Die vegane Ernährung gilt als die klimafreundlichste überhaupt. Jetzt kam heraus, dass sie allerdings ein Umweltproblem ganz massiv verstärkt – sogar deutlich mehr, als Fleischesser:innen es tun.
Veganismus besitzt eigentlich ein gutes Image, wenn es um das Thema Umweltfreundlichkeit geht. Wer sich rein pflanzlich ernährt, leistet nicht nur einen Beitrag für seine eigene Gesundheit und mehr Tierwohl, sondern auch für den Klimaschutz – so das gängige Image. Und das ist nicht unbegründet – die Zahlen sprechen für sich:
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CO2-Bilanz: Die durchschnittliche CO2-Bilanz eines Veganers bzw. einer Veganerin beträgt 940 kg – bei einem Fleischesser bzw. Fleischesserin liegt diese bei 1.760 kg. (Quelle: CO2-Rechner des Umweltbundesamts)
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Flächenverbrauch: 75 Prozent der für unsere Ernährung benötigten Fläche werden für die Produktion von Fleisch und weiteren tierischen Lebensmitteln genutzt, nur 25 Prozent dagegen für die Erzeugung pflanzlicher Lebensmittel. (Quelle: WWF-Studie)
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Stickstoff-Fußabdruck: Mit veganer Ernährung kann der Stickstoff-Fußabdruck im Bereich Ernährung gegenüber dem einer durchschnittlichen Fleischesserin oder eines durchschnittlichen Fleischessers halbiert werden. (Quelle: Umweltbundesamt)
In einer neu veröffentlichte Analyse vom WWF stellt sich nun aber heraus, dass die vegane Ernährung dafür bei einem anderem Umweltproblem besonders schlecht abschneidet – und zwar beim Wasserverbrauch. Konkret gingen Wissenschaftler:innen, die vom Umweltverband beauftragt wurden, der Frage nach: Wie tragen hierzulande gängige Ernährungsweisen jeweils zum globalen Wasserverbrauch und zur Wasserknappheit in bestimmten Teilen der Welt bei? Bislang galt vor allem die Fleisch- und Milchindustrie als riesiger Wasserschlucker, was vor allem mit dem Futtermittelanbau der Nutztiere in Verbindung gebracht wurde. Dass Veganismus in puncto Wasserverbrauch nun der große Verlierer sein soll, dürfte viele also überraschen. Schauen wir uns die Ergebnisse der WWF-Analyse einmal genauer an, um zu verstehen, wie diese neuen Erkenntnisse zustande kommen.
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"Blaues" und "grünes" Wasser
Zunächst einmal sei erwähnt, dass die Autor:innen bei ihrer Untersuchung nicht etwa von einem allgemeinen Wasserverbrauch sprechen, sondern zwischen dem Verbrauch von grünem Wasser und dem von blauem Wasser unterscheiden. Bei grünem Wasser handelt es sich um Regenwasser oder eben Wasser, das im Boden gespeichert ist und welches Pflanzen auf natürliche Weise in ihrer Wachstumsphase aufsaugen. In Deutschland, wo es regelmäßig Regenfälle gibt, können viele Pflanzen mithilfe der natürlichen Bodenfeuchte angebaut werden. In wärmeren Ländern mit langen Trockenperioden sieht das anders aus: Dort werden Pflanzen wie z.B. Zitronenbäume künstlich bewässert, etwa mit Wasser, das dem Grundwasser oder Seen und Flüssen entzogen wurde ("blaues Wasser"). Da blaues Wasser natürlich mehr zur Wasserknappheit beiträgt, ist in der Studie also meist davon die Rede.
Erheblicher Wasserverbrauch für pflanzliche Lebensmittel
Laut WWF braucht es etwa 2,4 Milliarden Kubikmeter blaues Wasser jährlich, um die Lebensmittel zu erzeugen, die hier in Deutschland konsumiert werden. 82 Prozent gehen dabei für pflanzliche Lebensmittel drauf und 18 Prozent fallen für die tierischen an. Wie kommt es dazu, dass der Anbau von pflanzlichen Lebensmitteln so drastisch viel mehr Wasser schluckt als die Erzeugung von tierischen Produkten?
