Mythen zur Menstruation und internationale Irrglauben: Vom Verlangen nach Schokolade bis zum synchronen Zyklus mit der besten Freundin – stimmen diese Menstruations-Mythen?
Mythen zur Menstruation halten sich hartnäckig
Das Thema Menstruation schafft es immer weiter aus der Tabu-Ecke in die Mitte der Gesellschaft – zum Glück! Täglich menstruieren weltweit schätzungsweise 300 Millionen Frauen und Mädchen. Dass der weibliche Zyklus und die Menstruation trotzdem noch vergleichsweise wenig erforscht sind, hat sicherlich auch mit dem Gender Data Gap zu tun. Und einige Mythen halten sich wirklich hartnäckig. Zeit, mal genauer hinzuschauen.
Menstruations-Mythos 1: Frauen sollten sich während der Menstruation ausruhen
Jein, hier gilt: Erlaubt ist, was gefällt. Während sich einige Frauen während ihrer Periode am liebsten im Bett verkriechen möchten, hilft anderen Sport und Bewegung sogar gegen mögliche Beschwerden. Klar ist: Die Periode ist anstrengend und kraftraubend für den Körper. Deswegen sollten wir auf uns achten und nach Bedarf Ruhezeiten einplanen.
Menstruations-Mythos 2: Während der Periode kann man nicht schwanger werden
Falsch. Die Wahrscheinlichkeit ist gering, aber ausgeschlossen ist eine Schwangerschaft während der Periode nicht. Spermien können mehrere Tage im weiblichen Körper überleben und gerade Frauen, die einen kürzeren Zyklus haben, bekommen ihren Eisprung auch entsprechend früh. Also: Wer aktuell keinen Nachwuchs plant, verhütet auch während der Periode.
Menstruations-Mythos 3: Die Haut wird schlechter
Stimmt. Hauptauslöser für Pickel und unreine Haut sind Hormone – und genau die steuern den weiblichen Zyklus. Die Hormonschwankungen während des Zyklus regen die Produktion von Talg an. Dieser bildet eine gute Grundlage für das Wachstum von Bakterien, die schließlich Entzündungen in Form von Pickeln entstehen lassen. Bei den meisten Frauen tritt diese sogenannte "Menstruations-Akne" etwa sieben bis zehn Tage vor der Regelblutung auf, da in dieser Zeit die Östrogenkonzentration rapide abnimmt.
Menstruations-Mythos 4: Heißhunger auf Schokolade
Richtig, vor und zu Beginn der Periode verlangt der Körper häufig nach Süßem. Auch hier haben die Hormone ihre Finger im Spiel. In den Tagen vor der Periode sinkt die Konzentration des "Glückshormons" Serotonin im Körper, gleichzeitig wird verstärkt das Stresshormon Cortisol produziert, welches den Insulinspiegel erhöht. Um das auszugleichen, verlangt der Körper nach Kohlenhydraten, zum Beispiel in Form von Schokolade. Geben wir dem nach, lässt das den Blutzucker ansteigen und erhöht die Konzentration von Glückshormonen – jedoch leider nur kurzfristig. Schokoladengelüste können außerdem auf einen Magnesiummangel hinweisen, der ebenfalls typischerweise kurz vor Beginn der Regelblutung entsteht. Kakaobohnen enthalten besonders viel Magnesium, was Schokolade zum Objekt der Begierde macht.
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Menstruations-Mythos 5: Wenn die Periode ausbleibt, ist man schwanger
Falsch. Zwar kann ein Ausbleiben der Monatsblutung auf eine Schwangerschaft hindeuten, es gibt aber auch ganz andere Gründe. (Psychischer) Stress, Krankheit, Gewichtsveränderungen oder die Umstellung der Verhütungsmethode können mögliche Gründe dafür sein, dass die Periode sich verschiebt oder ganz ausbleibt. Auf der anderen Seite ist eine Blutung auch keine Garantie dafür, nicht schwanger zu sein. Etwa jede vierte Schwangere hat in den ersten Wochen oder Monaten zumindest leichte Schmierblutungen.
Menstruations-Mythos 6: Die Perioden guter Freundinnen gleichen sich an
Dieser Punkt ist noch nicht endgültig erforscht, die Antwort lautet aber eher: Falsch. Martha McClintock stellte 1971 in einer Studie die Theorie auf, dass sich die Menstruationszyklen von Frauen, die eng befreundet sind oder zusammen wohnen, mit der Zeit angleichen. Seitdem wird diese Annahme heftig diskutiert. Eine aktuelle Studie, die die Oxford University zusammen mit der Menstruations-App Clue durchführte, widerlegte nun den Mythos. Clues Datenwissenschaftlerin Marija Vlajic erklärte gegenüber The Guardian: "Es ist sehr unwahrscheinlich, dass die Zyklussynchronisation ein reales Phänomen ist. In unserer Stichprobe existierte sie nicht." So ganz einig sind sich Wissenschaftler*innen aber trotzdem noch nicht, es bleibt also spannend.
