Sara Nuru hat mit ihrer Schwester Sali das Social Business nuruCoffee gegründet, um Frauen in Äthiopien zu unterstützen. Im Interview erzählt sie, warum es so wichtig ist, sich das Unternehmerinnentum zuzutrauen – auch, wenn man (noch) keine Erfahrung hat.
EMOTION: Sara, du leitest nuruCoffee gerade aus dem Homeoffice. Euer Firmensitz ist in Berlin, du lebst in Zürich. Geht das gut?
Sara Nuru: Vor der Pandemie hätte ich mich das nie getraut. Jahrelang bin ich gependelt, weil ich dachte, dass ich meine Schwester und das Team nicht im Stich lassen kann. Dann mussten plötzlich alle ins Homeoffice, darüber war ich richtig froh. Ich hatte nicht mehr diese FOMO! Eine Woche im Monat bin ich in Berlin, sonst mache ich alles remote.
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An welchem Punkt steht ihr mit eurem Social Business heute?
In den ersten Jahren haben Sali und ich alles selbst gemacht, sogar die Pakete zur Post gebracht. Mittlerweile sind wir zu acht. Früher haben wir eigentlich immer nur Feuer gelöscht und gehofft, dass wir einen weiteren Tag schaffen. Es war wichtig, zu begreifen, dass wir nicht alles selbst machen können. Wir hätten uns zwei Jahre sparen können, hätten wir früher losgelassen. Aber wir mussten auch erst an dem Punkt sein, uns gute Leute leisten zu können.
Früher haben wir eigentlich immer nur Feuer gelöscht und gehofft, dass wir einen weiteren Tag schaffen
Sara Nuru, Gründerin von nuruCoffeeTweet
Hattet ihr zu Beginn noch andere Einkommensquellen oder Erspartes?
Wir hatten durch das Modeln finanzielle Rücklagen, die uns extrem geholfen haben. Ich mache noch heute ausgewählte Jobs, die es uns ermöglichen, weiterhin ohne Investorengelder auszukommen.
Würdest du Gründer:innen generell raten, anfangs zweigleisig zu fahren?
Absolut! Zusätzlicher finanzieller Druck führt dazu, dass man schnell das Handtuch wirft. Deshalb ist es sinnvoll, den sicheren Job nicht gleich ganz aufzugeben und erst mal nur die Stundenzahl zu reduzieren. So kann man nebenbei die Basis für die Selbstständigkeit legen. Wichtig: Kümmert euch unbedingt um einen Gründer:innenzuschuss.
Role Models wie du und Sali sind wichtig, um Stereotype in der Wirtschaft aufzubrechen. Wurdet ihr am Anfang unterschätzt?
Gerade zu Beginn haben uns viele belächelt und gesagt: "Ach, das wird doch eh nichts." Das tat weh und hat uns stark verunsichert. Gegen die eigenen Selbstzweifel anzukämpfen und sich immer wieder selbst zu motivieren, ist sehr mühsam. Im Nachhinein finde ich es krass, wie viele versucht haben, uns die Welt zu erklären – obwohl sie überhaupt keine Ahnung vom Kaffeebusiness hatten! Ich wollte es denen und vor allem mir selbst beweisen. Lieber werde ich unterschätzt als überschätzt.
Inwieweit ergänzt ihr euch?
Sali ist sehr rational, ich bin sehr emotional. Sie holt mich auf den Teppich, wenn ich wieder neue verrückte Ideen habe. Ich bin für Strategie, Vision und die Ausrichtung von nuruCoffee zuständig. Sali kümmert sich um das Operative wie Einkauf und Logistik. Allerdings hat sie gerade ein Baby bekommen. Deshalb übernehme ich einige ihrer Aufgaben. Zum Glück haben wir ein tolles Team, das uns tatkräftig unterstützt.
Wie hat eigentlich alles angefangen?
Ich war als Botschafterin für "Menschen für Menschen" in Äthiopien unterwegs, steckte in einer Sinnkrise und habe viel nachgedacht. Zu Hause erzählte ich Sali von meiner Idee, eine Alternative zum herkömmlichen Spendenmodell zu kreieren – weg von der Bedürftigkeit, hin zum direkten Support. Sie fragte, was es in Äthiopien für wirtschaftliche Möglichkeiten gibt. Schnell war klar, dass für uns nur Kaffee infrage kam, weil wir damit aufgewachsen sind, da unsere Mutter jede Woche eine Kaffeezeremonie abhält. Dann haben wir gegoogelt ...
... ob schon jemand diese Idee hatte?
Ja. Ich stieß auf ein Berliner Start-up, das auch äthiopischen Kaffee importiert und damit Gutes tut. Das hat uns total demotiviert, aber dann dachten wir: Moment mal – McDonald’s hat Burger King auch nicht davon abgehalten, groß zu werden! Also haben wir die Jungs kontaktiert und gefragt, ob sie uns sagen können, wie wir am besten starten.
Und die haben euch geholfen?
Ja, es wurde nämlich schnell klar, dass wir keine Konkurrent:innen sind, sondern uns lieber verbinden müssen – um noch mehr Gutes zu tun. Ich finde es immer cooler, sich zu öffnen und nach Hilfe zu fragen, als auf Rivalität und Ellenbogenmentalität zu setzen.
Ich finde es immer cooler, sich zu öffnen und nach Hilfe zu fragen, als auf Rivalität und Ellenbogenmentalität zu setzen.
Sara Nuru, Gründerin von nuruCoffeeTweet
Stichwort: starke Netzwerke. Wie knüpft man am besten Kontakte?
Ganz ehrlich? Für Sali gibt es nichts Schlimmeres als Netzwerken. Zum Glück ergänzen wir uns, aber ich kam mir auf diesen Businessevents anfangs auch total blöd vor. Viele kannten mich nur als Model und dachten: "Was will die denn hier?" Dann fing ich an, mich mit tollen Frauen auszutauschen, die verstanden haben, dass wir nicht gegeneinander kämpfen sollten, sondern gemeinsam – das war so schön!
Was machen die, denen es – wie deiner Schwester – einfach nicht liegt?
Die sollten sich unbedingt Leute ins Team holen, die sich darum kümmern. Es ist so wichtig, sichtbar zu sein. Mit jedem Event wird der Small Talk besser, irgendwann fängt man an, leicht zu pitchen. Es gibt auch tolle Online-Events, wo man erst mal nur zuschauen kann. Verbindet euch mit Frauen, die gerade in derselben Phase stecken wie ihr.
Welche Ziele hast du als Nächstes?
Letztes Jahr habe ich das Töpfern für mich entdeckt und würde gerne in Äthiopien von Frauen Keramikkaffeetassen produzieren lassen und so neue Arbeitsplätze schaffen. Ich bin schon längst bei nuruCeramics angekommen, Sali denkt sich: Können wir bitte erst mal unser Kaffeebusiness optimieren?!
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