In der Krise besser auf eine Gehaltserhöhung verzichten? Nein! Warum wir trotz Corona mehr Gehalt fordern dürfen, verrät Gehaltscoach Asita Rademacher.
Mehr Gehalt trotz Corona: So kann's klappen!
„Sei dankbar, dass du Arbeit hast!“ und „In der Krise mehr Geld zu fordern ist unangebracht.“ Solltest du diese oder ähnliche Sätze in deinem Kopf haben oder sogar aus deinem Umfeld kennen, während du leise oder unsicher über eine Gehaltsverhandlung nachdenkst, dann lautet meine erste Bitte: Sei mutig und vergiss diese Sätze. Ja richtig – Sei jetzt und hier egoistisch. Dein gesunder Egoismus und dein Mut sind gefragt.
Bescheidenheit führt hier nicht zum Ziel. Deine Forderung darf dich Überwindung kosten.
Asita Rademacher, GehaltscoachTweet
Warum dir trotz Corona eine Gehaltserhöhung zusteht
Sollte beides, oder eins davon, nicht deinem naturell entsprechen, dann denke daran wie wichtig du als Mensch, als Frau, als Mutter, Tante, Schwester oder Freundin bist. Du bist immer auch ein Vorbild für die weiblichen Nachkommen in deinem Umfeld. Unterschätze niemals die Wirkung deiner Taten. Dazu zählt auch, wie wir als Frauen Gehalt verhandeln.
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7 Schritte, um im Job mehr Geld trotz Corona zu fordern
Wir müssen mehr Gehalt fordern! Immer und jederzeit - und erst recht in der Krise! Wie lange die Nachwehen anhalten und wann sie zu Ende sind, weiß niemand. Daher #jetzterstrecht! Wie verhandelst du nun dein Gehalt?
Schritt 1: Gute Vorbereitung ist alles!
Triff als erstes die Entscheidung deine Gehaltsforderung als ein neues und wichtiges Projekt anzunehmen. Nimm es an, wie eine Arbeitsaufgabe, welche du bestmöglich abschließen willst. Dann geht es an die Vorbereitung, der du 80% Zeit und Energie widmen darfst.
Schritt 2: Verschaffe dir Klarheit über deine Gründe!
Wir starten mit deinem Konzept. Verschaffe dir Klarheit darüber, weshalb du mehr Gehalt fordern willst. Lasse zunächst allen emotionalen Gründen freien Lauf, bis sie sich entspannen. Widme dich nun den sachlichen Gründen (mehr Verantwortung, besondere Leistung, neue Aufgaben etc.). Gewinne Sicherheit in deiner Argumentation. Verschaffe dir außerdem Klarheit über die Summe, die du fordern willst. Bescheidenheit führt hier nicht zum Ziel. Deine Forderung darf dich Überwindung kosten. Bist du unsicher, informiere dich bei höheren Positionen und Vorbildern.
Schritt 3: Nimm die Sicht des Unternehmens ein.
Betrachte die Verhandlung aus der Vogelperspektive: Wie geht es der Firma, für die du arbeitest, seit Corona? Steht sie besser, schlechter oder gleich da? Sind die Auswirkungen überschaubar? Gibt es Kündigungen oder Neueinstellungen? Ich empfehle dir, in deinem Verhandlungsgespräch die Corona-Krise aktiv und als Erste anzusprechen, um somit einem potenziellen Totschlagargument die Kraft zu nehmen. Was sind deine Alternativen? Sollte es am Ende zu keiner finanziellen Einigung kommen, vereinbare vorab mit dir, was du alternativ fordern wirst. Zum Beispiel mehr Urlaub, Betreuungszuschuss für die Kinder, Weiterbildungen, technische Erneuerungen, flexible Arbeitszeiten etc.
WICHTIG: Rechne mit zwei bis drei Gesprächen. „Geduld“ und „Dranbleiben“ darfst du für dein Projekt als Freunde ansehen. Gerade in der Krise bedarf es in Unternehmen mehrerer Absprachen. Nimm das bitte nicht persönlich und bleibe charmant hartnäckig.