Menstruations-Mythos 7: Sehr starke Regelblutungen sind normal
Falsch. Im Durchschnitt verliert eine Frau während ihrer Periode circa 60 Milliliter Blut. Das sind etwa vier Esslöffel. Ab einer Menge von 80 Milliliter Blut spricht man von einer überstarken Monatsblutung, auch Hypermenorrho. Bei einer Blutung, die länger als sieben Tage dauert, sprechen Mediziner*innen von einer Menorrhagie, einer verlängerten Regelblutung. In beiden Fällen kann es sinnvoll sein, mit einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt darüber zu sprechen. Insbesondere, wenn weitere Symptome wie Blutklumpen im Menstruationsblut, Schwächegefühl oder Abgeschlagenheit auftreten.
Menstruations-Mythos 8: Frauen haben während der Periode mehr Lust auf Sex
Es kommt darauf an. Rein physiologisch steigt die Lust mit Beginn der Monatsblutung, da der Körper die Produktion des Schwangerschaftshormons Progesteron schlagartig einstellt und verstärkt Östrogene ausschüttet. Das wirkt sich positiv auf die Libido aus und viele Frauen empfinden mehr Lust auf Sex – zumindest im Vergleich zu den 14 Tagen vor der Periode. Jedoch ist die Libido auch eng mit der Psyche verknüpft. Wer also unter Krämpfen oder Ausläufern des Prämenstruellen Syndroms (PMS) leidet, dürfte wenig Lust auf Sex verspüren. Auf der anderen Seite gehören die Tage der Periode nicht zu den sehr fruchtbaren. Das entspannt einige Frauen, die aktuell keinen Kinderwunsch haben, und wirkt sich positiv auf deren Libido aus.
Internationale Mythen über die Menstruation
Während die Periode hierzulande langsam aber sicher die Tabu-Zone verlässt, sieht es international zum Teil leider noch ganz anders aus. In vielen Ländern gelten menstruierende Frauen als unrein, dürfen nicht am sozialen Leben teilhaben. Für Mädchen kommt die erste Blutung häufig überraschend, weil keine Aufklärung stattfindet. Unicef berichtet von Mädchen in Äthiopien, die bei ihrer ersten Regel denken, "sie hätten sich geschnitten". Viele schämen sich und bleiben der Schule fern. Auch Bestrafungen durch die Familie kommen vor, da in Äthiopien der Irrglaube existiert, eine menstruierende Frau sei keine Jungfrau mehr. In Nepal wurden Frauen und Mädchen während ihrer Periode lange Zeit in unbeheizte Menstruationshütten verbannt. Diesem strengen traditionellen Brauch folgen zum Glück nur noch wenige Familien.
Gekochte Eier und böse Geister
Wie skurril einige internationale Mythen zum Thema Menstruation sind, fasste der Anbieter organischer Periodenprodukte Yoppie zusammen: In den USA kursiert beispielsweise der Mythos, der Geruch der Menstruation würde Bären anlocken. Deswegen sollen Frauen während ihrer Periode besondern vorsichtig sein, wenn sie im Wald campen. In Indien sollen menstruierende Frauen keine Küche betreten oder Essen zubereiten, da sie es verderben und verunreinigen würden. In Ghana sollen Mädchen, die ihre erste Periode bekommen, ein ganzes gekochtes Ei essen. Wenn sie das nicht tun, oder nur einen Teil essen, bringt das Pech für ihre zukünftigen Kinder. In Polen heißt es, Sex während der Periode zu haben, könnte den Partner oder die Partnerin töten, und in Rumänien sollten menstruierende Frauen keine Blumen berühren, da diese dann schneller verwelken. Wer in Malaysia benutzte Binden oder Tampons nicht auswäscht, bevor sie im Müll landen, wird angeblich von bösen Geistern heimgesucht und in Tansania werden Frauen verflucht, wenn jemand ihre benutzten Menstruationstücher sieht. In Bolivien dürfen während der Periode keine Babys oder Kleinkinder umarmt werden, da diese krank werden könnten.
All diese Mythen können wir natürlich mit einem ganz klaren Falsch bewerten, jedoch zeigen sie, wie wichtig die weltweite Aufklärung zum Thema und die Enttabuisierung der Menstruation ist.
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