Was haben sich die einzelnen Parteien in Sachen Bildung und Digitalisierung in ihren Wahlprogrammen auf die Fahne geschrieben? Wir liefern euch vor der anstehenden Bundestagswahl den Überblick.
Bildung und Digitalisierung bei der Bundestagswahl 2021
Deutschland hängt beim digitalen Wettbewerb hinterher – das ist inzwischen kein Geheimnis mehr und wurde in Pandemie-Zeiten besonders an Bildungseinrichtungen deutlich: sowohl die digitale Ausstattung als auch die meisten Lehrkräfte schienen dem Online-Unterricht nicht gewachsen. Es gibt kaum Konzepte, die sozial schwache Schüler:innen und Studierende in solchen Phasen unterstützen und digitale Kompetenzen stehen in den wenigsten Fällen auf dem Pflichtprogramm der Lehr- und Lernpläne. Es gibt also noch einiges zu tun! Wir haben für euch zusammengefasst, was sich die sechs größten Parteien in Sachen Bildung und Digitalisierung vornehmen.
CDU/CSU will bei frühkindlicher Bildung ansetzen
Das Thema "Bildung" ist für die Union ein großes Anliegen, dem die beiden Parteien in ihrem Wahlprogramm ein eigenes Kapitel widmen. Angesetzt wird bei der frühkindlichen Bildung: CDU und CSU wollen Kitas weiter ausbauen und die sprachliche Bildung schon im jungen Alter mehr fördern: durch standardisierte Diagnoseverfahren und individuelle Sprachförderpläne. Mit der Bund-Länder-Initiative "Schule macht stark" sollen bessere Bildungschancen für sozial benachteiligte Schüler:innen ermöglicht werden.
Um coronabedingte Bildungsrückstände in den Schulen aufzuholen, soll ein spezielles Unterstützungsprogramm in Höhe von einer Milliarde Euro auferlegt werden. Dabei sollen unter anderem Lehramtsstudierende, Seniorlehrkräfte und Volkshochschulkräfte Lerndefizite bei Kindern und Jugendlichen wieder ausgleichen. CDU und CSU wollen außerdem "digitale Kompetenz" in den Unterricht integrieren. Schüler:innen sollen ein Grundverständnis in Technik, Informatik und Medien erlangen, um Inhalte selbst generieren und auch bewerten zu können.
Der Bildungsweg soll aber nicht mit dem Berufsbeginn enden: Die Union will weiterhin eine lebenslange Weiterbildung fördern und im ersten Schritt 150 Millionen Euro bereitstellen, um passende Konzepte und Lehrpläne zu entwerfen.
SPD – Ausbau der digitalen Infrastruktur
Die SPD will in Deutschland bis 2030 eine "digitale Infrastruktur auf Weltniveau“ erschaffen und besonders in der Bildung und Verwaltung komplett digitalisiert sein. Die Schulen sollen auf hohem technischen Niveau ausgestattet werden und Schüler:innen erhalten digitale Geräte mit Internetzugang. Ein zentrales Ziel – ähnlich wie bei CDU/CSU – ist es, dass die Medienkompetenz bereits im frühen Alter gefördert wird. Ein wichtiger Ansatz hierfür seien die Lehrkräfte, deshalb sollen bundesweit vernetzte Kompetenzzentren errichtet werden, die in Sachen Digitalität aus- und weiterbilden.
Für eine gelungene Digitalisierung will die sozialdemokratische Partei Maßnahmen für Cybersicherheit stärken und Algorithmen strenger regulieren, damit algorithmische Entscheidungen künftig transparent und diskriminierungsfrei sind.
Außerdem muss Internetzugang laut der SPD für jede:n bezahlbar sein, deshalb soll es einen Sozialtarif für Menschen mit wenig Einkommen geben und sie fordern ein "Recht auf digitale Bildung und Weiterbildung für alle Generationen". Es soll ein Modell geben, mit dem alle Erwerbstätigen Bildungs(teil-)zeit beantragen können, sodass sie sich mit ausreichend Zeit und staatlicher Förderung weiterbilden oder umschulen können.
Die Linke fordert inklusives Bildungssystem
Die Linke will sich für ein Bildungssystem einsetzen, das allgemein zugänglich und inklusiv ist, damit soziale Ungerechtigkeit abgebaut werden kann und nicht weiter verstärkt wird. Sie fordert in ihrem Wahlprogramm:
Zusätzliche Erzieher:innen, Lehrkräfte und Sozialarbeiter:innen sollen die Bildungseinrichtungen unterstützen und Gebäude müssen saniert und ausgebaut werden. Sie wollen das Kooperationsverbot von Bund, Ländern und Kommunen aufheben, um eine gemeinsame Zusammenarbeit zu ermöglichen und Bildung als Aufgabe aller anzuerkennen. In allen Bundesländern sollen Abschlüsse jeder Art gleich gewertet und auf dieselbe Weise erworben werden können.
Die Linken möchten außerdem einen Rechtsanspruch auf ganztägige Kitaplätze einführen und kostenlose Mahlzeiten in Kitas und Schulen anbieten.
Gemeinschaftsschulen seien der Schlüssel für eine soziale Gerechtigkeit, damit Schüler:innen individuell gefördert werden und die Türen zu allen Schulabschlüssen offen stehen. Es soll zur Selbstverständlichkeit werden, dass Deutsch als Zweitsprache für Geflüchtete unterrichtet wird. Hierfür müssen Lehrkräfte umfassend aus- und weitergebildet werden.
