Selbstständig in der Corona-Krise: Viele kleine Unternehmen sind wirtschaftlich hart getroffen. Wir haben Gründerinnen kleiner Labels gefragt, wie es ihnen gerade geht…
Judith Springer, Gründerin der Naturkosmetikmarke "FINE"
Was für ein Business hast du?
Ich habe ein Kosmetikunternehmen namens FINE, das hochwertige, luxuriöse, effiziente und nachhaltige Naturkosmetik herstellt.
Hast du einen Laden?
Nein, ich verkaufe zum einen Teil online direkt an meine KundInnen und zum anderen an Geschäfte und Onlineshops.
Wie hart hat dich die Coronakrise schon getroffen?
Ich merke es deutlich, denn viele HändlerInnen mit Geschäften, die jetzt geschlossen sind, haben Bestellungen storniert oder Zahlungen eingestellt. Auch verkaufe ich FINE in vielen Airlines, dieses Geschäft ist natürlich auch fast zum Erliegen gekommen. Die Kosten - auch hier - laufen allerdings weiter.
Was passiert gerade täglich bei dir?
Alles hat sich extrem entzerrt, ich gehe nach wie vor täglich ins Büro, aber viel später, mache mehr von zu Hause. Auch sind natürlich meine Kinder da, die jetzt viel mehr Aufmerksamkeit benötigen. Insgesamt macht mein Mann zu Hause aber die Hauptarbeit mit dem Homeschooling (was bei uns Dank eines strikten Zeitplans - mit Time-Timer gut geklappt hat) - und meine Kinder haben gerade Playmobil neu entdeckt. Aber abends kommen wir endlich mal dazu fast täglich Rommé zu spielen, da wir immer alle da sind. Ich übe nach wie vor täglich Yoga, "besuche" zweimal die Woche Onlinekurse meiner Lehrerinnen. Das gibt mir Struktur. Außerdem nehme ich die Zeitqualität zum Anlass, jetzt konsequent zweimal am Tag zu meditieren und nicht nur einmal wie bisher, denn die einzige Sicherheit die Du hast, die steckt in Dir.
Hast du aktuell einen Plan B oder produzierst gerade etwas anderes?
Ich bin sowieso dabei gewesen, meinen Onlineshop auszubauen, auch meine Lieblingsmarken zu integrieren. Das treibe ich jetzt voran und hoffe, dass es bald zur Umsetzung kommt.
Was wünschst du dir gerade an Unterstützung?
Ich bin schon sehr dankbar für den Corona-Zuschuss von Stadt und Bund, auch wenn das nur ein Tropfen ist, aber damit kann ich schon mal etwas entspannter planen. Auch bin ich sehr dankbar für meine MitarbeiterInnen, die positiv in die Kurzarbeit gegangen sind, denn wir stecken ja alle mehr oder weniger drin. Von daher habe ich gerade die Unterstützung, die ich brauche. Ich würde mir nur wünschen, dass meine GeschäftspartnerInnen öfter im Sinne einer ökonomischen Gemeinschaft denken und nicht nur an die eigenen Schäfchen.
Wie geht es für dich weiter?
Ich baue meine Website um, auf und aus und investiere meine Energie in die Gestaltung meiner Zukunft.
Was gibt dir gerade den Mut, weiterzumachen?
Herausforderungen sind dazu da zu wachsen, Krisen sind Geschenke, Impulse, die wir für uns nutzen können.
Jessica Hoyer, CEO und Founder des Kosmetiklabels BYNACHT
Was für ein Business hast du?
BYNACHT ist eine Kosmetiklabel, dass den Fokus auf die Hautregeneration über Nachtgelegt hat und das wir selber produzieren und stationär und online weltweit vertreiben.
Hast du einen Laden? Wie hart hat dich die Coronakrise schon getroffen?
Wir haben keinen eigenen Laden, aber all unsere Partner die Filialen haben, mussten diese schließen. Wir versuchen, den stationären Einbruch durch Online-Aktivitäten aufzufangen. Bislang hat uns die Krise noch nicht so schlimm getroffen und wir wünschen uns natürlich, dass es so bleibt.
Was passiert gerade täglich bei dir?
Wir optimieren unseren gesamten Web-Auftritt und arbeiten an Projekten, die wir schon lange umsetzen wollen. Zusätzlich stehen unsere neuen Launches an und wir haben als Team eine neue Routine gefunden, die für alle passt und die echt produktiv ist.
Hast du aktuell einen Plan B oder produzierst gerade etwas anderes?
Es gab nie einen Plan B. Wir sind froh, dass wir sehr saisonunabhängige Ware haben und früh auch den Schritt Richtung Online und Ausland geplant haben. Plan B ist, Plan A jetzt noch mehr zu optimieren und perfektionieren.
Was wünschst du dir gerade an Unterstützung?
Ich hoffe, dass die Menschen langfristig umdenken und bald wieder zu Ihrer Parfümerie ihres Vertrauen gehen und lokal und bei kleinen Einzelhändlern kaufen.
Wie geht es für dich weiter?
Wir geben weiter Vollgas und machen weiter wie bisher. Flexibel muss man als Unternehmer immer sein. Ein Sturm ist immer auch eine Chance, daran glaube ich. Und die muss man aushalten. Nützt ja nix.
