Feminismus, Antirassismus, gesellschaftlicher Wandel, Digitalisierung, Finanzen und Arbeit von morgen – das und noch viel mehr waren die Themen unserer Frauenkonferenz. Hier kommen unsere Top 10 Learnings, die wir von unseren Speaker:innen mitnehmen.
1. Mythen über Geschlechter sind vor allem eins: Mythen
Die eine lustige Frau, die eine Frau in einer Talkshow, die eine weibliche Führungskraft: Schon früh wird uns suggeriert, es gebe immer nur die Eine. Dieses Konkurrenzdenken haben viele verinnerlicht. Dass dies – wie so vieles – aber nur ein Mythos ist, macht Moderatorin und EMOTION-Coverfrau Janin Ullmann auf den EMOTION Women's Days deutlich. Um das zu verinnerlichen, brauchen wir Rolemodels – und können auch selbst Rolemodel für andere sein. Janins Tipp: Wenn wir eine Einladung oder einen Job nicht annehmen können, unbedingt eine andere Frau empfehlen!
2. Seid laut und sagt, was ihr wollt!
Da schließt sich Caitlin Moran an: "No one will ever give you money or power. You have to ask for it. Practise that!", sagt die britische Autorin. Klare Kommunikation sei so wichtig, und dazu gehöre auch, zu lernen, Komplimente anzunehmen. Sprecht über euch und andere in wohlwollender Weise und seid euch immer bewusst: Es ist keineswegs egoistisch, euch selbst zu lieben! Geht aktiv auf die Aussagen und Ideen anderer Frauen ein. Sie werden in Runden weniger gehört als Männer und manchmal bekommen die Männer dafür den Credit.
3. Community ist alles
"We’re all made up of the people who surround and support us", sagt die Autorin Elizabeth Uviebinené, und macht deutlich, wie wertvoll ein starkes, unterstützendes Umfeld ist. Davon sind auch Cloudy Zakrocki (Hand in Hand) und Caroline Schmitt (Douglas) überzeugt. Führungskräfte müssten verstehen, dass man selbst nur so gut ist wie das Team. Und dabei gilt: "Je diverser wir unser Umfeld gestalten, desto bereichernder ist das für uns."
Katarina Barley überlegt, wie wir die Spaltung in Europa verhindern können: "Wir können informieren, dass es organisierte Netzwerke gibt, die Daten sammeln und versuchen, so viele Menschen wie möglich in ihren Spin hereinzubekommen. Das zweite ist vernetzen. Wir haben es mit sehr mächtigen Strukturen zu tun, da müssen wir auch mächtiger werden. Wir müssen aufhören, uns gegeneinander auszuspielen und an einem Strang ziehen."
4. Es ist mutig, aber auch überfällig, Arbeit mal anders zu denken
Neue Zeiten erfordern neue Arbeitweisen – und das nicht erst seit Corona. Arbeit neu zu denken kann unterschiedlich aussehen, ob es sich nun auf digitale Formate bezieht oder auf flexiblere Zeitmodelle. Die Transformation zu New Work ist hart, so Christine Solf von Accenture. Aber sie lohne sich. Denn letztlich würden wir alle davon profitieren. Die Journalistin Harriet Minter ist nicht erst seit der Corona-Zeit Homeoffice-Expertin – musste sich aber auch schon einigen Vorurteilen widersetzen: "When I started to work from home one day per week, I continued to work as hard as I did when I went to the office. But everyone assumed, I wasn't as ambitious in my career now", sagt sie in ihrem Vortrag am Dienstagvormittag. In ihrem Buch plädiert sie für mehr Flexibilität in der Arbeit und dafür, für sich selbst herauszufinden, wie und wo man gut arbeitet.
Wir sollten lernen, für Kolleg:innen und Mitarbeitende gute Rolemodels zu sein. "Ich habe meine Tochter immer zur Arbeit mitgenommen. Man hat oft Angst davor, aber man muss es manchmal einfach machen", sagt Caroline Schmitt.
Last but not least: Weniger ist manchmal mehr. Das weiß Alex Soojung-Kim Pang, der für eine Vier-Tage-Woche plädiert, und das weiß auch Judith Holofernes, die am Montagnachmittag davon berichtet hat, wie nein zu sagen auch zu Neuanfängen führen kann. Sarah Jaffe erinnert uns auch am Dienstag daran, dass Arbeit wichtig, aber nicht alles ist. Da wir trotzdem alle unsere Miete zahlen müssen, fordert sie klarere Vorgaben zu Arbeitszeiten und Löhnen und rät uns, uns zusammen zu schließen – denn das Problem ist kein individuelles.
5. Empathie ist immer eine Lösung
Wie gehe ich mit Hass um? Entertainer und UN-Sonderbotschafter für LGBTQI Riccardo Simonetti begegnet Diskrimierung mit radikaler Empathie. Nur das habe ihm bislang gegen Intoleranz, Ausgrenzung und grundlosen Hass geholfen, nur dadurch nähere man sich einander an. "Menschen, die hassen, hassen meistens, weil sie Angst haben. Angst, dass sie keinen Platz mehr in der Gesellschaft haben. Aber das ist ein totaler Irrglaube, denn wir setzen uns ja für Toleranz ein, weil Platz für alle da ist." Das können Sängerin Wilhelmine und Influencerin und Autorin Melodie Michelberger nur unterstreichen.
