Sie sind die Kinder der Millennials und die Nachfolger:innen der Gen Z-ler – viel wissen wir über die Generation Alpha noch nicht. Aber das, was wir wissen, ist zum Teil beunruhigend.
Generation Alpha: Wer sind diese Kinder?
Fridays for Future, Snapchat, Tiktok-Videos, der Traum einer Vier-Tage-Woche: Momentan ist es vor allem noch die Generation Z, die in aller Munde ist und die uns aufzeigt, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft künftig bewegen wird – indem sie gängige Maßstäbe hinterfragt. Und gerade weil die Gen Z-ler gerade so vieles aufrütteln und auch durch ihre Mitsprache in den sozialen Medien so omnipräsent sind, haben sich doch die wenigsten bereits gefragt, was denn darauf eigentlich noch folgen soll. Liegt vielleicht auch daran, dass die Post-Gen-Z-Generation auch noch so jung ist, dass ein Großteil der Gesellschaft mit ihnen noch gar nicht in Berührung gekommen ist. Die ältesten Kinder der Generation Alpha (Jahrgänge 2011-2025) sind nämlich gerade mal zehn Jahre alt. Viel lässt sich da noch nicht sagen. Aber genug, um ein bisschen besorgt zu sein.
- Babyboomer: 1946-1964
- Generation X: 1965-1979
- Generation Y: 1980-1995
- Generation Z: 1996-2010
- Generation Alpha: 2011-2025
Die Voraussetzungen für ein gutes Leben der Generation Alpha ist, dass ihre Eltern lernen abzuschalten.
Der Generationenforscher Rüdiger Maas über die Generation AlphaTweet
Generation Alpha und ihre Eltern
Um verstehen zu können, wie die Generation Alpha tickt, ist ein Blick auf ihre Millennial-Eltern hilfreich: Welche sehen ihre Erziehungsmaßnahmen aus? Welchen Einfluss haben sie auf ihre Kinder? Fest steht: die Millennials gelten als erste Generation der "Digital Natives", auch Social Media gehört zu ihrem Alltag. Auf Instagram sehen sie Bilder von vermeintlich perfekten und glücklichen Familien, sie werden mit einem Überangebot von Erziehungstipps bombadiert und wollen natürlich mithalten können. Aus diesem ständigen Vergleich resultiert ein enormer Leistungsdruck und das Gefühl, bei der Erziehung ihrer Kinder alles richtig machen zu müssen. Der Generationsforscher Simon Schnetzer sagt dazu auch treffend: "Die Voraussetzungen für ein gutes Leben der Generation Alpha ist, dass ihre Eltern lernen abzuschalten".
Der Drang nach Perfektion bei der Erziehung kann nämlich vor allem zu einem führen: Überbehütung. Kindern wird immer mehr abgenommen, was sie eigentlich selbst tun könnten, fand eine repräsentative Studie des Instituts für Generationenforschung heraus, in der sowohl Kinder als auch Eltern der Generation Alpha unter die Lupe genommen wurden. Befragt wurden rund 1.200 Pädagog:innen über ihre Wahrnehmung ihrer zu betreuenden Kinder zwischen 0 und 10 Jahren. Insgesamt wurde das Verhalten von rund 22.500 Kindern eingeschätzt. Darüber hinaus wurden auch etwa 650 Eltern zu ihrer Erziehung und zur Einschätzung ihrer Kinder befragt.
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Generationenforschung zieht erste Bilanz zur Generation Alpha
Die Bilanz des besonders fürsorglichen und überbehütenden Erziehungsstils: "Wir hatten in Deutschland noch nie so viele unglückliche Kinder" schlussfolgert der Studienleiter und Generationenforscher Dipl.-Psych. Rüdiger Maas. "Wir haben feststellen können, dass die Überbehütung ähnliche Symptome zeigt wie bei Kindern, die vernachlässigt werden. Die Überbehütung findet heute aber viel häufiger statt". Noch dazu zeigten die Kinder der Studie bestimmte Auffälligkeiten: 40 Prozent zeigten Abweichungen im sprachlichen Bereich, 19 Prozent im motorischen Bereich und 30 Prozent im sozialen – so fällt es ihnen zum Beispiel schwerer, von sich aus auf andere Kinder zuzugehen und Kontakte zu knüpfen. Wenn Eltern beim Spielen oder im Streit zwischen Kindern immer wieder als konfliktlösende und schlichtende Instanz dazwischen gingen, könnten sie außerdem bestimme Bewältigungsstrategien nicht erlernen, meint Maas. In vielen Punkten hätte aber auch die Corona-Pandemie bestimmte Auffälligkeiten noch zusätzlich verstärkt, erklärt Maas. Weil Eltern und Kinder auf sich gestellt worden sind, hätte "man eine ganze Generation ausgespart von Seiten der Regierung".
