Es darf nicht lebensgefährlich sein, Frau zu sein, findet Katarzyna Mol-Wolf. Wir müssen über Gewalt gegen Frauen reden, um sie endlich zu bekämpfen.
Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig
Die Zahl hat mich fassungslos gemacht: 147 Frauen sind 2017 bei uns von ihrem (Ex)Partner getötet worden! Doch die Statistik, die Familienministerin Franziska Giffey zum Jahresende vorgelegt hat, ging noch weiter: Alle fünf Minuten wird eine Frau misshandelt, gestalkt oder bedroht. Das hat mir noch mal bewusst gemacht, eines der größten Lebensrisiken für eine Frau ist: Frau zu sein.
Als Mutter einer Tochter im Grundschulalter macht es mir Angst, in welche Welt unser Mädchen hineinwächst. Wir leben in einem hochentwickelten Land, das nach wie vor die Hälfte der Bevölkerung schutzlos lässt!
Wann sind Frauen endlich vor häuslicher Gewalt geschützt?
Frauenrechte und Gleichberechtigung sind längst noch nicht da, wo sie sein sollten. Obwohl wir seit 100 Jahren das Frauenwahlrecht haben. Obwohl die Hausfrauenehe seit 1977 nicht mehr unhinterfragt das Leitbild ist; und obwohl seit 1997 eine Vergewaltigung endlich auch in der Ehe strafbar ist. Trotzdem scheinen immer noch viele Männer nicht zu begreifen, dass ihre Partnerin weder ihr Eigentum noch eine Zielscheibe für ihre Aggressionen ist. Wie lange wird es noch dauern, bis der Staat und die Gesellschaft uns Frauen den Schutz vor häuslicher Gewalt garantieren?
Fast selbstverständlich setzen wir uns dafür ein, dass im Nahen Osten, in Afrika oder anderswo die Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufhört. Dass endlich wahrgenommen wird, an wie vielen Orten der Welt es einen regelrechten Femizid gibt, Frauen systematisch getötet werden, einfach weil sie Frauen sind. Über Hilfsorganisationen unterstützen wir diese Frauen, die noch viel weniger Rechte haben als wir.
Zum Thema: Häusliche Gewalt gegen Frauen – Interview mit einem Psychologen
Keine Ausreden für häusliche Gewalt
Doch die jüngste Gewaltstatistik zur Situation bei uns in Deutschland mahnt, auch hier die Augen aufzumachen und häusliche Gewalt klar zu verurteilen. Ich finde, es gibt keine Ausreden für Gewalttätigkeit. Keine schwierige Kindheit, kein Alkohol oder Drogenproblem, kein Stress oder was auch immer kann Gewalt rechtfertigen – nicht gegen eine Frau und auch nicht gegen einen Mann. Dennoch müssen wir klar sehen: Von den 138 893 Opfern häuslicher Gewalt 2017 waren 82 Prozent weiblich.
Da können wir noch so viel für Equal Pay und gegen Altersarmut kämpfen und über eine höhere Frauenquote im Bundestag diskutieren – was ist das alles wert, wenn die Basis brüchig ist? Wenn Frauen zu Hause nicht sicher sind!
Frauen: traut euch, Hilfe zu suchen!
Das Einzige, was hilft, ist, glaube ich, Aufklärung. Wir müssen betroffene Frauen ermutigen, Hilfe zu suchen. Sich nicht einreden zu lassen, es sei ihre Schuld. Sich nicht zu schämen. Wir müssen uns für Rückzugsräume wie Frauenhäuser einsetzen, damit bedrohte Frauen eine Anlaufstelle haben.
Europarat will häusliche Gewalt bekämpfen
2017 hat der Europarat die Istanbul Konvention beschlossen, um Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt zu bekämpfen. Trotzdem fehlen bei uns nach wie vor Tausende Plätze in Frauenhäusern, mit der Folge, dass Frauen in der gewaltvollen Beziehung bleiben oder keine gesicherte Zuflucht haben. Wir müssen Aufklärungsarbeit bei Männern leisten. Wir müssen das Thema diskutieren, und wir müssen auch über die Medien dafür sensibilisieren.
Marlene Pardeller ist eine Frau, die schon jetzt mit ihrer Initiative #keinemehr gegen die Gewalt kämpft. Bitte schauen Sie sich das an, und lassen Sie uns versuchen gemeinsam 2019 etwas zu bewegen.
Bundesweites Hilfetelefon
An 365 Tagen im Jahr können Betroffene rund um die Uhr anrufen unter der Rufnummer 08000 116 016. Mehr Infos: hilfetelefon.de