EMOTION-Redakteurin Henrietta Reese ist gerne und viel auf Reisen. Hier verrät sie, was das besondere für sie daran ist und gibt ein paar ihrer Geheimtipps weiter.
Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer, als ich auf den "Buchen"-Button klicke. Eine wohlige Vorfreude auf das nächste Abenteuer breitet sich aus. Reiselustig nenne ich das. Reisesüchtig manch anderer. Es stimmt schon, ich reise viel. Im Vergleich mit anderen Menschen wahrscheinlich sogar sehr viel. Sei es ein Wochenende in London, drei Monate Thailand oder gleich um die ganze Welt. Irgendeine Reise steht eigentlich immer an – und ich gebe zu, es macht mich nervös, wenn mal (was selten passiert) keine Flugbuchung im Kalender steht.
Letztens habe ich das erste Mal von einer Freundin gehört: „Du bist wohl auf der Flucht.“ Dieser Satz hat mich lange beschäftigt. Bin ich das wirklich? Und wenn ja, wovor laufe ich weg? Es ist natürlich einfacher, den Fragen des Lebens auszuweichen, wenn man ständig unterwegs ist. Wo soll es beruflich hingehen? Möchte ich Kinder haben? In der Ferne findet man immerhin eine Menge Ablenkung von dieser Realität. Gleichzeitig entkommt man ihr aber nie ganz, sie trifft dich ebenso in den Bergen Kaliforniens wie auf Bali am Strand. Das Reisen macht etwas mit mir, was viel mehr kann, als tausende Kilometer zwischen mich und den Alltag zu bringen. Jede einzelne Reise, sei sie noch so kurz, hilft mir, meine Perspektive auf mich und mein Leben in Deutschland zu verändern. Distanz, habe ich irgendwo gelesen, ist der beste Helfer für Selbstreflektion. Steckt man in einer Sache drin, kann man nicht gleichzeitig auf sie draufschauen. Im Urlaub aber kann man das. Sogar sehr gut und dazu noch entspannt.
Besonders stark hat mich eine Reise Anfang 2016 geprägt – ich war mit meiner Mama vier Wochen in Neuseeland, eine Woche auf Fidschi. Wir hatten eine wundervolle Zeit voll purer Schönheit und Luxus. Bis zu dem Tag, an dem ein Erdbeben Christchurch durchzitterte, die Straße vor mir Wellen schlug und nicht nur meine Beine, sondern auch meine Unbeschwertheit ins Wanken brachte. Nur eine Woche später fand ich mich auf einem Katamaran auf offener See wieder, der sich gegen meterhohe Wellen aufbegehren musste – wir wurden von der Fidschi-Insel Naukacuvu evakuiert, weil ein Zyklon mit voller Geschwindigkeit auf die Inselgruppe zuraste. Mit jeder Welle, die sich über dem kleinen Schiff überschlug, wurde die Menschen um mich herum ruhiger und ich dachte das erste Mal daran, dass ich von einer Reise nicht zurückkehren könnte.
Diese enormen Naturereignisse veränderten meinen Blickwinkel auf mein Leben hier stärker als jeder Paradies-Strand. Die Macht der Natur und die Angst vor meiner eigenen Endlichkeit trafen mich mit voller Wucht, doch was sie in mir zurück ließen, war vor allem Dankbarkeit.
Nach diesen Erlebnissen sehe ich mein Leben in Hamburg in einem anderen Licht. Demütiger, bescheidener. Und genau das ist es, was mich am Reisen fasziniert. Dass es nicht mit dem Aufsetzen des Flugzeugs auf der Landebahn endet. Wenn ich meine Wohnung betrete, ob nach drei Tagen oder drei Monaten, fühle ich jedes Mal eine kleine Veränderung in mir – ich fühle mich mir näher, bin selbstbewusster. Im Job schaffe ich es – gerade in den ersten Wochen nach einer Reise – gelassener mit Stress umzugehen. Freunden und Bekannten begegne ich mit mehr Offenheit und kann mich besser auf andere Meinungen und Lebenswege einlassen.
Auch im Umgang mit mir selbst bin ich weniger streng, erlaube mir, Fehler zu machen und setze mich nicht mehr so oft unter Druck. Ich versuche auch zu Hause der Mensch zu sein, der ich unterwegs bin: neugierig, frei und weltoffen. Leider holt mich der Alltag manchmal schneller wieder ein, als mir lieb ist – doch der nächste Flug ist ja zum Glück schnell gebucht.
Insider-Tipps
Hotel auf Fidschi: Paradise Cove Resort. Der Strand, das Essen, der unfassbar gute Service: In diesem Hotel habe ich mich wirklich wie im Paradies gefühlt. Das Personal kannte jeden Gast persönlich mit Namen und hat den Aufenthalt unvergesslich gemacht.
Restaurant in London: 26 Grains, 1 Neil's Yard (www.26grains.com). In diesem kleinen Laden gibt es das beste Porridge, was ich je gegessen habe! Zum Glück hat die Besitzerin Alex Hely-Hutchenson ein Kochbuch rausgebracht, sodass ich es zu Hause nachkochen kann.
Strand: Te Pukatea Bay, Abel Tasman National Park Neuseeland: Meine Mama und ich waren eine gute Stunde durch den Abel Tasman Nationalpark gewandert, als wir um eine Kurve kamen und der Blick - zunächst von oben - auf diese zauberhafte Bucht fiel. Einfach nur perfekt für eine kleine Abkühlung ein ein ausgiebiges Picknick.