Du hast den ultimativen Karriereplan, bist aber unsicher, ob der wirklich zu dir passt? Oder dein Arbeitsleben fühlt sich gerade festgefahren an und du fragst dich, wie du dich weiterentwickeln kannst? Diese Tools bringen dich weiter.
Wenn ich groß bin, werde ich...
"Wenn ich groß bin, werde ich Feuerwehrfrau" – vielleicht war das als Kind dein erster Satz zum Thema Karriereplanung. Wenn du dir nun anschaust, wie viele Menschen tatsächlich ihren Kindheits-Traumberuf ausüben, wirst du merken: Karrierepläne und -ziele können sich mit der Zeit verändern. Und: Am Ende kommt meistens eh alles anders als man denkt.
Genau das macht die Karriereplanung gar nicht so einfach. Woher sollst du jetzt wissen, wo du in zehn Jahren stehst und was du dann möchtest? Was, wenn dir die Management-Position, auf die du so lange hingearbeitet hast, überhaupt nicht gefällt? Damit du deine Karriere sinnvoll planen kannst ist es daher wichtig, sowohl dich selbst, deine Ziele und Bedürfnisse, aber auch deine beruflichen Möglichkeiten zu kennen. Die folgenden Tools können dir dabei helfen:
1. Big Five Persönlichkeitsanalyse
Auch im Job solltest du zuallererst einmal eines sein können: Du selbst. Natürlich kannst du dich zu einem gewissen Grad anpassen, wer aber komplett gegen die eigene Persönlichkeit arbeitet, wird nur selten glücklich. Um dich selbst besser kennenzulernen, empfiehlt sich ein bekanntes Modell aus der Persönlichkeitspsychologie: die Big Five. Dieses wurde in zahlreichen Studien verwendet und geht von fünf Hauptdimensionen der menschlichen Persönlichkeit aus, auf deren Skalen sich jede:r einordnen lässt:
- Offenheit für Erfahrungen: Bist du eher konservativ und vorsichtig oder erfinderisch und neugierig? Diese Dimension kann zum Beispiel durch künstlerisches Interesse oder Abenteuerlust verkörpert werden.
- Gewissenhaftigkeit: Bist du eher unbekümmert und nachlässig oder effektiv und organisiert? Hier geht es darum, wie du deine Impulse kontrollierst, regulierst und steuerst.
- Extraversion: Bist du eher zurückhaltend und reserviert oder gesellig? Hier geht es um deine Interaktion mit der Außenwelt.
- Verträglichkeit: Bist du eher wettbewerbsorientiert und antagonistisch oder kooperativ, freundlich und mitfühlend? Menschen mit stark ausgeprägter Verträglichkeit ist es wichtig, sich mit anderen zu verstehen.
- Neurotizismus: Bist du eher selbstsicher und ruhig oder emotional und verletzlich? Neurotizismus beschreibt die Tendenz zu negativen Gefühlen wie zum Beispiel Angst oder Wut.
Die Big Five werden mit Hilfe eines Fragebogens erfasst. Hier kannst du den etwa zehnminütigen Persönlichkeitstest kostenlos online durchführen. Du erhältst anschließend eine detaillierte Auswertung zu deiner Persönlichkeitsstruktur.
2. Karrieremuster erkennen (Jason Kay)
Viele Menschen sind so sozialisiert, dass beruflicher Erfolg für sie eine möglichst steile Karriere bedeutet, die durch Titel, Aufstieg und Gehalt definiert wird. Das mag für einige Menschen der richtige Weg sein, aber sicherlich nicht für alle. Der Psychologe Jason Kay hat ein Coaching-Tool entwickelt, um die tatsächliche, häufig auch intuitive, Karrieremotivation von Menschen zu erkennen.
Da dieses Tool von einer zertifizierten Coachin oder einem zertifizierten Coach angewandt werden sollte, können wir es an dieser Stelle nicht in seiner gesamten Bandbreite abbilden. Folgende Ansätze und Fragen daraus können dir aber helfen, erste Erkenntnisse über deine Karrieremotivation zu gewinnen:
1. Wie sah dein bisheriger Karriereweg aus?
Um diese Frage zu beantworten, wird in diesem Tool ein Modell von Decision Dynamics verwendet. Das ist ein von zwei Psychologen gegründeter Anbieter von Lösungen für das Führungs- und Talentmanagement. Deine bisherige Karriere kannst du anhand der folgenden Aspekte hinterfragen und in das Karriere-Modell einordnen:
- Richtung: In welche Richtung hat sich deine Karriere bisher entwickelt? Aufwärts in der Hierarchie, seitwärts auf gleicher Hierarchieebene oder gar nicht/kaum?
