Acht Monate war die deutsche Journalistin Meşale Tolu 2017 in der Türkei in Untersuchungshaft. Jetzt sollte ihr Prozess in der Türkei stattfinden, an dem ihr Ehemann Suat Corlu teilnehmen wollte. Ihm wurde bei der Einreise der Pass entzogen.
Am 23. Mai 2019 sollte Meşale Tolus Prozess in der Türkei weitergehen - und auch der ihres Mannes Suat. Die Anklage: Die Mitgliedschaft in der linksextremen Marxistisch-Leninistischen Kommunistischen Partei MLKP, die in der Türkei als Terrororganisation gilt.
Suat Corlu wurde im April aus der Haft entlassen und war seitdem wieder bei Tolu und Sohn Serkan in Ulm. Nun reiste er allein zu der angesetzten Verhandlung in die Türkei – dabei entzogen ihm die türkischen Behörden den Pass. Der Richter des Prozesses behauptete, die Ausreisesperre nicht angeordnet zu haben, angeblich laufen noch andere Ermittlungen gegen Corlu. Suat Corlu darf nun nicht mehr aus der Türkei ausreisen. Der Prozess ist auf den 11. Oktober vertagt worden.
Prozesstag heute gegen @mesale_tolu,@suatcorlu und 29 weitere Angeklagte war ein Rückschlag. Suat Çorlu wurde bei seiner Einreise der Pass abgenommen. Er kann nicht mehr zurück zu seiner Familie. Die Zermürbungstaktik der Staatsanwaltschaft ist offensichtlich. Fortsetzung: 11.10.
— Margit Stumpp (@margit_stumpp) 23. Mai 2019
Wir berichteten bereits in den vergangenen Monaten über den Fall und sprachen mit Meşale Tolu über ihre Haft in der Türkei
Journalistische Arbeit sollte ungehindert möglich sein, ohne von der Regierung eines Staates kontrolliert und zensiert zu werden. Dass die Pressefreiheit nicht überall geachtet und bewahrt wird, musste die Journalistin Meşale Tolu schmerzlich am eigenen Leib erfahren.
Die 34-Jährige hatte in der Türkei für oppositionelle Medien, u.a. eine linke Nachrichtenagentur, gearbeitet. Vergangenes Jahr im April wurde sie in ihrer Wohnung in Istanbul verhaftet, nachdem ihr vorgeworfen wurde, Mitglied einer terroristischen Organisation zu sein. Acht Monate saß Tolu in Haft, zeitweise mit ihrem zweijährigen Sohn, bis sie am 18. Dezember 2017 wieder entlassen wurde.
Hört hier das Interview mit Meşale Tolu im Podcast "Kasia trifft..."
Nach der Entlassung wurde eine Ausreisesperre erlassen, sodass Tolu vorerst für ihr Gerichtsverfahren in der Türkei bleiben musste. Inzwischen ist sie wieder in ihre Heimatstadt Ulm zurückgekehrt. Im Mai 2019 soll das Verfahren gegen Meşale Tolu und ihren Mann fortgesetzt werden.
Die Tatsache, dass sie in den Fokus der Behörden geriet und verhaftet wurde, bestätige Tolu, dass sie gute journalistische Arbeit geleistet habe, sagte sie. Und genau für diese ausgezeichnete Arbeit wurde sie 2018 mit dem EMOTION.award in der Kategorie 'Frau der Stunde' ausgezeichnet.
Da sie wegen der Ausreisesperre nicht anwesend sein konnte, nahm Gülay Tolu stellvertretend für ihre Schwester den Award von Moderatorin Anja Reschke entgegen. Meşale Tolu meldete sich außerdem per Videobotschaft und bedankte sich für die Auszeichnung.
EMOTION.award 2018: Meşale Tolu