Mit gerade 21 gründete die Wahl-Berlinerin 2007 „LesMads“ – den ersten coolen Modeblog Deutschlands – und ebnete so zahlreichen Nachfolger:innen den Weg. Wir haben mit Jessie Weiß über Familie und Job, Veränderungen in der Modeszene und ihre persönlichen Highlights gesprochen.
Emotion: Du hast gerade dein drittes Kind bekommen – dein viertes Baby, Journelles, ist einer der erfolgreichsten Female Blogazines Deutschlands. Hast du ein Geheimrezept für den Spagat zwischen Job und Familie?
Jessie Weiß: Journelles war eher mein erstes Baby. Ich konnte meine Marke viele Jahre ohne Kinder auf- und ausbauen und mich dann optimal auf beides konzentrieren. Die Corona-Krise hat den Fokus einmal mehr auf „family first“ geschärft und ich habe gelernt, dass ich meinem Job besser gerecht werden kann, wenn zu Hause alles rund läuft – und ist das mal nicht so, dann habe ich inzwischen so viel Gelassenheit, die Dinge am nächsten Tag neu anzupacken.
Warst du bei jedem Kind in Elternzeit? Kannst du dich da komplett ausklinken?
Leider nein, ich bin selbstständig! Bei meinem ersten Sohn gab es gar keine Elternzeit, beim zweiten auch nicht, obwohl ich den Volleinstieg viel später als geplant geschafft habe. Bei meiner Tochter kann ich jetzt immerhin das Wochenbett komplett freinehmen und möchte das auf die ersten drei, vier Monate ausweiten.
Hast du das Gefühl, dass du mit jedem Kind entspannter wirst?
Ich war schon immer recht relaxed, aber jetzt sitzen die Handgriffe einfach noch besser und dadurch selbstverständlicher.
Gibt es etwas, das du aus kinderlosen Zeiten vermisst?
Mal eine Nacht mit meinem Mann im Club durchzutanzen, das wäre schon was Feines! Aber das kommt wieder.
Nach zwei Jungs jetzt ein Mädchen – ertappst du dich bei Gender-Themen? Nach dem Motto Auto für die Jungs, Rüschenpuppe für das Mädchen?
Meine Jungs tragen Rosa, lieben Glitzer und Kleider von Anna und Elsa, spielen aber auch stundenlang mit ihren Dinos, Autos und Lego. Wir geben nichts vor und lassen alles zu – mal sehen, worauf unsere kleine Cleo Lust hat!
Hast du manchmal Angst, zu scheitern? Mit Journelles, der Erziehung, deiner Partnerschaft?
Diese Sorgen und Ängste sind mein größter Motor und treiben mich schon meine ganze Karriere an. Aber je älter ich werde, desto selbstsicherer fühle ich mich. Je mehr ich mich auf mein Bauchgefühl verlasse, desto besser läuft es.
Woher kommt dein Selbstbewusstsein, alles schaffen zu können?
Durch das Wissen, einfach nicht alles schaffen zu können. Aber ich bin in vielen Lebenslagen von Haus aus ambitioniert, das hilft.
Es wird immer schwieriger, für das geschriebene Wort zu begeistern.
Jessie WeißTweet
Du hast bereits mit 21 Les Mads gegründet und warst damit die erste ernsthafte Modebloggerin Deutschlands – was war damals anders? Wie hat sich die Online-Modeszene verändert?
Original alles! Wir haben ein neues Berufsbild erschaffen, viele Jahre bevor das Wort „Influencer“ überhaupt aufkam. In den letzten 15 Jahren haben sich Modeblogs professionalisiert, etabliert – und sind durch Instagram, TikTok und YouTube längst nicht mehr das wichtigste Medium. Es wird immer schwieriger, für das geschriebene Wort zu begeistern. Vielmehr folgt man heute Persönlichkeiten statt Modenews-Websites. Auch mein Content ist sehr viel näher an meinem Leben und meinen Interessen. Ausführliche Modenschau-Reports liest niemand mehr.
Wenn du mit dem Wissen von heute starten würdest – was würdest du anders machen?
Ich bin froh, dass ich das nicht muss, weil alles zu durchdacht und geplant wäre. Die Leichtigkeit, mit der wir gestartet sind, war ja gerade das Charmante – ganz ohne Businessplan oder der Idee, schnell den Lebensunterhalt damit verdienen zu müssen.
Was wünscht du dir von Leser:innen?
Ich hoffe immer, dass die Leser:innen nicht enttäuscht sind, wenn ich nicht persönlich auf all ihre Nachrichten antworten kann. Dafür versuche ich immer, alle Antworten auf journelles.de zu liefern!
Wie stehst du zu Gendersprache?
Ist ein Muss und wird beim Lektorat auch immer berücksichtigt.
Welcher Part im Business reizt dich am meisten?
Statistiken – schon immer! Ich liebe das Studieren der Zahlen und Performance, was gut läuft und was nicht.
Hat sich das über die Jahre verändert?
Zu Beginn lag meine größte Leidenschaft beim Schreiben. Durch meine Kinder bin ich nicht mehr ganz so flott und brauche länger – das kreative Konzept für Kampagnen liegt mir inzwischen besser.
Was war das letzte Teil, das du unbedingt haben musstest?
Die „Cleo“-Bag von Prada. Wir haben unsere Tochter nicht danach benannt, aber es ist in 18 Jahren sicher eine schöne Geschichte, unserer Cleo die Tasche zu vermachen, finde ich!
Beschreibe deinen Stil!
Ich habe keine echte Linie, ich bin heute sportlich im Jogger unterwegs, morgen im Walle-Kleid und dann wieder mit Oversize-Blazer und Bottega-Veneta-Tasche unterwegs – gerade bin ich damit beschäftigt, alles stillfreundlich zu gestalten.
Was würdest du nie kaufen?
High Heels – darauf kann ich nämlich nicht laufen.
Was machst du, wenn du dir eine Auszeit gönnst?
Reisen recherchieren und von Urlaubsdestinationen träumen – und vor Ort dann ständig Massagen buchen!
Stichwort Reise ... wohin wolltest du schon immer mal reisen?
Die Südsee möchte ich gern kennenlernen. Idealerweise kombiniert mit einem mehrwöchigen Roadtrip mit meiner Familie durch Australien. Ich liebe den Kontinent – wäre er nur nicht so weit weg ...
Wo trifft man dich in Berlin? Im Café? Restaurant?
Ich liebe Essen und vor allem Frühstück und Brunch. Zuletzt habe ich am meisten den Breakfast Burger bei „44 Brekkie“ (Rykestraße) gefeiert. Mein Lebensmotto: „Always hungry“.
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