Zeigt her eure Pay Gaps! Das Fair Pay Innovation Lab forscht zu Entgeltgesetzen und internationalen Maßnahmen in der Serie „Fair Pay around the World“. Hier teilen sie ihre Recherche.
Island
Island ist Equal Pay-Weltmeister, dicht gefolgt von Norwegen. In keinem anderen Land der Welt ist es laut Weltwirtschaftsforum so gut um die Gleichstellung bestellt wie in Island. Schon 1961 wurden erste gesetzliche Schritte für Lohngleichheit festgelegt. 1976, 2008 und 2017 wurden weitere Reformen durchgesetzt. Die letzten Veränderungen greifen rasend schnell – zwischen 2008 und 2017 konnte Island den Gender Pay Gap um 5 Prozentpunkte senken. Kein Wunder, denn in Island ist man konsequent: Ein branchenübergreifendes Audit- und Zertifizierungssystem ist für alle Unternehmen ab 25 Beschäfigten verpflichtend. Und: Jeder Tag ohne Zertifikat wird finanziell bestraft. Alle drei Jahre werden zertifzierte Arbeitgeber zudem neu überprüft. Die Beweislast liegt voll und ganz bei den Unternehmen. Der Equal-Pay-Standard gilt als rechtliche Grundlage für weitere Reformen Islands zur Gleichstellung, etwa flexibles Arbeiten und Kinderbetreuung. Der Nordische Ministerrat erwägt, den isländischen Standard für den gesamten Wirtschaftsraum einzuführen, also auch für Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden, die Färöer, Grönland und Åland.
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Großbritannien
Der britische Equality Act umfasst weit mehr als nur Gender. Seit 2010 bündelt er 116 Gesetze, die Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter, Herkunft oder Behinderung beseitigen sollen. Zudem sind öffentliche, gemeinnützige und private Organisationen mit mehr als 250 Beschäftigten verpflichtet, ihre Lohnunterschiede auf der eigenen und auf der Website der Regierung zu veröffentlichen. Das soll Unternehmen animieren, Gehaltsstrukturen, Einstellungs-prozesse und diskrimierende Faktoren zu optimieren. Interessant: Der Pay Gap bei jungen Briten ist minimal, während die Lücken bei Älteren noch so groß sind, dass ein durchschnittlicher Gap von 18 Prozent entsteht. Auch Großbritannien sieht keine Sanktionen im Gesetz vor, hat aber die Equality and Human Rights Commission, die die Entgeltdaten überprüft und nicht davor zurückschreckt, sich verweigernde Unternehmen öffentlich anzuprangern.
Frankreich
Auch Frankreich setzt Maßstäbe in Sachen Lohngleichheit. Der Gender Pay Gap liegt dort bei 15 Prozent, allerdings schlägt er in einigen Branchen auf bis zu 25 Prozent aus. Das soll sich ändern, und zwar schnell.
Gleichstellung per se steht in Frankreich seit 1946 in der Verfassung und auch schon lange im Arbeitsrecht. Eigentlich stehen Arbeitgebende bereits seit 2013 in der Pflicht, Pläne zur Verringerung des Gender Pay Gaps zu entwickeln. In Macrons Kabinett herrscht Parität, die Gleichstellung ist eines seiner Steckenpferde, und so ist es nur konsequent, dass Arbeitsministerin Muriel Pénicaud 2017 ankündigte, die Lohnlücke bis 2022 schließen zu wollen. Der Schlüssel: Transparenz. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten sind verpflichtet, eine gemeinsame Software zu nutzen. Diese ermittelt jährlich Kennzahlen zu Entgeltunterschieden, Gehaltserhöhungen, Beförderungsmöglichkeiten, Rückkehr nach der Elternzeit und Frauen in den zehn bestbezahlten Positionen des Unternehmens. Für die Leistung in diesen Kategorien werden Punkte vergeben. Gegen Firmen, die weniger als die Mindestpunktzahl erreichen und sich innerhalb von drei Jahren nicht verbessern, können Bußgelder in Höhe von einem Prozent des gesamten Gehaltsvolumens verhängt werden. Das wirkt: 80 Prozent der 1 300 betroffenen Unternehmen haben ihre Indizes fristgerecht veröffentlicht.
Schweiz
Eine hohe Wirtschaftskraft ist meist ein klarer Indikator für einen hohen Grad an Gleichberechtigung. Nicht so in der Schweiz: Mit 68 943 US-Dollar pro Kopf hat sie das jährlich höchste Bruttoinlandsprodukt der Welt, aber dennoch Probleme bei der Gleichstellung und einen Gender Pay Gap von 18 Prozent. Seit 2016 gibt es im öffentlichen Sektor eine Charta für Equal Pay, die 23 der 26 Kantone unterschrieben haben. Die Privatwirtschaft hängt hinterher, der "Lohngleichheitsdialog" von 2009 bis 2013 zeigte keine Wirkung. Am 14. Juni riefen Schweizerinnen zu einem der größten Frauenstreiks ihrer Geschichte auf. Ab 2020 soll nun ein Gleichstellungsgesetz für eine bessere Durchsetzung der Lohngleichheit sorgen. Aber Frauenrechtsorganisationen sind enttäuscht: Sanktionen gibt es nicht.
Kanada
In Ontario gibt es seit 1990 den Pay Equity Act, der Unternehmen ab zehn Beschäftigten dazu verpflichtet, alle Jobs neutral zu bewerten und dementsprechend zu bezahlen. Dabei werden auch frauen- und männerdominierte Berufsgruppen miteinander verglichen. In Québec gelten ähnliche Regeln, zusätzlich müssen Pay Equity Reports erstellt werden. Das Gesetz dort ist neuer als das aus Ontario, so konnte die französische Provinz aus Schwachpunkten lernen und hat fünf ährliche "Pay Audits" eingeführt. Beide Provinzen haben Kommissionen, die prüfen, schlichten und gegebenenfalls Strafen verhängen.