Neue Bücher: Diese Autorinnen solltet ihr nicht verpassen

"Die Geschichte des Wassers" von Maja Lunde

Maja Lundes "Die Geschichte der Bienen" war in Deutschland das meistverkaufte Buch des Jahres 2017. Und dem zweiten Teil ihres Klima-Quartetts wünsche ich noch mehr Leser. Auch wenn – oder gerade weil – ich es trotz des Hoffnungsschimmers am Ende sehr beklommen zugeklappt ha­be. Wieder dreht es sich um ein Thema, das unsere Zukunft bestimmt: Wasser. Wieder verwebt sie zwei Erzählstränge: 2017 kann sich Aktivistin Signe mit ihren 71 Jahren noch genauso über Umweltsünden aufregen wie als Jugendliche, als die gewaltige norwegische Natur erstmals noch gewalti­geren Wirtschafts­interes­­sen geopfert wird. 2041 ist der Franzose David mit seiner kleinen Tochter Lou auf der Flucht vor der Dürre. Doch die Wasserländer haben die Grenzen dichtgemacht. Klar ist: Wir stellen die Weichen. Wir sind die Hoffnung.

Silvia Feist

Die Geschichte des Wassers, Maja Lunde, btb, 20 Euro, im Handel ab 19.3.

Bild: btb | Oda Berby

"Unreife Früchte" von Wioletta Greg

Ein kleines Buch, 140 Seiten. Und auch keine große Erzählung, sondern lauter Miniaturen, im Schnitt fünf Seiten lang. Die aber sind wie feinste dunkle Pralinen, zartschmelzend, buttrig intensiv, voller Aromen, die sich nach und nach entfalten. Ich möchte fast sagen, dass man Wioletta Gregs "Unreife Früchte" mit dem ganzen Körper spüren kann, mit der Nase, Augen und Ohren, dem Unterleib. Es ist ihre eigene Coming-of-Age-Geschichte im Polen der 70er- und 80er-Jahre, die Greg, Jahrgang 1974, hier malt und singt. Eine unbekannte, längst verblichene Welt in Dorf und Großfamilie. Da sind Kohleöfen, rostige Fahrräder und eine Armut, die nicht wehtut, sondern kreativ macht. Da ist die Natur, die Kalmus­blüten am Teich, die Johannis­käfer auf der Hand, das Geräusch, das das zu Röllchen vertrocknete Hasellaub im Wind macht. Da ist der Katholizismus, der hier längst Aberglaube ist, und da sind geraunte Geschichten von toten Kindern, sexuellen Übergriffen, der ersten Menstruation, Menschen, die stinken, aber wärmen, die schlagen und umarmen. So hart, so zart: ein Dorf, die ganze Welt.

Christine Ellinghaus

Unreife Früchte, Wioletta Greg, C. H. Beck, 18,95 Euro.

Bild: C. H. Beck | Joanna Sidorowicz

"Dunkelgrün fast Schwarz" von Mareike Fallwickl

Als der sensible Moritz dem gleichaltrigen Raffael zum ersten Mal begegnet, mit fünf, auf dem Spielplatz in einem kleinen Bergdorf, ist Moritz schnell klar: Diesem Jungen wird er nicht mehr entkommen. Seinem selbstbewussten Charme nicht, aber auch nicht der grünen Schwärze, die ihn umgibt. Und so werden die beiden unzertrennlich – etwas, das Moritz' Mutter Marie alles andere als gefällt. "Dunkelgrün fast schwarz" aber beginnt 31 Jahre später, als Raffael plötzlich wieder von Moritz' Tür steht, nach 16 Jahren Funkstille. Was ist damals passiert? 

Die Antwort darauf entwickelt Mareike Fallwickl auf drei Zeitebenen aus der Sicht dreier Menschen und sie baut dabei langsam, aber unerbittlich eine Spannung auf, die einen bis zu den letzten Seiten fieberhaft überlegen lässt: Ja, was ist denn damals nur passiert? Dabei gewährt dieses ­Debüt einen Blick in die Abgründe der menschlichen Seele, in Abhängigkeiten und Boshaftigkeiten, der so fesselt, dass man Fallwickl auch die paar Sado­maso-Szenen und kitschigen Momente am Schluss verzeiht, die nicht so recht in die sonst so fein konstruierte Geschichte passen wollen.

Christine Ritzenhoff

Dunkelgrün fast schwarz, Mareike Fallwickl, Frankfurter Verlagsanstalt, 24 Euro.

Bild: Frankfurter Verlagsanstalt | Gyöngyi Tasi