Jeder fünfte Arbeitnehmer will einer aktuellen Studie zufolge kündigen. Woher die große Unzufriedenheit im Job rührt – und was das mit "kontrafaktischem Denken" zu tun hat
Na - auch schon mal in Gedanken die Jobkündigung durchgespielt? Wer sich aktuell mit den Möglichkeiten eines Arbeitgeber-, eventuell sogar des Branchenwechsels beschäftigt, ist damit nicht allein. Einer aktuellen Studie von PWC zufolge will einer von fünf Befragten in den kommenden zwölf Monaten seinen aktuellen Job verlassen.
Für die "Global Workforce Hopes and Fears Survey 2022" wurden mehr als 52.000 Arbeitnehmer in 44 Ländern befragt. Als Grund für den geplanten Jobwechsel gaben die meisten eine mögliche Gehaltssteigerung an (71%), ähnlich häufig wurde aber auch die Suche nach Erfüllung im Job (69%) und die Möglichkeit, ganz man selbst sein zu können (66%) genannt. Fast die Hälfte der Befragten (47%) gab außerdem die flexible Wahl des Arbeitsortes als ausschlaggebend für einen möglichen Jobwechsel an.
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Was die Erhebung zeigt: Die vergangenen zwei Krisenjahre haben ihre Spuren auch in der Arbeitswelt hinterlassen. Schon im Jahr 2021 prägte der US-amerikanische Wirtschaftsforscher Anthony Klotz den Begriff "The Great Resignation" – er sagte, frei übersetzt, eine „große Kündigungswelle“ voraus.
Inzwischen ist manchmal auch von "The Big Quit" oder "The Great Reshuffle" die Rede, wenn nach den Gründen gesucht wird, warum so viele Menschen unzufrieden mit ihrer gegenwärtigen Arbeitssituation sind und in Konsequenz die Kündigung, manchmal auch nur die innerliche, steht.
Wie sich "kontrafaktisches Denken" auf die Arbeitswelt auswirkt
Aber woher kommt die große Unzufriedenheit? Die Gründe haben zuletzt die Sozialpsychologen Adam Galinsky und Laura Kray in einem Essay für die "Los Angeles Times" erörtert. Es seien nicht nur die harten Grundvorraussetzungen eines Jobs, die Menschen unglücklich machten (zum Beispiel unzureichende Bezahlung bei steigenden Lebenshaltungskosten); die Pandemie habe die Lebensperspektive vieler Menschen so verändert (zum Beispiel durch das Arbeiten aus dem Homeoffice), dass ihr "kontrafaktisches Denken" eingesetzt habe – das heißt, dass sie zunehmend alternative Lebensmöglichkeiten durchspielen: Was wäre, wenn?
Adam Galinsky und Laura Kray beschreiben den Effekt dieser Gedankengänge als eine Art „universal Midlife-Crisis“. Gemeint ist, dass Arbeitnehmende aller Altersgruppen sich mit Fragen beschäftigen wie: Wie sinnstiftend ist mein Job – für mich selbst, aber auch für andere? Muss ich mich wirklich mit "toxic workplace culture" auseinandersetzen, wenn ich allein im Homeoffice zufriedener bin? Was will ich im Leben eigentlich noch erreichen? Und was wäre, wenn…ja, einfach alles anders wäre?
Am Ende solcher Gedankengänge steht dann eben aktuell nicht mehr die Anschaffung eines Porsche (oder welches Statussymbol auch immer generationsrelevant ist), sondern die Kündigung im aktuellen Job. Das Gefühl aber ist das gleiche: Die Krise soll zum Wendepunkt im Leben werden – eingeläutet mit einem Jobwechsel.