Im Bereich Digitalisierung fordert die Linke, dass alle Kinder einen Laptop als Bildungsausstattung erhalten sowie kostenlosen Internetzugang sowohl Zuhause als auch in allen Lernräumen. Medienkompetenz wird auch in ihrem Wahlprogramm großgeschrieben und soll bereits im frühkindlichen Alter erlernt und über die Arbeitswelt hinaus bis ins späte Alter gefördert werden.
Bündnis 90/Die Grünen: "Bildung für nachhaltige Entwicklung"
Im Wahlprogramm der Grünen wird dem Thema Bildung ein ausführliches Kapitel gewidmet, wobei der Fokus auf einer Förderung von Schule, Ausbildung und Studium liegt. Getreu ihrem inhaltlichen Schwerpunkt wollen sie nachhaltige Entwicklung und Umweltbewusstsein in die Bildung integrieren, um eine Gesellschaft heranwachsen zu lassen, die zukunftsfähig denkt und handelt.
Die Grünen fordern wie die meisten Parteien mehr Fachkräfte in Kitas und Schulen und wollen mehr Anreize durch bessere Löhne und Arbeitsbedingungen schaffen. Jedes Kind soll einen individuellen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung erhalten und ein breit gefächertes Bildungsangebot zur Verfügung haben. Hierfür wollen die Grünen die Zusammenarbeit mit Vereinen, Musikschulen, etc. finanziell fördern.
Sie fordern außerdem einen "Corona-Rettungsschirm für Kinder und Jugendliche": Kulturelle und sportliche Angebote sowie Aufklärung zu psychischer Gesundheit und Einzelfallhilfen sollen die Schüler:innen während und nach der Krise stärken und zu einer umfassenden Persönlichkeitsbildung beitragen.
Tablets und Laptops sollen zur Grundausstattung an Schulen gehören und die Strukturen sollen insgesamt so ausgebaut werden, dass ein zeitgemäßes digitales Lernen gefördert wird. Die Bereiche Mathe, Naturwissenschaft, Informatik und Technik sollen künftig ohne Stereotype auskommen und deshalb besonders für Mädchen attraktiver gemacht werden. Frauen sollen öfter in Gremien mitmischen, um entsprechende Entscheidungen zu treffen und Vorbilder für weitere Frauen darzustellen.
Die Grünen wollen sich außerdem wie die Linke für „transparente Algorithmen“ einsetzen und gegen Diskriminierung im Netz ankämpfen.
FDP will die Digitalpolitik grundlegend transformieren
Die bisherige deutsche Digitalpolitik ist der FDP zu „unkoordiniert, ziellos und chaotisch“ und sie will die Kompetenzen deshalb in einem Ministerium bündeln, um die digitale Transformation gezielt und effizienter voranzubringen. Das steht außerdem in ihrem Wahlprogramm zu den Themen Bildung und Digitalisierung:
Die Freien Demokraten wollen bis 2025 ein bundesweites 5G-Netzwerk errichten und die entstehenden Kosten durch Gigabit-Gutscheine für private Haushalte und klein- bis mittelgroße Unternehmen teilweise erstatten. Sie planen ein „Deutschlandportal“, in dem alle amtlichen Dienstleistungen digitalisiert werden und allen Bürger:innen Zugriff auf die eigenen Daten gewährt wird.
In den Bildungssektor sollen ein Prozent des Mehrwertsteueraufkommens investiert werden – also rund 2.5 Milliarden Euro und die Schulen sollen ein eigenes Budget erhalten, das sie autonom verwalten dürfen. Um die frühkindliche Bildung zu stärken, wird bei der Ausbildung der Erzieher:innen angesetzt, die künftig nicht nur kostenfrei, sondern sogar vergütet werden soll. Lehrkräfte sollen verpflichtend an Fortbildungen teilnehmen, die hinsichtlich digitaler Lehre aus- und weiterbilden.
Ein „Digitalpakt 2.0“ soll die Schulen sowohl mit ausreichend Technik als auch mit IT-Administrator:innen und digitalem Lernmaterial ausstatten. Online-Unterricht soll dadurch keine Herausforderung mehr darstellen und genauso wie Präsenz-Unterricht möglich sein.
Wahlprogramm AFD: Fokus auf Datenschutz und Datensicherheit
Die AfD legt in ihrem Wahlprogramm in Sachen Digitalisierung vor allem Wert auf Datenschutz und -sicherheit, die mit weniger Bürokratie auskommen soll. Dafür soll die Datenschutz-Grundverordnung abgeschafft und durch ein schlankeres Gesetz ausgetauscht werden. Außerdem sollen öffentliche Verwaltungsprozesse digitalisiert und vereinheitlicht werden.
Beim Thema Bildung will sich die AfD wie alle große Parteien dafür einsetzen, dass Schulen mit moderner Technik ausgestattet werden – in der Grundschule sollten jedoch „vorwiegend digitalfreie Räume sein“, da die Schüler:innen sich auf Wesentliches wie Lesen, Schreiben und Rechnen konzentrieren sollen.
Die AfD lehnt Gesamtschulen ab, da ein differenziertes Schulsystem den verschiedenen Fähigkeiten gerechter werde und will auch Förder- und Sonderschulen unbedingt beibehalten. Sie will außerdem dem "Akademisierungswahn" entgegenwirken und Ausbildungsberufe wieder mehr fördern. Konkrete Maßnahmen werden nicht genannt.
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