In den letzten Wochen wurde Kritik an Instagram laut – sowohl von Privatpersonen, als auch von Influencer:innen. Sie werfen dem Meta-Unternehmen vor, einen "TikTok"-Klon aus der Plattform gemacht zu haben. Jetzt meldet sich der Instagram-CEO zur Thematik.
Mit der Forderung "Make Instagram Instagram again" haben sich kürzlich viele User:innen gegen zahlreiche Neuerungen der Plattform ausgesprochen. Der Tenor: Sie wollen endlich wieder Fotos von Freund:innen und Bekannten sehen und nicht dauernd Werbung oder Postings von Accounts, die sie gar nicht abonniert haben.
Die Fotografin Tati Bruening initiierte die Kritik mit einem Bild (rechts), auf dem sie die Rückkehr zu Instagram als Fotoplattform forderte. Bruening findet viel Zustimmung, aktuell hat das Bild über 2,2 Millionen Likes. Denn Instagram hat sich verändert. Seit dem fulminanten Erfolg des Konkurrenten TikTok hat sich das soziale Netzwerk stark auf Kurzvideos ("Reels") fokussiert. Bruening rief aus Protest gegen diese Entwicklungen sogar eine Petition ins Leben. Die Forderungen darin sind an Instagram direkt gerichtet: "Bringt die chronologischen Timelines zurück" und "Hört auf, TikTok sein zu wollen". Damit hat Bruening offenbar einen Nerv getroffen. Zum aktuellen Zeitpunkt hat ihre Petition mehr als 230.000 Unterstützer:innen.
Jetzt rudert Instagram zurück – oder?
Nach der Kritikwelle, an der sich auch Social-Media-Größen wie die Medienpersönlichkeiten Kylie Jenner und Kim Kardashian beteiligten, meldete sich Adam Mosseri, der CEO von Instagram, mit einem Video bei allen User:innen. "Ja, es passiert gerade viel auf Instagram", räumt er darin ein. Und sagt weiter: Natürlich werde Instagram weiterhin Fotos unterstützen, schließlich sei das der Grundgedanke der Plattform. Aber: Er glaube auch daran, dass der Fokus der App immer mehr auf Videos liegen würde. Mosseri teilt mit, dass das nicht nur an Instagram selbst liege, sondern auch immer mehr User:innen Videos teilen und konsumieren würden. Bezüglich der Kritik, dass vielen Menschen dauernd Inhalte von Menschen, die sie nicht kennen und deren Postings sie nicht sehen wollen, angezeigt werden, erklärt Mosseri: "Die Idee hinter diesen Empfehlungen ist, dass ihr neue Dinge auf Instagram entdecken könnt, von denen ihr noch gar nichts wusstet". Gleichzeitig räumte er ein, dass die Empfehlungen teils noch nicht gut genug auf die einzelnen User:innen zugeschnitten sind.
Alles in allem umschiffte Mosseri die Kritik aber eher, als konstruktiv auf sie einzugehen. Und obwohl er das auf sehr sympathische Art und Weise machte, sind viele enttäuscht. "Scheint so, als würden Sie den Menschen, die diese App nutzen, gar nicht zuhören", schreibt Model Cindy Mello beispielsweise.
Back to the roots? Wohl eher nicht
Dass sich der Instagram-CEO wenige Tage, nachdem Kylie Jenner und Kim Kardashian sich gegen die Änderungen aussprechen, meldet, verwundert nicht. Ihre Meinung hat Gewicht im Social-Media-Universum: Als Jenner 2018 verkündete, den Messenger Snapchat nach einem Update nicht mehr nutzen zu wollen, brach die Aktie um zeitweise acht Prozent ein.
Dass das bedeutet, dass Instagram sich tatsächlich (und vor allem langfristig) an den Forderungen der Nutzer:innen orientiert, ist zu bezweifeln. Denn der Meta-Konzern ist ins Straucheln geraten. Zum ersten Mal seit zehn Jahren sinken die Umsätze laut Meta-Angaben im Vergleich zum Vorjahr. Der größte Konkurrent ist die Unterhaltungsplattform TikTok, an die der Konzern immer mehr User:innen verliert.
Warum ist es wichtig, wie der Instagram-Algorithmus funktioniert?
Jetzt mag man sich, gerade als Social-Media-Muffel, vielleicht fragen: Wieso ist es überhaupt von Bedeutung, welche Posts Instagram ausspielt und welche nicht? Fakt ist: Es ist wichtig. Die Plattform hatte laut aktuellen Erhebungen im vergangenen Jahr 1,25 Milliarden aktive Nutzer:innen pro Monat. Bis 2026 wird diese Zahl laut Prognosen auf 1,5 Milliarden steigen. Dass soziale Medien einen immensen Einfluss auf unsere Meinungsbildung haben, ist längst kein Geheimnis mehr. Dass Algorithmen dazu genutzt werden, viele Interaktionen zu provozieren und infolgedessen Menschen gezielt Inhalte ausgespielt werden, die emotionalisieren oder wütend machen, auch nicht.
Vergangenes Jahr wurde Frances Haugen, die zwei Jahre für Facebook gearbeitet hat, als "Whistleblowerin" bekannt, nachdem sie den Konzern beschuldigte, sein Geld mit Hass und der Spaltung der Gesellschaft zu verdienen. Was wir täglich auf sozialen Medien sehen, beeinflusst uns. Die Wahrnehmung von uns selbst, den Menschen um uns und der Welt, in der wir leben. Wie aktiv ein Algorithmus all das steuern kann, ist teilweise besorgniserregend – und darf nicht unterschätzt werden.
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