen Deutschlands, Expertin für Beziehungen und Buchautorin. Egal ob Sie Fragen zu Liebe, Familie, Freunden oder Nachbarn haben – hier bekommen Sie eine Antwort.
Lesen Sie hier das Interview zu ihrem Buch "Hoheitsgebiete".