Kryptowährungen – es vergeht kein Tag mehr ohne eine Meldung über das virtuelle Zahlungsmittel. Bei dem einen klingt das berühmte Klagelied im Konjunktiv an "Hätte ich mal früher investiert", der andere schreit immer noch vor Glück. Und wieder andere fragen sich, worum es dabei überhaupt geht.
Was hat es mit den Bitcoins auf sich?
Die Papierform suchen Sie bei dieser Währung vergebens und auch sonst unterscheidet sie sich deutlich von seinen klassischen Artgenossen.
Die digitalen Währungseinheiten werden durch Rechenprozesse erzeugt. Bitcoins werden nicht gedruckt, sondern "geschürft". In dieses sogenannte Mining könnte grundsätzlich jeder Besitzer eines Computers einsteigen. Nur kostet der Prozess mittlerweile so viel Geld und Rechenleistung, dass aufgrund des hohen Energieverbrauchs bald der WWF auf den Plan tritt.
Die Kryptowährung Bitcoin hat aber noch viele kleine Brüder und Schwestern und zwar eine ganze Menge: Sie heißen Ether, Dash, Ripple, usw. Allerdings haben die es noch nicht ganz ins Rampenlicht geschafft wie das bei Bitcoins der Fall ist.
Sie alle präsentieren eine Art Parallelwelt für Geld. Ein Währungssystem unabhängig von Regierungen und Regulierungen. Kryptowährungen ermöglichen weltweit staatlich unkontrollierte Transaktionen in Echtzeit und die Kosten sind vergleichsweise gering. Auf digitalen Börsen im Netz können Bitcoins & Co gegen klassische Währungen getauscht werden und schon landet man wieder in der "realen" Welt.
Was das für eine Revolution der Bankenwelt bedeutet, will immer noch nicht jeder in den Frankfurter oder New Yorker Wolkenkratzer wahrhaben. Während für eine Auslandsüberweisung schnell ein zweistelliger Euro-Betrag fällig wird, sind die Gebühren für den Transfer von Digitalwährungen unschlagbar günstig. Zudem dauert die Transaktion meist nur Minuten, unabhängig von der geografischen Entfernung. Und Kryptowährungen sind nicht die einzigen digitalen Zahlungsmethoden, die auf dem Vormarsch sind. Eine Welt im Wandel.
Wie funktionieren Bitcoins?
Bitcoins werden "peer-to-peer" gehandelt, also direkt zwischen den Besitzern. Möglich macht dies die Blockchain-Technik: Innerhalb des Systems werden sämtliche Transaktionen mehrfach und dezentral gespeichert. Jede Überweisung wird transparent dokumentiert und kann eingesehen werden. Abgesehen davon, dass man schon ein echter Nerd sein muss, um eine Interpretation der ganzen Daten vornehmen zu können, sind Kryptowährungen in sich ein unschlagbar geniales System.
An den Börsen werden die einzelnen Kauf- und Verkaufsangebote gelistet, wobei jeder Teilnehmer wie auf einem Flohmarkt selbst einen Preis bestimmen kann. Stimmen Käufer und Verkäufer einer Transaktion zu, muss der Käufer per Online-Banking innerhalb von einer Stunde die Überweisung zu Gunsten des (realen) Girokontos des Verkäufers vornehmen. Sobald der Geldeingang bestätigt wurde, werden dem Käufer die entsprechenden Bitcoins gut geschrieben.
Kann sich eine Währung, die zwischen unbekannten Personen und Institutionen gehandelt wird, tatsächlich erfolgreich etablieren? Impulsiv würde man das verneinen, doch die Transaktionen werden so transparent und präzise ausgeführt, dass das gar keine Rolle spielt.
Der bis heute unbekannte Erfinder Satoshi Nakamoto hat bereits im Jahr 2008 in seinem berühmten "White Paper" die Systembeschreibung geliefert und damit eine Revolution gegen das Banken-Establishment geschaffen.
Krypto = verborgen, versteckt, geheim
Die gesamte kriminelle Schattenwelt erhielt dank Nakamoto ein unreguliertes Instrumentarium unfassbaren Ausmaßes. Eine Art Tarnumhang für Geldtransaktionen. Die Kryptowährungen blieben nicht im Deep Web stecken, nein, vielmehr fanden sie ihren Weg rasant in die Außenwelt.