Das hängt laut WWF mit dem geringen Selbstversorgungsgrad pflanzlicher Lebensmittel in Deutschland zusammen. 63 Prozent des Obsts und 80 Prozent des Gemüses, welches wir hier in Deutschland verzehren, werden importiert. Und das meist aus trockenen Regionen wie etwa Südspanien. Tierfutter wird dagegen meist auf deutschen Feldern angebaut, die vom regenreichen Wetter hierzulande profitieren. Das Tierfutter, welches importiert wird, kommt meist ebenfalls aus Regionen mit ähnlichen Wetterverhältnissen. In den Zahlen wurde das Wasser, das die Nutztiere selbst trinken, übrigens nicht mit einberechnet – auch ein Grund, weshalb der Wasserverbrach für tierische Lebensmittel so gering ausfällt.
Wasserverbrauch bei pflanzlichen Lebensmitteln: Die größten Wasserschlucker
Dabei fallen manche pflanzliche Lebensmittel in Hinblick auf den Wasserverbrauch ganz besonders ins Gewicht. Die größten Übeltäter sind vor allem Zitrusfrüchte: Für diese fallen pro Kopf in Deutschland jährlich 58 Badewannen (6,9 Kubikmeter) Wasser an. Aber auch Reis und Mandeln gehören mit zu den Spitzenreitern. Interessant ist auch eine nähere Betrachtung des "Wasserknappheitsfußabdrucks", den die Autor:innen der Studie errechnet haben. Dabei wird die tatsächliche Wasserknappheit in den Importgebieten mit einberechnet. Der Wasserknappheitsfußabdruck gibt an, "wie hoch das Risiko ist, durch den Verbrauch von Wasser für die Bewässerung anderen Nutzern, ob Mensch oder Natur, Wasser zu entziehen".
Wasserknappheitsfußabdruck des Konsums pflanzlicher Lebensmittel in Deutschland (in m³ worldeq pro Person und Jahr):
- Zitrusfrüchte: 514 Mio. m³
- Mandeln: 159 Mio. m³
- Pfirsiche und Steinobst: 118 Mio. m³
- Reis: 102 Mio. m³
- Trauben: 76 Mio. m³
- Walnüsse: 73 Mio. m³
- Tomaten: 60 Mio. m³
- Datteln: 60 Mio. m³
- Oliven: 59 Mio. m³
- Haselnüsse: 41 Mio. m³
- Sonstige: 114 Mio. m³
Wasserknappheit und die vegane Ernährung
WWF hat außerdem berechnet, wie einzelne Ernährungsformen zur Wasserknappheit beitragen. An erster Stelle steht hier die vegane Ernährung, bei welcher der jährliche Wasserverbrauch pro deutschem Kopf bei 45,41 Kubikmeter blauem Wasser liegt. Darauf folgt die vegetarische Ernährung mit 39.41 Kubikmetern, die flexitarische Ernährung mit 38,9 und Schlusslicht ist die fleischhaltige Ernährungsweise mit 29,21 Kubikmetern. Natürlich essen auch Fleischesser:innen Mandeln, Zitronen und Reis – in der veganen Ernährung ist der Verzehr solcher pflanzlicher Lebensmittel aber eben deutlich größer.
Was lässt sich also tun, um seine (vegane) Ernährung so zu gestalten, dass sie in wasserarmen Regionen nicht zu noch mehr Wasserknappheit beiträgt? Man kann seinen eigenen Konsum von Zitrusfrüchten hinterfragen, lieber mal zur Hafermilch statt zur Mandelmilch greifen und beim Kauf von Obst und Gemüse wenn möglich zu den heimisch angebauten Lebensmitteln greifen. Fleischkonsum mag in Hinblick auf den Wasserverbrauch schonender sein, doch wer den Umweltschutz ganzheitlich betrachtet, sollte auch Faktoren wie Emissionen, Flächenverbrauch und Co. mit in Betrachtung ziehen. Und da liegt die vegane Ernährung wie anfangs schon erwähnt weiterhin weit vorne. Wer's mal ausprobieren oder sich langsam rantasten möchte könnte ja schon mal überlegen, beim nächsten Veganuary teilzunehmen.
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