Was gibt dir gerade den Mut, weiterzumachen?
Ich bin generell ein sehr positiver und resilienter Mensch. Der Spruch meiner Oma ist mein Leitsatz im Leben: : „Es regnet nie für immer“.
Es wird eine Zeit nach Corona geben und auf die freue ich mich.
Ich finde es immens wichtig, dass wir weiter volle Kraft voraus gehen und dann in unserer Nachbarschaft unterstützen in dem wir unser Geld dann auch bei anderen lassen und die Einzelhändler supporten und dort kaufen. Das geht nur, wenn es einem selber gut geht. Keiner muss oder sollte sich schlecht fühlen, sein Label zu bewerben, um Unterstützung zu bitten wo nötig und Gas zu geben.
Bianca Löhr, Gründerin des Slow Fashion Portals ANOTHER ME
Hast du einen Laden? Wie hart hat dich die Coronakrise schon getroffen?
Wir haben mit ANOTHER ME einen Showroom in Köln, der von Kunden auch gerne besucht wird. Aber der Kern des Unternehmens ist unser Grosshandel B2B. Mittlerweile gibt 500 local stores in Deutschland, Österreich; Dänemark und der Schweiz und somit ist auch bei uns seit Mitte März der Umsatz aus dem Handel komplett eingebrochen. Das hat mir aber überhaupt keine Angst gemacht, denn diese Bereinigung war nur eine Frage der Zeit und wenn auch in Form des Virus eher unangenehm, hat es doch einen wirklich essentialen Effekt auf die Welt.
Es wurde Zeit, dass wir alle entschleunigt werden und uns Werte wieder bewusst werden.
Ich würde mir von Herzen wünschen, dass wir alle mehr auf Beständigkeit, Slowfashion und Werte setzen. Es war schon mächtig traurig in den letzten Jahren, wie sich die Values und das Kaufverhalten verändert hat. Kaum hat der Winter im Januar begonnen, rückte schon die Sommerware an. Schnell wurde mit dem Rotstift dem Artikel die Drehung auf der Fläche ermöglicht. Mehr, schneller, billiger ... das darf wirklich langsam ein Ende nehmen. Unsere Kollektion hat diesen Ansatz schon von Anfang an. Bei uns liegt die Core Collection bei 70% Beständigkeit und 100% natürlichen Ressourcen aus ökozertifizierter Produktion. Frei von Chemikalien und Schnickschnack.
Was passiert gerade täglich bei dir?
Wir sind sehr intensiv mit unseren Lieferanten, Partnern und Kunden verbunden und senden viel Energie und Mut. Mit meinem süßen Team habe ich auch kleine Videos gedreht, um allen Mut zu spenden. Das Feedback ist unfassbar toll.
Wir haben uns außerdem um Bewusstsein, Begegnungen, Ernährung und Begegnung gekümmert und die Webseite mit tollen Tipps und Gesprächen gefüttert.
Hast du aktuell einen Plan B oder produzierst gerade etwas anderes?
Nein, ich hatte Ende 2019 schon so ein intuitives Gefühl und wir haben uns gut aufgestellt.
Viele Produkte werden ja auch in der Heimarbeit produziert, und unsere Core Kollektion ist so eindeutig und beständig, dass wir keine Alternativen benötigen. Wir haben unsere Kollektion für unsere Local First Partner ausgebaut und passend zu unserem Holistic Lifestyle auch neue Warengruppen aufgenommen. Wir entwickeln gerade eine limitierte Kollektion mit meiner lieben Patin und Schauspielerin Ania Niedieck und ein unfassbar schönes portugiesisches Geschirr, auf dem wir unsere köstlichen Gerichte, die wir mit mit dem Jungkoch Max Goldmann gekocht haben, präsentieren. Super spannend und macht echt Spaß.
Was wünschst du dir gerade an Unterstützung?
Oh, da müsste ich wirklich nachdenken, denn ich bin sehr gut unterstützt. Meine Familie, Team und Partner stehen 100% zu mir und das ist Unterstützung pur.
Wie geht es für dich weiter?
Ich freue mich jetzt erst einmal riesig auf unseren ersten Holistic Lifestyle Day, für den sich fast 100 liebe Frauen angemeldet haben. Drückt die Daumen, dass wir uns am 24. Mai treffen dürfen. Ansonsten arbeiten wir auch schon an einer digitalen Lösung.
Außerdem werden wir im Mai unseren local stores die Core Kollektion und die neuen Highlights für H/W 2020 präsentieren. Wir haben so tolle neue Farben die fröhlich machen und als Ausdruck für Kraft und Energie stehen. Lemon, Candy und Lipstick – i loveeee . Das ist auch ohne Messen möglich.
Jeden Tag bekommen wir so viele Liebesbriefe, wie glücklich unsere Kunden und Händler mit den waschbaren, butterweichen Ledertaschen sind. Noch heute habe ich eine Nachricht bekommen, von einer Kundin die mittlerweile einige Lederartikel von uns hat und diese mit so viel Liebe pflegt und trägt. Da geht immer mein Herz auf.
Was gibt dir gerade den Mut, weiterzumachen?
Das Leben will gelebt werden und zwar in der Selbstverantwortung und Selbstbestimmt – und das tue ich in vollen Zügen.
Mehr Themen: