"Magic Mushrooms" kennt man eigentlich als Droge. Ein Stoff daraus (Psilocybin) könnte aber auch bei Depressionen helfen, glauben Forscher:innen. Ergeben sich daraus neue Therapieformen?
Magic Mushrooms gegen Depressionen?
"Magic Mushrooms" sind vor allem als psychoaktive Droge bekannt, die halluzinogene und euphorische Zustände hervorruft. Unter Umständen könnten sie aber auch in der Depressionstherapie relevant sein – beziehungsweise ein bestimmter Stoff, der in den Pilzen enthalten ist: „Psilocybin“. Inwiefern sich dieser zur Behandlung von Depressionen eignet, untersuchen zurzeit Forscher:innen am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim und an der Berliner Charité im Rahmen einer Studie, die sogar vom Bund mit 2,4 Millionen Euro gefördert wird, berichtet unter anderem das Deutsche Ärzteblatt.
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Ablauf der Studie: So wird Psilocybin bei Depressions-Patient:innen getestet
Es handelt sich dabei um die zurzeit weltweit zweitgrößte Studie, die sich mit dem Stoff Psilocybin befasst. Wie Gerhard Gründer, Professor für Psychiatrie am Mannheimer ZI und Leiter der klinischen Erhebung sagt, nehmen daran auch 144 Depressions-Patient:innen aus dem deutschsprachigen Raum teil. Bei ihnen schlagen konventionelle Depressions-Behandlungsmethoden nicht an. Sie erhalten also über die nächsten Monate im Laufe der Studie zwei unterschiedliche Dosen Psilocybin (oder ein Placebo) und werden dabei ärztlich und therapeutisch begleitet. Nach sechs Wochen wird der Vorgang dann wiederholt.
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Psilocybin könnte Sichtweise depressiver Menschen verändern
Inwiefern der Stoff aus den "Magic Mushrooms" dabei helfen kann, Depressionen zu lindern oder zu überwinden, ist noch nicht ganz bekannt. Gründer meint aber, dass bisherigen Studien zufolge psychoaktive Mittel Menschen einen „neuen Zugang zu ihrer Gedanken- und Gefühlswelt“ ermöglichen können. Es sei möglich, dass depressive Menschen ihre Probleme ganz anders einschätzten. Denn bei der Einnahme von Psilocybin würden Nervenzellen im Gehirn verknüpft werden. "Das sind sehr bedeutende biologische Faktoren, die hier wirken und die Sichtweise depressiver Menschen verändern können", erklärt der Studienleiter.
Vergleich von Psilocybin und konventionellen Antidepressiva
Bisher werden Medikamente bei Depressionen (Antidepressiva) kontinuierlich über einen längeren Zeitraum verabreicht, es wird also auf die kurzfristige Wirkung der Medikamente gesetzt. Psilocybin könnte aber schon nach einmaliger Einnahme langfristiger wirken als konventionelle Medikamente. Das würde ganz neue Erkenntnisse für das Verständnis von psychischen Erkrankungen liefern und neue Behandlungsformen möglich machen.
Andere Studien konnten bereits zeigen, dass die Substanz aus den "Magic Mushrooms" an bestimmte Rezeptoren des Serotoninsystems andockt und wie ein Stimmungsaufheller wirkt – zwar nur kurzfristig, aber dafür erzielt sie auch eine beruhigende Wirkung auf das Angstzentrum, über mehrere Wochen hinweg. "Dieser Vorgang ist schon deshalb hilfreich, weil er es ermöglicht, die therapeutische Arbeit mit Patienten fortzusetzen", sagt die Neuropsychologin Katrin Preller, die an der Universität Zürich die Langzeitwirkungen bestimmter Stoffe erforscht.
Hilft auch der "Trip" bei Depressionen?
Zur Debatte steht noch, ob auch der Trip, also der wahrnehmungsverschiebende Drogenrausch, Veränderungen hervorruft. Depressive Patient:innen könnten gegebenenfalls einen neuen Zugang zu den eigenen Gefühlen erhalten und ihre Perspektive darauf ändern.
An eine Heilung durch psychoaktive Stoffe glaubt Preller nicht. Psilocybin könnte aber Prozesse anstoßen und damit eine Rolle bei der Behandlung psychischer Krankheiten spielen, meint die Expertin.