Unmerklich mutierte der Bitcoin zu einer weltweiten Alternativwährung. Und auch wenn sich insbesondere die Länder mit Kapitalverkehrskontrollen, wie z.B. China per Verbot um Kontrolle bemühten, ist Bitcoin längst zum Mainstream geworden und die Wertentwicklung lässt einen schwindelig werden.
Trotz zahlreicher Warnungen renommierter Währungs- und Anlageexperten eilte der Bitcoin von Rekord zu Rekord. Ende 2011 notierten Bitcoins noch unter 2 Euro. Am 8. November diesen Jahres waren es 7.882 Dollar.
In den vergangenen Wochen sorgte die Nachricht, dass die weltweit größte Options- und Terminbörse CME in den Bitcoin-Handel einsteigen dürfe, für einen weiteren Höhenflug. Dann kam der Kurseinbruch. Innerhalb weniger Tage verlor der Bitcoin 1.000 Dollar an Wert, doch die Kurserholungen ließen nicht lange auf sich warten.
Die Turbulenzen werden nicht nachlassen – oder doch? Bedarf es nicht für jedes System eine gewisse Zeit, bis es sich einpendelt und basiert nicht jede Währung – ob klassisch oder virtuell – auf Angebot und Nachfrage?
Die klassische Geldmenge könnte theoretisch ohne Begrenzung gedruckt werden, Bitcoins hingegen werden knapp. Der komplizierte Algorithmus, mit dem die virtuellen Münzen produziert werden, sorgt dafür, dass maximal 21 Millionen Bitcoins produziert werden können.
Die Bitcoin Community hat das endliche Skalierungsproblem erkannt und bildete unterschiedlichste Initiativen es zu lösen – siehe Bitcoin Cash, SegWit oder Lightning. Die diversen Abspaltungen stellen jedoch die Einheit des Bitcoin in Frage. Jede Nachricht zu diesem Thema schlägt sich direkt in der Wertnotierung nieder. Die Kursbewegungen von Bitcoins sind unfassbar schwankungsreich.
Wie investiere ich in Bitcoins?
Kryptowährungen eignen sich nicht zur klassischen Geldanlage und sind nichts für schwache Nerven. Totalverlust inklusive. Aber interessant bleibt das Thema allemal.
In Deutschland ist ein Direkthandel über den Marktplatz bitcoin.de möglich. Absolute Sicherheit für die Online-Börsen gibt es nicht, wie die Vergangenheit zeigt. Bei zahlreichen Hackerangriffen auf große Plattformen wie MtGox oder BitFinex verloren Nutzer bereits ihr Geld.
Es gibt Alternativen: Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt hat das schwedische Unternehmen XBT Provider AB das erste börsengehandelte Zertifikat (engl. Exchange Traded Note) auf Bitcoin entwickelt, das eine Partizipation an der Entwicklung ermöglicht. Einfach in das eigene Wertpapierdepot kaufen (ISIN SE0007126024) – fertig. Die Schweden eben: charmant innovativ und ohne viel tam tam.
Und dann gibt es noch einige deutsche Banken, die Kontos für Bitcoins anbieten. In der Theorie schön, die Umsetzung bisher eher miserabel. Und wehe Sie haben Fragen zur Abwicklung. Dann meldet sich einfach keiner mehr.
Vielleicht ist auch nicht nur der Bitcoin einen Blick wert. Die Brüder und Schwestern, also Ether & Co sind nicht minder interessant.
Ein Must-have in jedem Wertpapierdepot: Aktien von Unternehmen aus der "alten" Welt, die mit ihrer Technik von dem Nachfrageboom im Bereich der Kryptowährungen profitieren.
Achtung Betrüger
Zum Schluss noch ein Hinweis: Wo sich viel Geld verdienen lässt, tummeln sich auch Abzocker. Es existiert eine Vielzahl an Digitalwährungen, die sich zwar begrifflich an die Bitcoin-Währung anlehnen, hinter denen aber ein betrügerisches System steckt. Der bekannteste Fall: Onecoins. Inzwischen ermitteln zwar international die Behörden, aber Nachahmer sind bereits wieder aktiv.
Carolin Tsalkas ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der in Hamburg ansässigen Honestas Finanzmanagement (www.honestas-finanzmanagement.de) Das Unternehmen ist auf die ganzheitliche Optimierung institutioneller und privater Großvermögen spezialisiert. Tsalkas ist seit über 20 Jahren in diesem Segment tätig und begann ihren beruflichen Werdegang als Family Office Managerin bei der Berenberg Private Capital.