Schritt 4: Überlege, was du deiner Chefin/deinem Chef sagen willst!
Der Inhalt deiner Gehaltsverhandlung besteht aus:
- Deiner Wertschätzung (während Corona).
- Deinen Argumenten.
- Deiner klaren Forderung.
- Zuhören, Fragen und Ruhe bewahren.
So kannst du Punkt 1 zum Beispiel umsetzen:
„Ich weiß, wir haben Verluste gemacht in diesem Jahr und ich bin dankbar, dass wir gemeinsam durch die Krise und ihre Herausforderungen wachsen, daher möchte ich heute auch über meine persönlichen Leistungen und Erfolge der letzten Monate sprechen….“
Der Inhalt deines Projektes besteht nicht aus:
- Rechtfertigungen
- Entschuldigungen
- weiteren Erklärungen
Schritt 5: Übe, wie bei einem Vorstellungsgespräch!
Wenn du das Gespräch online oder telefonisch führst, übe es vorher in jedem Fall laut und vor deiner Cam. Solltet ihr euch persönlich treffen und eine Maske tragen, übe auch hier deutlich und hörbar zu sprechen! Und – erlaube dir aufgeregt zu sein oder dich unwohl zu fühlen. In den seltensten Fällen fühlen wir uns vor einer wichtigen und entscheidenden Situation wohl und das ist absolut ok. Doch je intensiver du dich vorbereitest und je klarer dein Gesprächsleitfaden ist, desto sicherer wirst du dich fühlen.
Randnotiz: Diesen Tipp möchte ich dir für alle Lebenslagen mitgeben. Übe alles mindestens einmal laut, bevor du in wichtigen Momenten vor anderen Menschen sprichst. Am besten noch vor dem Spiegel. Du wirst erstaunt sein, wie anders deine Worte klingen und auf dich wirken, wenn du sie raus aus deinem Kopf lässt.
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Schritt 6: Bereite dich auf Gegenargumente vor.
Gibt es aus den vergangen Monaten Erfahrungswerte von Kollegen: innen, dann lege dir passende Fragen zu potenziellen Argumenten deines Gegenübers zurecht. Sieh die Gegenargumente nicht als Angriff oder Stoppschild. Bleibe aufmerksam, wach, empathisch und entschlossen. Werdet ihr euch nicht einig, findet ein zweites Gespräch statt. Halte die wichtigsten Infos schriftlich für euch fest. Sorge dafür, dass der zweite Termin zeitnah stattfindet.
Schritt 7: Bleibe an deiner Gehaltsvorstellung dran!
Sollte im zweiten Gespräch deine Forderung nicht erfüllt werden, dann halte in jedem Fall fest, wann ihr das nächste Mal über deine finanzielle Vorstellung sprecht. Lass dich nicht mit „keine Ahnung, wegen Corona schwer zu sagen“ abspeisen und vereinbare einen neuen Termin z.B. in drei Monaten. Selbst wenn eine deiner weiteren Zusatz-Forderungen, wie z.B. zwei zusätzliche Urlaubstage, erfüllt wurden. Bleibe an deiner Gehaltsvorstellung dran und halte die eventuelle Missstimmung deines Gegenübers aus. Sie geht vorbei!
Der Mehrwert deiner Gehaltsverhandlung in Krisenzeiten
Du hast es ins Rollen gebracht! Wird deine Forderung erfüllt: Herzlichen Glückwunsch und Chapeau. Wird sie noch nicht erfüllt oder nur teils, hast du definitiv mehr als du jetzt hast. Der Zeitpunkt für ein nächstes Gespräch steht fest und du hast ein Verhandlungsgespräch mehr geführt, was auf dein Erfahrungskonto immens einzahlt. Denn rechne dir mal aus, wie lange du noch arbeiten und wie oft du noch dein Gehalt verhandeln wirst. Je mehr Übung, Misserfolge und Erfolge, desto erfolgreicher wirst du.
Daher JA, auch in der Krise darfst und MUSST du mehr Gehalt verhandeln. Vereinbare dein Gespräch – du wirst definitiv mit mehr rauskommen, als du reingegangen bist!