- Dauer: Wie lange warst du in verschiedenen Positionen, bevor du dich weiterbewegt hast?
- Orientierung: Wie weit sind die Aufgaben und die Expertise in deiner aktuellen Position von denen deiner ersten Position entfernt?
Nun kannst du auf Grundlage deiner Antworten Muster identifizieren, die sich verschiedenen Karrieremotiven zuordnen lassen:
- Expert:in: Die Expertin oder der Experte strebt vor allem nach Fachkenntnis und Sicherheit. Das lebenslanges Engagement in einem Beruf ist für diesen Typ ideal. Erfolg bedeutet, die oder der Beste, also Expert:in auf dem eigenen Gebiet, zu sein.
- Linear: Dieser Typ schätzt Macht und Verantwortung und will möglichst schnell die Karriereleiter nach oben klettern. Wie bereits erwähnt meint man in unserer Gesellschaft häufig diese Art von Motivation, wenn man davon spricht, dass jemand "Karriere macht". Kompetenzen, die mit dieser Motivation einher gehen, sind Wettbewerb, Führung und Effizienz.
- Spirale: Die spiralförmige Karrieremotivation ist eine weniger traditionelle Sichtweise und zeichnet sich durch periodische Seitwärtsbewegungen aus. Das heißt, dass alle etwa fünf bis zehn Jahre neue berufliche Fähigkeiten entdeckt und ausprobiert werden. Ausgangspunkt ist dabei häufig eine zentrale Fähigkeit oder Expertise. Dieser Typ strebt nach Kreativität und Wachstum, Erfolg ist durch die eigene Entwicklung oder die anderer Menschen, Dienstleistungen oder Produkten geprägt. Kompetenzen, die mit der spiralförmigen Motivation einhergehen sind Teamwork, Kreativität und vielfältige Fähigkeiten.
- Transitorisch: Dieser Typ ist am stärksten auf Veränderung ausgerichtet und dadurch die am wenigsten konventionelle Sichtweite auf Karriere – das kann soweit gehen, dass einige Menschen diese Motivation gar nicht als Karriere betrachten. Wer transitorisch motiviert ist, ist eher schnelllebig, strebt nach Unabhängigkeit und Vielfalt und braucht häufig neuen Input. Kompetenzen, die mit dieser Motivation verbunden sind, sind Netzwerken, Geschwindigkeit und Anpassungsfähigkeit.
In der Regel trägt jeder Mensch alle Motivationen in unterschiedlichen Gewichtungen in sich, woraus sich ein sehr individuelles Motivationsprofil ergibt. Auch Unternehmenskulturen können in diese Typen eingeordnet werden.
Wenn du zum Beispiel zu Beginn deiner Karriere befördert wurdest und dann einige Jahre später in eine andere Abteilung gewechselt bist, würde die Beförderung eine Linear-Motivation und der Abteilungswechsel als Seitwärtsbewegung eine Spiral-Motivation implizieren.
Hast du bisher deine:n Arbeitgeber:in nicht gewechselt und das auch nicht vor, ist das ein klares Zeichen einer Expert:in-Motivation. Bist du eher sprunghaft und wechselst sehr häufig den Arbeitsplatz, ist das ein Hinweis auf eine transitorische Motivation.
2. Sind das wirklich deine Motivationen?
Im zweiten Schritt prüfst du, ob die in Schritt eins aufgestellten Hypothesen tatsächlich zutreffen. Hast du die Karriereschritte, die du eben hinterfragt hast, aus eigenem Antrieb heraus gemacht oder war es eher Druck von außen oder "Zufall"? Wie stehst du dazu, bist du zufrieden?