Gleichzeitig muss man mit den Ergebnissen der Studie auch vorsichtig sein: Es lässt sich sicherlich nicht von ein paar Befragungen auf eine ganze Generation schließen. Und: Sie wurde inmitten einer Pandemie durchgeführt, in der sich Kinder und Eltern ohnehin in einem Ausnahmezustand befanden.
Generation Alpha und die digitale Welt
Eine der wichtigsten Fähigkeiten in Zukunft wird es sein, alles Digitale einmal beiseite zu legen und zu sich selbst zu finden. Manche nennen das Meditation. Denn tief in uns wissen wir, was wir wirklich wollen und was gut für uns ist. Durch das permanente Kommunizieren und online sein, ist es schwerer das herauszufinden.
Generationsforscher Simon SchnetzerTweet
Was es noch über die Generation Alpha zu sagen gibt: Sie sind so technologiegesteuert wie keine Generation zuvor. Selbst die Ältesten unter ihnen wuchsen zu Zeiten auf, in denen das Smartphone schon längst unseren Alltag bestimmt hat. Alles um sie herum ist längst digitalisiert: Es gibt Spracherkennungssysteme, Streamingplattformen, künstliche Intelligenzen. Ihre Eltern sitzen nicht mehr mit Zeitungen am Frühstückstisch, sondern mit Tablets. Ihre Kindheitsfotos werden in irgendeiner Cloud gespeichert statt im Fotoalbum festgehalten. Alles, was die Kindheit der Millennials und Gen Z-ler geprägt hat (lineares Fernsehen, Digitalkameras, CDs und Kassetten), sind für die Generation Alpha gefühlt Reliquien aus alten Zeiten. Was bedeutet es, in einer solch extrem digitalisierten Welt groß zu werden?
Es bedeutet vor allem eine große Herausforderung, davon ist der Generationsforscher Simon Schnetzer überzeugt. Es brauche neue Maßnahmen, damit sich die Alphas in dieser digitalen Welt zurecht finden – passende Unterrichtsfächer in der Schule zum Beispiel, in denen ein gesunder Umgang mit den sozialen Medien gelehrt wird. Gleichzeitig kann die Generation Alpha mit ihrer hohen Digital- und Technologiekompetenz auch einen großen gesellschaftlichen Beitrag leisten, indem sie den technischen Fortschritt weiter voranbringt, ihn gleichzeitig aber auch sinnvoller nutzt und kritischer hinterfragt als die Generationen zuvor. Weil die Technologie zunehmend Überhand über das Leben des Nachwuchses gewinnen wird, wird es ein grundlegendes Bedürfnis werden, sich als Mensch wieder auf sich selbst zurückzubesinnen, meint Schnetzer: "Eine der wichtigsten Fähigkeiten in Zukunft wird es sein, alles Digitale einmal beiseite zu legen und zu sich selbst zu finden. Manche nennen das Meditation. Denn tief in uns wissen wir, was wir wirklich wollen und was gut für uns ist. Durch das permanente Kommunizieren und online sein, ist es schwerer das herauszufinden".
Die Generation Alpha und der Klimawandel
Es würde ein wichtiger Punkt fehlen, wenn man im Zusammenhang mit der kommenden Generation nicht auch über ihr Verhältnis zum Klimawandel nachdenken würde. Denn mehr als keine andere Generation wird die Generation Alpha mit den Auswirkungen der globalen Erwärmung konfrontiert werden. Klimaangst und Zukunftssorgen werden das Stimmungsbild der Generation mitbestimmen. Das bedeutet auch, dass die Generation Alpha ihr eigenes Handeln und ihren Konsum besonders stark nach ihrem ökologischen Fußabdruck ausrichten wird und zum Beispiel auf "umweltschädigende Hobbies und Verhaltensweisen" verzichten, prognostiziert Schnetzer. Die Alphas werden große Klimaschutz-Bewegungen (Fridays For Future), die von der Generation Z eingeführt werden, noch größer machen und deutlich mehr auf die damit verbundenen Problematiken aufmerksam machen, indem sie zum Beispiel auch von Unternehmen erwarten, dass sie ihre Handlungen hinsichtlich deren Umweltauswirkungen kritisch hinterfragen.
Insgesamt werden wohl noch ein paar Jahre vergehen werden müssen, damit man noch mehr triftige Aussagen über die Generation Alpha treffen kann. Und bis dahin sollten wir auch das immense Potential der Generation Z nicht unterschätzen.
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