6. Wir dürfen uns nicht zum Schweigen bringen lassen
"Es gab einen Zeitpunkt in meinem Leben, wo ich mich entscheiden musste: Will ich mich weiterhin Hate Speech aussetzen und in der Opferrolle bleiben? Oder möchte ich mich lautstark dagegen wehren?" Jasmina Kuhnke hat sich bewusst dafür entschieden, nicht zu schweigen, und dem Hass, der Misogynie und Rassismus etwas zu erwidern. Und dabei, da sind sie und Nicole Diekmann sich einig, sei es essentiell, zusammenzustehen und einander volle Solidarität zu zeigen. "Wir stehen noch ganz am Anfang der Hassbekämpfung", sagt Nicole. Und Jasmina: "Ich werde nicht leiser werden und mich zurückziehen – weil ich dadurch vielleicht anderen helfen kann. Es kann schlimme Konsequenzen haben, aber wir stehen zusammen und wir halten uns gegenseitig."
Genau das ist auch das Anliegen von Serpil Temiz Unvar und ihrer Bildungsintiative Ferhat Unvar. "Ich habe keinen Hass in mir, nur Wut. Und diese Wut gibt mir Kraft." Nicht zuletzt im Hinblick auf die Bundestagswahl wünscht sich von uns allen mehr Solidarität.
Ebenfalls laut (zum Glück) ist Laura Gehlhaar. Ihr Standing musste sich die Autorin und Coachin erkämpfen: "Als Mensch mit Behinderung wird man in Deutschland als dankbar, leise und demütig sozialisiert. Ich bin von meinem Naturell her aber eigentlich laut und selbstbewusst – damit passe ich nicht in die Schublade."
7. Die Gesellschaft ist schon weiter als die Politik, die sie repräsentiert
Maja Göpel, Kristina Lunz und Düzen Tekkal wünschen sie eine "Politik, die genuin auf Empathie ausgelegt ist." Doch "die deutsche Politik ist Lichtjahre davon entfernt, feministisch zu sein." Sie vertritt noch immer längst nicht alle Menschen und ihre Themen, das hat nicht zuletzt das Kandidat:innen-Triell gezeigt.
"Viele alte Strukturen rutschen, sie wirken nicht mehr. Doch sie bäumen sich auf und wehren sich gegen das Rutschen. Die Politik ist da noch sehr weit hinten, wo die Zivilgesellschaft schon viel weiter ist", sagt Maja. "Mein großes Ansinnen: Wir schaffen wir es, die Lösungen, den Aufbruch und das Zusammendenken aus der Gesellschaft und die Ideen für ein gutes Leben auch zu realisieren?" Kristina und Düzen versuchen dies mit dem Centre for Feminist Foreign Policy und der Initiative Defend Afghan Women’s Rights.
Ganz wichtig aber: "Die Politik alleine tut nichts, wenn kein Druck aus der Gesellschaft da ist", so Serpil Temiz Unvar.
8. Das haben wir schon immer so gemacht" ist kein valides Argument
"Das Argument, das ich oft zu Sexismus und Rassismus höre, ist: Das haben wir schon immer so gemacht. Das ist kein valides Argument, denn dann würden wir nicht wachsen." Und Wachstum und das Bewusstsein dafür seien essentiell, so Komikerin Enissa Amani. Das sei oft mit Schmerz verbunden, denn um Dinge zu verändern, müssten wir erst einmal realisieren, inwiefern wir selbst diskriminierende Strukturen unterstützen oder von ihnen profitieren, und uns dann bewusst verändern. Nur so jedoch kommen wir weiter.
9. Gleichberechtigung ist keine Designer-Handtasche
"Equality isn’t a luxury, it’s not like a designer handbag. It’s a necessity. It’s like water or food." Eine starke Aussage von Caitlin Moran. Und Zeit, dass das alle erkennen. Caroline Farberger, CEO der schwedischen Versicherung ICA und trans Frau, schließt sich da an und sagt, sie habe erst nach ihrer Geschlechtsanpassung vollkommen verstanden, wie wenig weit wir in der Gleichberechtigung seien und was alles noch zu tun sei. Caroline, die sich schon zuvor als feministisch empfunden hatte, sagt: "It took me less than three months of living as a woman to understand that I had not understood the topic of equality at all."
Auch Josephine Drews, Ronja Ebeling und Laura Gehlhaar fordern in ihrem Panel eine inklusivere und diversere Welt – sehen aber auch, dass in der Gesellschaft, außerhalb der eigenen Bubble, noch viel zu tun ist. Mansplaining in Kommentaren zu Ronjas Buch, Josephines Eindruck, Diversität würde in den Medien "in homöopathischen Dosen" verabreicht, um sich das Thema zwar auf die Fahnen schreiben zu können, aber "Menschen nicht zu verschrecken" und Lauras eigene Erfahrungen, als behinderter Mensch während der Corona-Zeit von der Politik vergessen zu werden. "Solidarität entsteht aus Missständen, die man gemeinsam angehen muss, weil das niemand alleine schafft", sagt Josephine. Dafür gründete sie im letzten Jahr mit FEMgmt das erste Künstler:innen Management für Social Influencer:innen aus dem Bereich Frauen, LGBTQIA+ und Diversity.
10. Wir sollten uns (als Frauen) feiern
Caitlin Moran bringt es auf den Punkt: "We should enjoy being a woman! We can have multiple orgasms, we can multitask. Unlike men, we have never formed a fascist regime or left the toilet seat up."
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