Im Idealfall solltest du diesen zweite Schritt im Rahmen eines Interviews mit einer Coachin oder einem Coach begehen. Doch auch dir selbst kannst du Fragen zu deinen Karrierewünschen beantworten und versuchen, dabei deine Motivationen zu identifizieren. Frage dich zum Beispiel, ob du Lust hast, dein Wissen in anderen Bereichen noch zu vertiefen oder ggf. umzuschulen (Spirale) oder lieber bei deinem Fachgebiet bleiben möchtest (Expert:in)? Dabei ist es wichtig, dich nicht von deinen Vorstellungen einer idealen Karriere leiten zu lassen, denn diese sind in der Regel von sozialen Einflüssen geprägt. Vielmehr solltest du ehrlich zu dir sein und versuchen, wirklich darauf zu hören, was dich erfüllt und was nicht. Führungskräfte haben beispielsweise häufig kaum noch Zeit für die Aufgaben, die ihren Job zuvor ausgemacht haben, sondern sind mit der Führung von Mitarbeitenden und Organisation beschäftigt. Wenn nun aber genau die Inhalte, die deinen Job für dich ausmachen, dabei auf der Strecke bleiben – warum solltest du aufsteigen wollen?
3. Für dich einstehen
Wenn du weißt, welches deine Hauptmotivation ist, steh für diese ein. Ist dein:e Arbeitgeber:in beispielsweise linear motiviert, geht sie oder er vermutlich automatisch davon aus, dass es dein Ziel ist, in der Hierarchie aufzusteigen. Ist dein Karrieremotiv aber eher spiralförmig, versuche deinen Vorgesetzten klar zu machen, dass du nicht weniger motiviert bist, nur weil du nicht den Weg nach oben suchst, sondern dich anders weiterentwickeln möchtest. Kommuniziere deine Wünsche möglichst klar, denn nur so hast du die Chance, dass sie erfüllt werden.
3. Soll-Ist-Analyse
Soll-Ist-Analysen werden häufig im Controlling angewandt, um Kennzahlen oder Leistungen mit den erwarteten Werten zu vergleichen. Das kannst du natürlich auch auf deine Karriereplanung übertragen: Welche Erwartungen hast du an die Zukunft, was sind deine konkrete Ziele? Mache dir am besten einen Plan, der wie ein Zeitstrahl angelegt ist, und trage ein, welche Ziele du wann erreicht haben möchtest. Auf dem Weg dazwischen notierst du, welche Maßnahmen dafür notwendig sind. Checke dann in regelmäßigen Zeitabständen, ob du noch auf dem Weg bist oder an welchen Punkten du noch nachbessern könntest.
Wichtig bei diesem Tool: Sei realistisch. Es nützt niemandem etwas, wenn du dir die höchsten Ziele steckst, diese im vorgegeben Zeitrahmen aber nicht erreichbar sind. Lege lieber detaillierte Teilziele fest und feiere auch kleine Erfolge. Außerdem solltest du deine Ziele möglichst SMART formulieren, um sie auch überprüfen zu können. SMART steht für: Spezifisch (konkret formulieren), Messbar (es gibt qualitative und/oder quantitive Messgrößen), Attraktiv (im besten Fall hast du auch Lust, das Ziel zu erreichen), Realistisch (das Ziel ist innerhalb der geplanten Zeit mit den vorhandenen Mitteln für dich machbar), Terminiert (es gibt einen konkreten Termin, bis zu dem du das Ziel erreichen möchtest).
4. Kenne deine Möglichkeiten
Manchmal weiß man gar nicht, was überhaupt alles geht. Das Online-Erkundungstool der Bundesagentur für Arbeit "New Plan" kann dir einen Überblick geben, welche Möglichkeiten du hast und wie du dich beruflich weiterentwickeln kannst. Auch der Austausch in Business-Netzwerken, wie zum Beispiel dem Dell Women's Entrepreneur Network (DWEN), kann dich noch einmal auf ganz neue Gedanken bringen und neue Möglichkeiten eröffnen.
Und nicht vergessen: Am Ende ist jeder Plan eine Orientierung. Die kann gut und hilfreich sein, sollte dich aber nicht einschränken. Wenn du unterwegs merkst, dass es so für dich doch nicht funktioniert, dann darfst du deine Pläne auch ändern. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke. Denn wie viele Menschen gehen täglich mit Bauchschmerzen ins Büro, weil sie einen Plan verfolgen, der gar nicht (mehr) zu ihnen passt...
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